Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters
Gedanken. Sieh sicherheitshalber auch noch nach, ob er sich nicht unter dem Schreibtisch versteckt hat, doch in diesem Moment antwortete der Sonderbeauftragte.
»Wir sind uns nur kurz begegnet«, sagte Johansson, »aber ich müsste dich noch einmal sprechen.«
»Ich erinnere mich, ich erinnere mich«, sagte die Stimme in Johanssons Telefon, und er sah den anderen vor sich, wie er lässig im Sessel lungerte, mit den schweren Augenlidern auf Halbmast. »Wir hatten wirklich eine interessante Diskussion.«
»O ja«, sagte Johansson. Und du wirst heute nicht glücklicher sein als damals, dachte er.
»Du willst nicht verraten, worum es geht?«
»Es geht um allerlei Unterlagen, die ich gern loswerden möchte«, sagte Johansson. »Es ist eine lange Geschichte, und ich rufe in der Dienstzeit an.«
»Jaa?«
»Es geht um deinen Chef«, sagte Johansson. Aber du kannst natürlich sagen, ich soll den Kram den Kollegen von der Säpo überlassen, dachte er.
»Es fällt dir schwer, am Telefon zu reden?«, fragte der Sonderbeauftragte.
»Nein«, sagte Johansson, »aber es wäre mir doch lieber, wenn wir das unter vier Augen erledigen könnten.«
»Da bin ich ja richtig neugierig«, sagte der Sonderbeauftragte. »Du willst nicht …«
»Es geht um Grüße, die Fionn deinem Chef ausrichten lässt«, fiel Johansson ihm ins Wort.
»Moment mal«, sagte der Sonderbeauftragte. »Nur eine Sekunde.«
Es dauerte dann länger, so an die zwei Minuten, aber danach war alles sehr schnell gegangen, und eine knappe Stunde später saß Johansson dem Sonderbeauftragten in dessen Dienstzimmer im siebten Stock von Rosenbad gegenüber.
Der ändert sich nicht, dachte Johansson. Aber sein Lächeln war doch freundlicher als beim letzten Mal.
»Es geht um diese Unterlagen«, sagte Johansson und schob ihm den Stapel mit Krassners Manuskript zu.
»Ich habe sie bekommen, ohne darum gebeten zu haben«, sagte Johansson. »Es ist eine lange und komplizierte Geschichte, auf die ich eigentlich gar nicht weiter eingehen will.«
Wieder nickte der Sonderbeauftragte.
»Ich habe sie natürlich gelesen«, sagte Johansson. »Es geht darin um deinen Chef. Einiges hat er sogar selbst geschrieben, und da ich die Sachen nicht im Dienst erhalten und keinen Grund habe, ihn irgendeines Verbrechens zu verdächtigen, dachte ich, du könntest sie ihm aushändigen. Ich finde, das geht mich alles nichts an.«
»Du willst eine Sorge loswerden«, sagte der Sonderbeauftragte verständnisvoll.
»Da es nicht meine Sorge ist«, sagte Johansson. »Wenn jemand anders sich Sorgen machen will, will ich mich nicht einmischen.«
»Ich verstehe«, sagte der Sonderbeauftragte und nickte.
»Ich habe eine kleine Aktennotiz zu der Sache gemacht«, sagte Johansson und überreichte die kurze Zusammenfassung, die er auf der Schreibmaschine seines Bruders geschrieben hatte, unterzeichnete sie jedoch nicht.
Farbband und Kugelkopf hatte er natürlich weggeworfen, die elektrische Schreibmaschine seines Bruders könnte also keine Hilfe bieten, sollte jemand auf diese Idee kommen.
»Wenn du Fragen hast, dann kann ich warten, bis du es gelesen hast«, sagte Johansson.
»Wenn dir das nichts ausmacht«, sagte sein Gastgeber freundlich. »Möchtest du übrigens noch Kaffee?«
Als geübter Leser hatte er nur fünf Minuten gebraucht, und danach wusste er zwei Dinge besonders genau. Forselius hatte offenbar die ganze Zeit Recht gehabt, und Bergs Urteil über Johansson traf in jedem Punkt zu.
»Bist du sicher, dass die Säpo ihn umgebracht hat?«, fragte der Sonderbeauftragte.
»Nicht die Säpo«, sagte Johansson und schüttelte den Kopf. »Ich glaube, ihr Mann vor Ort ist in eine Lage geraten, von der er überfordert war, und deshalb hat er ihn umgebracht und seine Probleme danach durch einen fingierten Selbstmord gelöst.«
»Das wäre ja entsetzlich«, sagte der Sonderbeauftragte gelassen. »Dann hätten sie sich doch eines Mordes schuldig gemacht«, fügte er hinzu.
»Nicht sie, sondern er«, sagte Johansson, »aber meine Kollegen haben es als Selbstmord abgeschrieben, und zwar, weil sie davon überzeugt sind. Und wenn der Mann vor Ort nicht aus freien Stücken alles gesteht, dann weiß ich wirklich nicht, wie wir eine Untersuchung einleiten könnten. Denn alle eventuellen Gegenbeweise sind leider längst verschwunden.«
Und was du von mir bekommen hast, reicht leider nicht, dachte er.
»Weißt du, wer dieser Mann vor Ort war?«, fragte der Sonderbeauftragte.
»Nicht die geringste
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