Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters
1941, Buchanans ihm von der Botschaft zur Verfügung gestellten Dienstwagen, und Buchanan fuhr. Was die anderen möglicherweise nicht wussten, war, dass er zudem seinen »einzigen Freund in diesem Leben« bei sich führte, einen Colt Kaliber 45 der US-Armee.
Nachdem sie eine Viertelstunde durch das entvölkerte und verdunkelte Stockholm gefahren waren, erreichten sie Matejkos Privatadresse in Kungsholmen, gingen die Treppe hoch, klopften an und wurden eingelassen. Buchanan informierte kurzgefasst auf seine »übliche gelassene Weise« Matejko vom Grund dieses Besuches, worauf Matejko – als polnischer Kavallerieoffizier und Gentleman, der er eben war – sie bat, sich zum Teufel zu scheren und ihn in Ruhe zu lassen. Danach war es in der kleinen Wohnung zu einem Tumult gekommen, als die Fähnriche von Wrede und Björnstjerna versucht hatten, Matejko zu beruhigen. Schläge und Tritte waren ausgeteilt worden. Rittmeister Lewenhaupt hatte seine Dienstpistole gezogen und sich in die Türöffnung gestellt, worauf Matejko, der nur einen Schlafrock und einen Schlafanzug getragen hatte, aus dem Fenster im zweiten Stock gesprungen und auf dem Boden des Hinterhofs aufgeprallt war.
Anders als der Unglücksrabe Krassner war er mit einem verstauchten Fuß davongekommen und hinaus auf die Straße gehinkt. Seine Verfolger waren die Treppe hinunter gestürzt, und als sie die Straße erreichten, hatte sich der hinkende, fluchende und schreiende Matejko schon einen ziemlichen Vorsprung in Richtung der relativen Sicherheit der Hantverkargatan verschafft. Worauf Major John C. Buchanan seinen Colt zog, auf der Straße in die Knie ging, die Waffe mit beiden Händen packte, zielte und Matejko in den Rücken schoss.
Das hatte die Verwirrung nicht kleiner werden lassen. Aber auf jeden Fall war der wütend fluchende und nun auch noch stark blutende Matejko in den Wagen geschleppt, auf den Rücksitz gedrückt und fortgeschafft worden. Danach war es zu wilden Auseinandersetzungen darüber gekommen, wo man ihn hinbringen sollte. An seiner Beredsamkeit war zwar nichts auszusetzen, aber es bestand kein Zweifel daran, dass er schwer verletzt war. In der Nähe lagen zwei zivile Krankenhäuser, Serafen und St. Erik, aber aus allerlei Diskretions- und Geheimhaltungsgründen wurde Matejko ins Lazarett der Marine gefahren, das vor der Stadt bei der Festung Waxholm lag.
Die Stimmung im Auto war nicht gerade glänzend gewesen. Matejko war nicht gerade munter, und als sie den Norrtäljevägen erreicht hatten, brachte Rittmeister Graf Lewenhaupt gewisse Zweifel daran zum Ausdruck, ob Buchanan sie überhaupt nach Waxholm begleiten sollte. Buchanan, Offizier, aber kein Gentleman, sagte, er solle die Klappe halten und er könne ihn sonst wo, und ungefähr zu diesem Zeitpunkt hörte Matejko auf zu fluchen, gab seinen Geist auf und verschied.
Was bei den übrigen Anwesenden natürlich zu einer gewissen Verstimmung führte. Sie hielten bei der Abfahrt nach Waxholm, um einen kürzeren Kriegsrat abzuhalten, und beschlossen dann, in die Stadt zurückzufahren und den Rest der Operation Major Buchanan zu überlassen. Buchanan setzte seine Kameraden am Valhallavägen ab und fuhr allein mit der Leiche weiter. Unklar, wohin, aber sein Neffe und Biograf behauptete, er und seine Kollegen aus der US-Botschaft hätten sich »nach den üblichen Regeln und Vorgehensweisen« um den Leichnam gekümmert.
Hört sich an wie irgendeine Wasserleiche, dachte Johansson. Auf seinem Block notierte er vier Nachnamen in alphabetischer Reihenfolge, Björnstjerna, Forselius, Lewenhaupt und von Wrede, danach rief er Wiklander im Büro an.
Himmel hilf, dachte Johansson, als er sich im Schreibtischsessel zurücksinken ließ, um seine Gedanken zu sammeln. Denn wenn sie Krassner Glauben schenken wollten, dann waren es offenbar die beiden Narren Forselius und Buchanan gewesen, die aus seinem eigenen Ministerpräsidenten einen Agenten gemacht hatten.
Die Hauptperson im Stück zögerte ihren ersten Auftritt bis ins zweite Kapitel von Krassners Manuskript hinaus, und abgesehen von der Einleitung hätte Johansson diesen Abschnitt sehr gut auch selber schreiben können. Eine ziemlich kurz gefasste Darstellung seiner Herkunft, seiner Kindheit und Jugend stimmte mit der mehr oder weniger offiziellen Darstellung überein, die Johansson von anderer Stelle kannte.
Feine Herkunft, feine Familie, feine Kindheit, feine Schule besucht und dort das Abitur mit Glanz bestanden. Dass alles so überaus fein
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