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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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Schuld dafür zuzuschieben, dass dieser bescheuerte Junkie Krassner aus seinem Fenster gepurzelt war. Und was dieser verrückte Forselius da mit seinen vielen Freunden aus der Staatskanzlei trieb, daran wollte er lieber gar nicht erst denken. Und dann waren da noch die rothaarige Sau und ihr trister Ehemann – so musste man ihn ja wohl nennen, obwohl von Mann ja kaum die Rede sein konnte –, die Sau, die ihn am Heiligen Abend mehr oder weniger angegrabbelt hatte. Daran, was sie wohl gerade ausheckte, wollte er lieber nicht denken.
    Er hatte natürlich einen großen Bogen um sein Büro gemacht, das war der Vorteil der externen Tätigkeit, denn auf Umwegen hatte er gehört, dass Bergs fetter Laufbursche, dieser Kommissar Persson, durch die Gegend schlich und blöde Fragen stellte. Wenn er irgendwem nicht begegnen wollte, dann diesem Persson. Der war primitiv und brutal und ganz und gar gewissenlos, absolut im Stande dazu, wirklich alles zu finden, wenn sein Herrchen auch nur mit den Fingern schnippte, jeder, aber bloß nicht Persson, dachte Waltin.
    Zwei Tage lang hatte er versucht, sich Linderung zu verschaffen, indem er sich mit seinen Sammlungen beschäftigte. Er hatte Hunderte von Polaroidbildern und außerdem einige normale Großaufnahmen, die er sicherheitshalber im Ausland hatte entwickeln lassen. Dazu kamen fast ebenso viele Stunden Videofilme und Tonbandaufnahmen, er konnte also davon ausgehen, die umfassendste private Sammlung im ganzen Land zu besitzen, aber seine Kollektion wies dennoch auch ärgerliche Mängel und Schönheitsfehler auf.
    Da waren zum Beispiel die Bilder von der fetten rothaarigen Sau, die er ja zeitweise als »Leserbeitrag« an eine der vielen pornografischen Hausorgane der Arbeiterklasse hatte einsenden wollen, aber bei genauerer Überlegung hatte er sich die Sache dann doch anders überlegt, weil man ja nicht sehen konnte, dass die Bilder eben diese Person darstellten. Eine fette rothaarige Sau, die an die Bettpfosten gefesselt war, vor und nach dem Verlust eines Stück roten Busches – das sah man ja immerhin, und für viele mochte das gut genug sein, aber man sah eben nicht, dass sie es war, und darum ging es doch eigentlich, wenn man Bilder veröffentlichte. Da sie dermaßen teuflisch gezappelt hatte, war der von ihm so sorgfältig angebrachte Knebel verrutscht und bedeckte ihr halbes Gesicht, und leider hatte er bei den Aufnahmen vergessen, diesen kleinen Mangel zu korrigieren. Überarbeitet und gestresst von der Arbeit, wie er durch Berg und dessen ewige paranoide Fantasien eben gewesen war.
    Am Ende hatten Müßiggang und Aufenthalt zu Hause ihn fast in den Wahnsinn getrieben, und da er sich fast zu Tode gewichst hatte, nur um ein wenig Ruhe zu finden, hatte er keine Wahl gehabt. Obwohl durchaus ein Risiko vorhanden war, denn das war es immer, und wenn er an das Pech dachte, das ihn in letzter Zeit verfolgt hatte, war wohl kaum anzunehmen, dass die Gefahren geringer geworden waren, hatte er doch beschlossen, sich wieder ins Feld zu begeben. Komme, was wolle, dachte Waltin, aber ich muss irgendeine sinnvolle Beschäftigung finden.
    Zuerst hatte er mit dem Gedanken gespielt, ihr Telefon überwachen zu lassen, solche Aktionen hatte er schon häufiger gestartet, und es war nicht gerade schwer, eine zusätzliche Telefonnummer in die monatlich abzuliefernden Listen einzutragen, doch da dieser Hirni Persson derzeit irgendwo auf Waltins eigenem Terrain sein Unwesen trieb, hatte er sich nicht getraut. Also hatte er seine Ermittlungen selber durchgeführt, das hatte er auch früher schon gemacht, und zwar besser als viele andere, das Problem war nur, dass es so verdammt langweilig war. Nur Polizisten und sonstige Gehirnamputierte mochten stundenlang auf dem Vordersitz eines Autos sitzen und eine Haustür anstarren, während das Ermittlungsobjekt zu Hause im Bett saß und mit sich selber spielte oder sich ein Video reinzog oder Pizza mampfte, und deshalb hatte er dasselbe gemacht wie immer. Er hatte ein wenig improvisiert und war Risiken eingegangen, um die Zeit totzuschlagen, und auf irgendeine Weise wurde am Ende ja doch immer alles gut. Diesmal allerdings nicht.
    Statt den ganzen Tag vor ihrem Arbeitsplatz zu sitzen, hatte er eine halbe Stunde vor Dienstschluss bei ihr angerufen, nur um sich davon zu überzeugen, dass sie noch dort war, und als sie sich meldete, hatte er einfach aufgelegt, sich ins Auto gesetzt und vor dem Ausgang ihrer Arbeitsstelle eine passende Position bezogen.

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