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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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oder militärischer Natur waren.
    Die in Schweden hergestellten Produkte wurden also auf einem offenen Markt verkauft und wie üblich durch Patente und Lizenzen geschützt, und dabei waren keine Spione vonnöten. Doch sobald die Waren in militärischen Anlagen untergebracht werden sollten, sah die Lage anders aus. Um das Material an Ort und Stelle zu schaffen und in Gang zu bringen, mussten die Anlagen, in denen sie eingesetzt werden sollten, ausreichend bekannt sein, denn auf Grund dieses Wissens wurden mehrere interessante Variablen berechnet: Lage, Größe und Anwendungsbereich, Material typ und Menge an diversen Waren und Produkten, aus denen sich dann auch alles ergab, was militärische Kapazität, strategische Richtung und Haltbarkeit betraf. Je nach Kunde konnte eine ganz normale industrielle Lüftungsanlage sehr bald in einen Spionageauftrag erster Güte verwandelt werden.
    Etwa anderthalb Jahre zuvor hatten die Ermittler der Säpo im Zusammenhang mit einer Routinebeobachtung eines Angestellten der sowjetischen Handelsdelegation einen bisher unbekannten Schweden entdeckt, der sich nach den üblichen Kontrollen als Verkaufschef der kleineren und schneller wachsenden der beiden multinationalen schwedischen Unternehmen in der Branche erwiesen hatte. Als der Alarm ausgelöst wurde, war Berg gerade im Urlaub, seinem ersten richtigen seit mehreren Jahren, und wurde von Waltin vertreten. Als er zurückkehrte, war die Sache bereits vom Tisch, und so sehr Berg auch seine Erinnerung bemühte, er konnte keinerlei Spuren davon finden.
    »Und du bist ganz sicher, dass es im Juni vor zwei Jahren war?«, fragte Berg.
    »Ganz sicher«, sagte Persson. »Waltin hat die Sache übernommen, sowie die Meldung eingelaufen war. Das war am sechsten Juni, also am Nationalfeiertag. Und abgeschlossen wurde sie knapp einen Monat später, am ersten Juli.«
    »Und was hat er gemacht?«, fragte Berg. »Waltin, meine ich«, fügte er als Erklärung hinzu. Während Marja und ich in Österreich waren, dachte er.
    »Na ja«, sagte Persson. »Der Betreffende hörte fast sofort auf. Wir können also davon ausgehen, dass er Kontakt zur Firmenleitung aufgenommen hat. Wir hier im Haus scheinen jedenfalls nicht eingegriffen zu haben.«
    »Das klingt ja wie ein Märchen«, sagte Berg. »Warum um Himmels willen hat er das getan?«
    »Ich kann mir nur einen Grund vorstellen«, sagte Persson.
    »Ja?«
    »Ihr absolut größter Exportmarkt sind die USA. Was glaubst du, wie die Yankees auf die Nachricht reagiert hätten, dass die Firma auf Spionage hin durchleuchtet wird? Noch dazu auf russische Spionage.«
    »Aber warum in aller Welt könnte Waltin so etwas getan haben?«
    »Da kann es wohl nur einen Grund geben«, sagte Berg und sah plötzlich ziemlich zufrieden aus.
    »Ja?«
    Persson hob seine rechte Hand, kehrte Berg den Handrücken zu und rieb mit dem Daumen über Zeigefinger und Mittelfinger.
    »Er wollte sich vielleicht eine neue Uhr kaufen«, grunzte Persson zufrieden. »Was denkst du denn?«
    Ich traue meinen Ohren nicht, dachte Berg.
    »Wir müssen mit ihm reden«, sagte Berg.
    In der dritten Januarwoche fand die erste Besprechung des neuen Jahres statt. Keine der Fragen, die Berg dabei zur Sprache brachte, war besonders wichtig oder dringlich. Das Sicherheitsbewusstsein des Ministerpräsidenten erwähnte er erst gar nicht.
    Vermutlich lag das daran, dass er sich so langsam an die Vorstellung gewöhnte, mit den Gegebenheiten leben zu müssen.
    Als das operative Büro über die Themen beraten hatte, die Berg den Regierungsvertretern gegenüber zur Sprache bringen sollte, hatten Kudo und Bülling wie üblich eine große Menge Fragen »von größter Bedeutung für die Sicherheit des Reichs« aufgeworfen, er selbst hatte sich dann aber mit der Mitteilung begnügt, dass an der Kurdenfront alles ziemlich ruhig zu sein schien. Anders als sonst hatte der Justizminister auf seine üblichen einfältigen Fragen verzichtet und einfach nur zustimmend genickt.
    Die meiste Zeit hatte er den Untersuchungen über die rechtsextremen Elemente bei Militär und Polizei gewidmet, aber auch in diesem Punkt hatte er beruhigende Aussagen machen können. Den Gewährsleuten des operativen Büros zufolge schienen diese Gruppen ihre Aktivitäten eher gedrosselt zu haben. Aber ob das daran lag, dass sie sich über Weihnachten überfressen hatten, musste die Zukunft zeigen.
    Es blieben also nur noch die abschließenden sonstigen Fragen, und da dieser Punkt normalerweise als

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