Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters
Ahnung«, sagte Johansson. Danach musst du die Kollegen von der Säpo fragen. Und sorg dafür, dass sie dir Antwort geben, dachte Johansson.
»Sag Bescheid, wenn ich mich irre«, sagte der Sonderbeauftragte. »Deine Kollegen haben den Fall als Selbstmord abgeschrieben, aus Überzeugung, sagst du, und es gibt keinen Beweis für das Gegenteil, es gibt nicht den geringsten Grund, eine Untersuchung einzuleiten. Habe ich dich da richtig verstanden?«
»Ganz richtig, ich könnte es nicht klarer formulieren.«
»Verzeihung, wenn ich offenbar schwer von Begriff bin«, sagte der Sonderbeauftragte. »Aber du bist doch offenbar davon überzeugt, dass es Mord war.«
»Ja«, sagte Johansson. »Er ist mit Sicherheit ermordet worden.«
Das geht mich nichts mehr an, dachte er eine Viertelstunde später, als er vor Rosenbad in die Wintersonne hinaustrat, und seine Erleichterung war sogar dem Wetter anzumerken. Ob ich wohl Jarnebring anrufen sollte? Mit ihm essen gehen und fragen, was sie sich zur Hochzeit wünschen? Wenn sie ihrem neuen Verlobten überhaupt Ausgang gibt, und aus irgendeinem Grund dachte er erneut an die dunkle Frau, mit der er vor nur zwei Monaten in dem kleinen Postamt im Körsbärsvägen gesprochen hatte. Eigentlich sollte ich sie aufsuchen, dachte er. Jetzt, wo ich ein freier Mann bin.
Kaum hatte Johansson den Namen Fionn erwähnt, da hatte der Sonderbeauftragte sich entschuldigt, war zu seiner Sekretärin gegangen und hatte Forselius angerufen, und erstaunlicherweise hatte Forselius sich sofort gemeldet und sogar nüchtern geklungen, obwohl es doch schon später Vormittag war.
»Wer ist Fionn?«, fragte der Sonderbeauftragte.
»Fionn, Fionn«, wiederholte Forselius. »Warum willst du das wissen, junger Mann? Das war lange vor deiner Zeit.«
»Du musst schon entschuldigen«, sagte der Sonderbeauftragte, »aber das ist jetzt nicht das Thema.«
»Fionn alias John C. Buchanan«, sagte Forselius.
»Buchanan war Fionn?«, sagte der Sonderbeauftragte, um alle Missverständnisse auszuschließen.
»Fionn war Buchanans Codename, einer davon«, sagte Forselius, »und das sage ich am Telefon nur, weil er tot ist. Nicht, weil du danach fragst.«
»Danke für die Hilfe«, sagte der Sonderbeauftragte.
»Ich würde ja nicht im Traum über die Codenamen deines Chefs sprechen«, sagte Forselius selbstzufrieden. »Egal, was ich von dem Mann halte.«
»Darüber reden wir später«, sagte der Sonderbeauftragte.
Als der seltsame Norrländer gegangen war, hatte der Sonderbeauftragte seiner Sekretärin mitgeteilt, er wolle zwei Stunden nicht gestört werden, und dann hatte er sich sicherheitshalber eingeschlossen, für den Fall, dass sein Chef angestürzt käme, was er gern machte, wenn er etwas Wichtiges besprechen oder ganz einfach nur Gesellschaft haben wollte.
Mit Hilfe der erhaltenen Aktennotiz, seinem Lesetempo und der mentalen Kapazität, die ein freigebiger Schöpfer ihm in einem gut gelaunten Moment geschenkt haben musste, hatte er die Unterlagen in nur zwei Stunden durchgesehen. Wie lange er wohl gebraucht hat?, überlegte er und blätterte in Johanssons Aktennotiz, die an sich absolut interessant war, da er vor einem ganz anderen Problem stand: dass er nicht einmal einen vagen Einwand gegen das vorbringen konnte, was in diesen Unterlagen stand. Berg hatte Recht gehabt. Der Mann hatte Ecken und Kanten. War nur zu hoffen, dass auch das mit der Verschwiegenheit stimmte.
Ich muss nachdenken, entschied der Sonderbeauftragte, und danach muss ich überlegen, wie ich vorgehen werde. Im Moment wusste er nur eins mit Sicherheit. Auf jeden Fall würde er seinem Chef nichts sagen. Was er nicht weiß, macht ihn nicht heiß, dachte er, und das bezog sich natürlich auch auf die Tatsache, dass er jetzt Dinge über seinen Chef wusste, die ihm vorher unbekannt gewesen waren.
Der Einsatzmann der Sicherheitspolizei hatte nicht nur Krassner erschlagen. Um einen glaubwürdigen Selbstmord arrangieren zu können, hatte er auch noch Krassners Papiere durchsehen und zumindest alles mitnehmen müssen, was in irgendeiner Hinsicht die Glaubwürdigkeit von Krassners Abschiedsbrief gefährden konnte. Wahrscheinlich, dachte der Sonderbeauftragte, war er auf ein mehr oder weniger fertiges Manuskript gestoßen. Das, was auf unklaren Wegen an Johansson gelangt war, und die Teile, die Krassner während seines Aufenthaltes in Schweden geschrieben hatte und die hoffentlich nicht ebenso empörend waren wie das, was sein Onkel ihm überlassen
Weitere Kostenlose Bücher