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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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hatte.
    Zugleich schien es ihm nicht sonderlich glaubhaft, dass Krassner irgendwelche Unterlagen von der Art gehabt haben sollte, die Johansson vorgelegen hatten. Einerseits, weil er sie für seine Arbeit in Schweden nicht benötigt hatte, andererseits, weil er ja offenbar fast schon paranoid gewesen war, weshalb er seine Unterlagen sicher nicht mit sich herumgeschleppt hatte. Vermutlich hatte er ein mehr oder weniger vollendetes Manuskript gehabt, genauer gesagt, was er dafür hielt, aber aller Wahrscheinlichkeit nach keine Unterlagen, so fasste der Sonderbeauftragte die Lage zusammen.
    Bei den Unterlagen, die Johansson an sich gebracht hatte, handelte es sich vor allem um Kopien, sicher aus dem einfachen Grunde, dass Buchanan seinem Neffen nichts anderes hatte geben können. Die wenigen Originalunterlagen waren direkt an Buchanan geschickt worden, und er hatte sie, sicher absolut unvorschriftsmäßig, bei sich behalten. Die wahrscheinliche Schlussfolgerung war andererseits, dass Buchanans Arbeitgeber, die CIA, die Originale zumindest der meisten Kopien besaß, die Buchanan, sicher ebenfalls unvorschriftsmäßig, kopiert und danach seinem Neffen überlassen hatte.
    Auf irgendeine geheimnisvolle Weise, zu der Johansson sich nicht näher äußern wollte, nach der er selbst nicht gefragt hatte und die er auch nicht erraten konnte, waren diese Papiere nach Krassners Tod an Johansson gegangen, und der hatte sie nun ihm ausgehändigt. Damit er sie an seinen Chef weiterreichte? In diesem Punkt war Johansson nicht sonderlich deutlich oder hartnäckig gewesen, vermutlich war es also einfach so, wie er gesagt hatte. Dass er die Unterlagen loswerden wollte, was dann auch gegen die Möglichkeit sprach, dass er Kopien davon angefertigt hatte. Dass er noch weitere Originale besaß, war ebenfalls nicht gerade wahrscheinlich. Nicht zuletzt, wenn man das altertümliche Aussehen der Kopien bedachte, deshalb hatte er wohl wirklich Originale hergegeben, die ursprünglich vom Ministerpräsidenten zu Papier gebracht worden waren.
    Man soll sich keine unnötigen Probleme machen, dachte der Sonderbeauftragte, zu dessen philosophischen Lieblingen schon seit seiner Schulzeit William von Ockham gehörte. Vergessen wir also Johansson, dachte er. Und vermutlich konnte er auch die CIA vergessen. Dass sie irgendwo in ihren Archiven gewisse Unterlagen hatten, bedeutete nicht, dass sie tatsächlich bewusst Kenntnis über das Tun und Lassen des Ministerpräsidenten vor fast vierzig Jahren besaßen. Schwierig, dachte der Sonderbeauftragte. Sie können etwas wissen, aber es muss nicht so sein.
    Sollten sie etwas wissen, dann war die Sache gleich einfacher. In Anbetracht der sicherheitspolitischen Situation in Nordeuropa musste es ihnen eigentlich am Herzen liegen, dass Buchanans geistige Hinterlassenschaft nicht an die Öffentlichkeit gelangte. Während des Vietnamkrieges wäre das vielleicht anders gewesen, beim damaligen gereizten Tonfall, aber jetzt wohl kaum, wo die angeschlagenen Beziehungen zwischen Schweden und den USA viele Jahre der Genesung hinter sich hatten und sogar die Narben langsam verblassten. Und sie mussten ja auch an sich denken. Man durfte sich einfach nicht wie Buchanan aufführen, egal, wie wütend man auf einen ehemaligen Agenten war. Bad for Business, dachte der Sonderbeauftragte.
    Deine Probleme liegen hier zu Hause, sagte er sich dann, und der Mann vor Ort, der an allem die Schuld trug, war vermutlich noch die geringste Quelle der Besorgnis. Krassners so genannter Abschiedsbrief war kaum etwas, worüber dieser Mann in der Zeitung lesen wollte. Denn dann würde sich nicht nur Johansson ausrechnen können, was wirklich passiert war.
    Wenn man also jetzt die Sense schwenkte, würde nicht nur der Mörder davon getroffen werden. Er würde unterwegs jede Menge Gesellschaft bekommen, aber während er und Berg und Waltin und wohl auch noch andere, die er gar nicht kannte, wohl nur ihre Jobs verlieren und von den Medien in der bekannten Weise Prügel beziehen würden, würde der Mörder lebenslänglich erhalten, und auch wenn Fallhöhe in gesellschaftlichen Zusammenhängen etwas Relatives war, so war das wohl kaum erstrebenswert. Im Gegenteil wies der so geschickt und kaltblütig vorgetäuschte Selbstmord doch wohl eher darauf hin, dass der Mörder absolut nicht in den Knast wollte und dass er sein Bestes gegeben hatte, um sich davor zu bewahren.
    Sein geliebter Chef würde natürlich zurücktreten müssen, obwohl er keine Ahnung von

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