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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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hatte zu diesem Thema einen Vortrag von ihm gehört, der ihm ziemlich fröhlich vorgekommen war. Lidman war vor Entzücken förmlich übergeschäumt, und die Bilder, die er vorgeführt hatte, waren sogar für die hart gesottenen Polizisten, aus denen sein Publikum bestand, an der Grenze des Erträglichen gewesen.
    Jarnebring suchte sich Lidmans Nummer heraus, rief ihn an, plauderte fast eine halbe Stunde mit ihm, wobei er die letzten fünf Minuten dem Versuch widmete, den anderen zum Schweigen zu bringen, und als er endlich den Hörer auf die Gabel legen konnte, war er fast so munter wie Lidman selbst. So einfach war das also, dachte Jarnebring zufrieden. Ein ziemlich klassisches Auftreten für Menschen, die sich gerade das Leben nehmen wollten. Der einzige Wermutstropfen in seiner Zufriedenheit war nur, dass diese Elendsgestalt Bäckström zum selben Schluss gelangt war. Auch wenn dieser Erkenntnis eine gründliche und kompetente polizeiliche Arbeit vorausgegangen war. Wie zum Teufel kann so einer überhaupt Polizist werden, dachte Jarnebring. Aber egal, dachte er dann. Jetzt war es höchste Zeit, nach Hause zu seiner Süßen zu fahren, und möglicherweise könnte er unterwegs ja bei Feinkost-Ählens vorbeischauen und ein Pfund Krabben und allerlei leckere Vorspeisen erstehen.
    Jarnebring sah aus wie ein Gauner, redete wie ein Gauner, führte sich allzu oft auf wie ein Gauner, aber als Polizist ließ er nicht viel zu wünschen übrig. Er war schnell, schlau, effektiv und verfügte über eine Raubtierwitterung für menschliche Schwächen. Als er am Sonntag, dem 24. November, die Wache in der Tulegatan auf Östermalm verließ, war er in überaus guter Laune. Selbstmord, dachte er, und rechtzeitig vor Weihnachen würde er von seinem alten Kumpel Hultman einen Kasten mit wohlverdienten gemischten Waren in Empfang nehmen können.

 
Montag, 25. November
     
    Als Lars Martin Johanssons Sekretärin am Montagmorgen um acht ihren Dienst in der Landespolizeizentrale antrat, saß ihr Chef schon seit über einer Stunde hinter seinem Schreibtisch und war bester Laune.
    »Ich habe hier ein Gutachten.« Johansson reichte ihr eine Plastikhülle. »Drei Dinge, bitte, lies das, sorg dafür, dass es verständlich wird, und schreib es dann ins Reine. Irgendwelche Fragen?«
    Seine Sekretärin nahm die Hülle entgegen, lächelte kühl und schüttelte den Kopf.
    »Ich gehe jetzt schwimmen«, sagte Johansson fröhlich.
    Der hat bestimmt eine Neue, dachte seine Sekretärin.
    Johansson mochte das Lauftraining nicht. Was ihn störte, war nicht die körperliche Aktivität an sich, sondern die Tatsache, dass er beim Laufen nicht denken konnte, es war also die pure Zeit Verschwendung. Beim Spazierengehen dagegen fiel ihm das Denken überaus leicht, sogar bei raschen Spaziergängen, und am allerbesten dachte er beim Schwimmen. In dem großen Polizeigebäude in Kungsholmen war überdies praktischerweise ein Schwimmbecken angelegt worden.
    Johansson war ein ausgezeichneter Schwimmer. Er hatte es schon früh und ohne Sentimentalitäten gelernt. In dem Sommer, in dem er fünf Jahre alt geworden war, hatte sein damals fünfzehn Jahre alter ältester Bruder den kleinen Lars Martin zum Waschsteg unten am Fluss mitgenommen, ihn ins Wasser geworfen und ihm vom Steg aus die nötigen Anweisungen gegeben.
    »Du darfst nicht so verdammt zappeln, versuch so zu schwimmen wie Tarzan.«
    Tarzan war der Dreyhund der Familie und ein Genie im Hundeschwimmen, und noch ehe die Woche zu Ende gegangen war, konnte Lars Martin es fast mit ihm aufnehmen.
    »Du bist ja wirklich ein Talent, meine Fresse«, erklärte der große Bruder stolz. »Und jetzt bring ich dir bei, zu schwimmen wie ein anständiger Mensch.«
    Nach einer Stunde im Becken, fünf Minuten unter der Dusche und zwanzig in der Sauna, kehrte ein frischer und rosiger Lars Martin Johansson in sein Büro zurück. Seine gute Laune wurde durch die Tatsache, dass seine Sekretärin genau das getan hatte, was er ihr aufgetragen hatte, nicht gerade schlechter.
    »Ich habe es schon einmal gesagt, und ich sage es wieder«, erklärte Johansson. »Und du weißt, was ich meine. Darf ich dich als Dank zum Mittagessen einladen?«
    Er hat garantiert eine Neue, dachte seine Sekretärin, lächelte und nickte.
    Es war ein ausgezeichnetes Mittagessen gewesen, aber was konnte man an so einem Tag auch anderes erwarten? Johansson hatte gebratenen Speck mit Reibekuchen gegessen, dazu roh gerührtes Preiselbeergelee, und als er sich

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