Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters
Nachrichtenabteilung des Verteidigungsstabes zugeteilt worden. Bei seinem Ausscheiden bei Kriegsende 1945 bekleidete er den schlichten Rang eines Obergefreiten. Bei Codeknackern in aller Welt dagegen war er bereits zur Legende geworden.
Wieso nur Obergefreiter?, rätselte Johansson und machte sich noch eine Notiz. Ein schwedischer Obergefreiter als Saufkumpan eines Majors aus den USA, dazu Mathematikprofessor, weltberühmter Codeknacker …
Und wird als Obergefreiter entlassen? Hier stimmt doch was nicht, dachte Johansson, der ebenfalls seinen Wehrdienst abgeleistet und es sogar zum Feldwebel gebracht hatte.
Frühjahr 1945 in Europa. Der deutsche Adler ist mit gebrochenem Flügel zu Boden gestürzt. Die USA, Großbritannien und ihre sowjetischen Bundesgenossen teilen jeweils aus ihrer Richtung die entscheidenden Schläge aus, während ihr strategisches Denken schon viel weiter ist. Wie sollen sie sich auf die bevorstehende Auseinandersetzung vorbereiten, die bald und mit der Notwendigkeit der militärischen Logik ausgefochten werden muss? Nämlich die zwischen den westlichen Demokratien und Stalins Diktatur in der Sowjetunion.
Spätwinter in Stockholm, 1945, die westlichen Agenten scharen sich umeinander, und sie scheinen allesamt schon ihre Wahl getroffen zu haben, denn Forselius und Buchanan und Matejko und alle ihre Kumpane auf der richtigen Frontseite verkehren freundschaftlich miteinander und reden währenddessen über ihren neuen großen und gemeinsamen Kummer, den gewaltigen Nachbarn im Osten. Und nun nehmen die Ereignisse ihren Lauf.
Offenbar hatte Buchanan Alarm gegeben. Trotz seines Spitznamens gab es Hinweise der OSS darauf, dass Kapitän Leszek »Les« Matejko eine andere Wahl getroffen hatte und dass sein Herz anderswo schlug, nämlich bei dem russischen Waffenbruder, der in der entscheidenden Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse schon bald genug zum Hauptfeind werden sollte. Wenn man an Matejkos Herkunft und Hintergrund dachte, im Hinblick auf die übergreifende strategische Situation, dann stand man vor keinem einfachen Problem.
Als Erstes wurde beschlossen, die Briten außen vor zu halten und das Ganze zu einer rein schwedisch-amerikanischen Operation werden zu lassen.
Forselius sollte die Falle stellen, was er auf sehr listige Weise tat, indem er den diversen Verdächtigen unterschiedliche kodierte Mitteilungen zukommen ließ, um sie dann durch die übliche Funküberwachung wieder aufzuschnappen und festzustellen, welche Wege sie einschlugen.
Der Verdacht gegen Matejko wuchs, aber die ihm gestellte Falle war noch längst nicht zugeschnappt, und mehrere Kollegen brachten nicht nur ihre Zweifel vor, sondern setzten sich auch ganz offen für ihn ein. Zugleich rannte ihnen die Zeit davon. Es waren Informationen eingelaufen, nach denen Matejko sich in seiner alten Heimat hinter der russischen Front in Sicherheit bringen wollte. In dieser Situation hatte man auf Nummer Sicher gehen wollen, und so begab sich am Abend des 10. März 1945 eine äußerst seltsame Expedition vom geheimen militärischen Büro am Stockholmer Karlaplan zu Matejkos im zweiten Stock gelegener Wohnung in der Pontonjärsgatan in Kungsholmen.
Der Auftrag der Expedition blieb lange im Unklaren. Wer sie geschickt hatte, war ins Dunkel gehüllt, und die Zusammensetzung war gelinde gesagt seltsam, dann es handelte sich doch um eine mutmaßliche Spionageaffäre, wobei sich der Verdacht noch dazu gegen eine Person mit diplomatischem Status richtete. Im Hinblick darauf, wer er nun eben war, hätte man sich Matejko so behutsam nähern sollen, wie es überhaupt nur möglich war. Man hätte versuchen sollen, seine Absichten und Sympathien zu ergründen, man hätte sich seiner Person versichern sollen und so weit wie möglich nur friedliche Mittel anwenden dürfen. Und wer diesen Beschluss überhaupt gefasst hatte, ging aus Krassners Manuskript nicht hervor. Er schien das Problem nicht einmal begriffen zu haben.
Fünf Männer hatten an der Expedition teilgenommen. Der Professor und Obergefreite a. D. Johan Forselius, der Major John C. Buchanan, beide in Zivil, außerdem der Fähnrich Freiherr Casimir von Wrede, der Fähnrich Carl Fredrik Björnstjerna und der Rittmeister Graf Adam Lewenhaupt, die letzteren Offiziere in der Sicherheitssektion des Nachrichtendienstes, sie trugen ihre Uniformen und waren bewaffnet mit ihren Dienstpistolen Modell 40. Die ganze Gesellschaft benutzte einen mit Benzin betriebenen schwarzen Buick Baujahr
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