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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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übertreibt ja vielleicht, dachte Berg, dich werden wir bald haben. Danach hatten sie Kaffee getrunken, und er hatte mit seinen Kameraden nur einen Blick zu wechseln brauchen, um zu verstehen, dass sie das genauso sahen wie er. Der Verräter hatte sich wie ein Wilder abgeplagt, um sich anzubiedern und zu provozieren und die Leute dazu zu bringen, unkluge Dinge zu sagen, aber das hatte ihm natürlich nichts genutzt.
     
    *
     
    An seinem ersten Tag auf seinem neuen Posten hatte Johansson einen Zeitungsausschnitt entdeckt, der neben der Garderobe am Schwarzen Brett hing. Es war der alljährliche Neujahrsgruß, den der Stockholmer Polizeichef an sein getreues Personal richtete, und irgendwer hatte ihn ausgeschnitten und mit Filzstift mit einem dicken schwarzen Rahmen versehen.
    Es war kein normaler Neujahrsgruß, schon gar nicht für die Polizei, und natürlich hatte Johansson schon lange die Gerüchte über die literarischen Ambitionen des Polizeichefs gehört, aber das hier hatte er nun doch nicht erwartet. Es war einfach nicht üblich, sich dermaßen in aller Öffentlichkeit gehen zu lassen, überlegte Johansson, während er sich durch die sieben Strophen des Gedichts hindurchmurmelte. Eine kannte er übrigens aus irgendeinem anderen Zusammenhang, den er vergessen hatte, und im Grunde spielte es ja auch keine Rolle.
    »Schwarzer Asphalt, funkelndes Neon, der Uringestank von den Fliesen der U-Bahn, im Klo des Hauptbahnhofs stirbt ein Junkie an einer Überdosis, Stockholm, Stadt der Städte, eine Taube schlägt auf meine Fensterbank, es gibt Hoffnung!«
    Unter das Gedicht des Polizeichefs hatte jemand, ebenfalls mit schwarzem Filzstift, geschrieben: »So spricht ein echter Polizist aus Ädalen«, und als Johansson diese kurze Mitteilung sah, rührte sich etwas in seinem norrländischen Herzen. Schön zu wissen, dass man willkommen ist, dachte Johansson.
    Ungewöhnlich viele Poeten in letzter Zeit, dachte er, als er über den langen Flur zu seinem Zimmer ging. Der Ministerpräsident, der Polizeichef und Gott weiß, wer noch. Vielleicht sollte ich auch was schreiben, dachte er, aber da diese Vorstellung mehr als absurd war, verdrängte er sie sofort wieder. Ein echter Polizist schreibt keine Gedichte, Johansson hatte als Jüngling damit aufgehört. Lange übrigens, bevor er zur Polizei gegangen war.
     
    *
     
    Bürochef Berg stellte sich die schwedische Verteidigung gern als Käse vor, als einen ungewöhnlich durchlöcherten Käse vom klassischen Schweizer Modell, und das vor allem, weil man in den stabilen und widerstandsfähigen Felsgrund, auf dem die Nation ruhte, Löcher bohren konnte, Löcher, in die man Dinge stopfen konnte. Dagegen brachte er dem Igel, mit dem die Militärs selbst sich so gern verglichen, große Skepsis entgegen, und wenn sie ab und zu den Schwedischen Tiger aus den Tagen des heißen Krieges zur Sprache brachten – als die Mahnung »ein Schwede schweigt«, damit der Feind nichts erfährt, durch die das auf Schwedisch fast gleich lautende hübsche Bild des schwedischen Tigers umschrieben worden war schaltete er sich ganz einfach aus der Debatte aus. Ein schwedischer Tiger? Ein Schwede schweigt? Die bloße Vorstellung war idiotisch, fand Berg, denn wenn die Schweden wirklich schwiegen, würden Leute wie er nicht so dringend gebraucht. Berg aber wurde gebraucht, aus gutem Grund, eben weil manche zu viel redeten, so einfach war das.
    Der durchlöcherte Käse war ein besseres Bild als Igel oder Tiger, denn dort wurden alle Dinge gelagert, die im Krieg notwendig wurden, von Kaffee und kurzen Unterhosen bis hin zu Treibstoff und Waffenschmiere, und dazu das eine oder andere Artilleriegerät, das man eben brauchte, wenn man sich wehren wollte. Der gute schwedische Felsgrund, der von vielen Meilen geheimer Gänge durchkreuzt wurde und Millionen Quadratmeter an geheimen Sälen umfasste, in denen alles verwahrt werden konnte, das man im Falle eines Falles vielleicht brauchen würde.
    Die praktischen Probleme bei dieser Wahl der Strategie hingen vor allem mit der Notwendigkeit von Heizung, Ventilation, Luftfeuchtigkeit und Luftentfeuchtung zusammen, und es war wohl kaum ein Zufall, dass die schwedische Industrie in diesem Bereich weltweit führend war. In Schweden gab es zwei multinationale Firmen, die alles herstellten und verkauften, von Ventilatoren und Pumpen bis hin zu Klima- und Entfeuchtungsanlagen, und die Kundschaft in aller Welt belieferten, unabhängig davon, ob deren Bedürfnisse nun ziviler

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