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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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Plötzlich waren ihr die Tränen gekommen.
    »Was hast du gemacht?«, jammerte sie. »Was soll ich meinem Mann sagen?«
    »Das kann doch eine nette Überraschung für ihn sein«, sagte Waltin gelassen, und plötzlich hatte das vertraute Gefühl sich wieder eingestellt. Du hast einen Mann, dachte er.
     
    *
     
    »Oder nackte Frauen zeichnen«, beharrte seine Frau. »Wie heißt das noch, weißt du, wo die Leute nackte Frauen zeichnen?« Aber das würdest du sicher auch nicht schaffen, dachte sie. »Croquis«, sagte Wiijnbladh sauer, denn das hatte er bei der Arbeit gelernt. »Es heißt Croquis.«
     
    *
     
    »Herrgott«, nuschelte sie. »Was soll ich meinem Mann sagen?« letzt strömten ihre Tränen nur so, und sie wirkte plötzlich untröstlich.
    »Dir fällt sicher etwas ein«, sagte Waltin hilfsbereit. Sonst helfe ich dir eben, dachte er, denn jetzt war das Gefühl wieder da, ebenso stark wie beim ersten Mal. Ehe sie es nicht geschafft hatte, sich so zu verhalten, wie es sich gehörte.
    »Er wird mir doch nie glauben«, schluchzte sie. »Er ist bei der Polizei.«
    Polizei, dachte Waltin. Das ist zu schön, um wahr zu sein, dachte er, und er hatte das Gefühl, bersten zu müssen, als er sie hochzog und über die Sofalehne zwang. Danach drang er von hinten in sie ein, und sie schrie die ganze Zeit wie ein gestochenes Schwein, und ehe er sie nach Hause fuhr, band er sie noch einmal bäuchlings am Bett an und verpasste ihr eine ordentliche Runde mit seinem Gürtel.
     
    *
     
    »Du findest das vielleicht ganz toll«, seine Frau ließ nicht locker. »Jede Menge nackte Frauen. Die zu zeichnen kann doch nicht so schwer sein.«
    »Wir sind da«, sagte Wiijnbladh abweisend und stand auf. »Wir müssen aussteigen«, sagte er. Eigentlich müsste ich dich umbringen, dachte er.
     
    *
     
    Da er ihre Handtasche durchwühlt hatte, als sie zur Toilette gegangen war, und da er nun ihren Namen kannte, hatte er nur einen Blick in die Personallisten der Stockholmer Polizei zu werfen brauchen, um ihn zu finden.
    Kriminalinspektor Göran Wiijnbladh von der Spurensicherung. Den muss ich kennen lernen, dachte Waltin und fühlte sich fast so munter wie damals, als er gesehen hatte, wie sein Mütterchen mit der Rolltreppe am Östermalmtor zur U-Bahn hinunterfuhr.
     
    *
     
    Der Sonderbeauftragte des Ministerpräsidenten hatte mit seinem alten Freund, Lehrer und Mentor Professor Forselius zusammen Weihnachten gefeiert. Beide hatten zwar eine Anzahl von geschiedenen Frauen, noch mehr Kinder und in Forselius’ Fall eine fast unwahrscheinliche und rasch anwachsende Schar von Enkelkindern, aber wenn es um Weihnachten ging, hatten sie aus allerlei Gründen nur einander, und das war nun schon seit Jahren so.
    Dass sie sich immer beim Sonderbeauftragten trafen, war auch nicht weiter verwunderlich. Forselius aß entweder Konserven, oder er begab sich in seinen Herrenclub, während der Sonderbeauftragte über alle Dinge verfügte, die sein geheimes Leben zu bieten hatte. Wenn man ins Telefonbuch schaute, dann stand er dort, mit Vor- und Nachnamen, aber ohne Rang, und er hatte eine absolut bescheidene Adresse in Söder, wo er aber nur seine Post holte, und der dortige Telefonanschluss war vom ersten Tag an mit der großen Villa in Djursholm verbunden gewesen, wo er wirklich wohnte. Außerdem hatte er eine Haushälterin, einen Weinkeller, ein Parteibuch und mehrere Millionen, die er mit all der Fürsorge, deren nur Leute wie er und Forselius mächtig waren, im Ausland vergraben hatte. Das Seltsamste daran war, dass er sein ganzes Geld selbst verdient hatte, und das noch vor seinem dreißigsten Lebensjahr.
    Forselius liebte ihn mehr als seine eigenen Kinder, während die Gefühle, die der Sonderbeauftragte Forselius entgegenbrachte, schon gemischter waren. Er liebte seine Kinder doch mehr, dachte er oft, denn eigentlich war Forselius nur ein quengeliger Greis, der wirklich unvergleichlich ich-bezogen sein konnte. Aber eine seiner Eigenschaften war kaum zu überbieten. Forselius war der einzige, mit dem er über Dinge sprechen konnte, die sonst niemand verstand, und da Fragen dieser Art sein Dasein mehr oder weniger bestimmten, lag die Antwort ja auf der Hand.
    Und wer zum Teufel will sich am Heiligen Abend in einem Rasierspiegel zuprosten?, dachte der Sonderbeauftragte und trank seinem einzigen und altgedienten Gast zu.
    »Prost, Professor«, sagte der Sonderbeauftragte. »Und fröhliche Weihnachten.«
    »Prost, junger Mann«, sagte Forselius und

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