Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters
nippte an seinem Wein. »Und auch dir fröhliche Weihnachten.«
»Na«, sagte der Sonderbeauftragte und musterte ihn neugierig.
»Petrus«, sagte Forselius. »1945.«
»Mein Geburtsjahr«, sagte der Sonderbeauftragte.
»Ein großes Jahr in Bordeaux«, sagte Forselius.
»Ein großes Jahr auch anderswo«, sagte der Sonderbeauftragte großzügig und dachte an seine eigene Entstehung.
»Hab ich dir von dem Polacken erzählt?«, fragte Forselius. »Das war auch in dem Jahr.«
»Der, den ihr umgebracht habt?«, sagte der Sonderbeauftragte und lachte so sehr, dass sein Schmerbauch nur so hüpfte.
»Na ja«, sagte Forselius. »Was hatten wir denn für eine Wahl?«
Vorspeise, Hauptgericht, Käse und Dessert, aber kein Heringsschwanz, keine Scheibe Schinken und kein Weihnachtspudding, so weit das Auge reichte. Eine magere, schwarz gekleidete Frau mittleren Alters, die wie gehetzt zwischen Küche, Flur und dem riesigen Esszimmertisch hin und her rannte und nie auch nur ein Wort sagte. Jetzt stand sie in der Tür zwischen Speisesaal und Bibliothek und wechselte mit dem Herrn des Hauses einen Blick.
»Ich glaube, Kaffee und Cognac warten«, sagte der Sonderbeauftragte, legte seine Damastserviette weg, schob den Stuhl zurück und erhob sich mit einer gewissen Mühe.
Forselius nickte, räusperte sich, zwinkerte viel sagend und beugte sich vor.
»Ist diese Person stumm?«, flüsterte er. »Ist sie wirklich stumm?«
»Das weiß ich eigentlich gar nicht«, sagte der Sonderbeauftragte. »Sie hat noch nie etwas gesagt.«
Zu Kaffee und Cognac tauschten sie immer Weihnachtsgeschenke. Es war immer die gleiche Art von Geschenken, aber es waren doch immer andere als im vergangenen Jahr. Jeder bekam einen zusammengefalteten Zettel, den er dann öffnete und las. Auf beiden Zetteln stand eine beängstigend lange Ziffernfolge, unterschiedliche Ziffern. Gerunzelte Stirnen. Forselius’ Stirn glättete sich als erste, und sein zerfurchtes Greisengesicht öffnete sich zu einem zufriedenen Grinsen.
»Ich habe wieder gewonnen«, sagte er glücklich.
»Du und deine verdammten Primzahlen«, sagte der Sonderbeauftragte sauer. »Ich muss schließlich auch noch meinen Job machen. Außerdem bin ich sicher, dass du mit dem Zentralrechner des Militärs herumpfuschst«, fügte er verärgert hinzu.
»Warum glaubst du das?«, fragte Forselius listig. »Ich denke vielleicht einfach besser als du.«
»Haa, haa«, sagte der Sonderbeauftragte, der ein elender Verlierer und ein absolut unerträglicher Gewinner war.
Danach spielten sie Billard und tranken die halbe Nacht lang Cocktails, bis Forselius am frühen Morgen des ersten Weihnachtstags ins Gästezimmer im Obergeschoss wankte. Dort schlief er dann ein, sowie er die Schuhe abgestreift und sich trotz seines hohen Alters auf die Bettdecke hatte fallen lassen.
*
Waltin hatte sich sorgfältig vorbereitet. Zuerst hatte er alles in Erfahrung gebracht, was es über diese fette rothaarige Sau und ihren jämmerlichen Ehegatten zu wissen gab. Keine besondere Herkunft, kein Geld, keine Schulen, aber das hatte ja wohl auch niemand erwartet, dachte er zufrieden. Triste Dreizimmerwohnung im Vorort, keine Kinder, die Sau arbeitete offenbar bei einer Telefongesellschaft und war ansonsten bekannt dafür, dass sie sich mehr unter anderen Männern abstrampelte als unter dem ihr angetrauten. Hat sicher als so eine altmodische Telefonistin angefangen, die die ganze Zeit Stöpsel in kleine Löcher schiebt, und seither macht sie aus alter Gewohnheit eben so weiter, dachte er und kicherte glücklich.
Wenn er sich langweilte, griff er immer zu den Bildern, auf denen sie gefesselt und geknebelt dalag, und einige Zeit hindurch hatte er ernstlich mit dem Gedanken gespielt, die besten Bilder als Lesereinsendung an eine dieser elenden Pornozeitschriften zu schicken, die man inzwischen an fast allen Orten fand, die von den Männern der Unterklasse aufgesucht wurden, aber nach reiflicher Überlegung hatte er davon abgesehen. Ich brauche sie ja vielleicht noch mal, dachte Waltin, denn das mit ihrem Männlein sprach ihn nun wirklich an.
Er hatte ihn einige Monate nach seiner Begegnung mit der Sau angerufen, und als er seinen Namen genannt hatte, hatte der traurige keine Scheißer sich so geschmeichelt gefühlt, dass Waltin schon bereute, das Gespräch nicht auf Band aufgenommen zu haben.
»Wie gesagt«, sagte Waltin, »ich würde gern mein technisches Wissen auffrischen, ohne das dem gesamten operativen Büro auf
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