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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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jetzt tue, ist zwar etwas anderes, aber ich weiß, dass das nur ein Zufall ist.«
    Sein Bekannter machte ein überraschtes Gesicht.
    »Überleg es dir noch mal«, sagte er.
     
    *
     
    Jarnebring hatte den ganzen Vormittag hindurch den Arsch voll Arbeit gehabt, so fasste er die Lage jedenfalls zusammen. Zuerst hatte es die übliche Morgenandacht mit den Kollegen von der lokalen Kripo gegeben, bei der sie die aktuellen Vorkommnisse in der Gegend durchgegangen waren. Danach hatten sie einen Sondereinsatz gegen die in letzter Zeit gewaltig angewachsenen Autoeinbrüche geplant. Er hatte für einen Nistkasten gesorgt, in dem seine Ermittler sitzen konnten und nicht zu frieren brauchten, was der Ermittlungsarbeit nur gut tat, und er hatte sich bei den Kollegen von der Drogenfahndung die passende Ausrüstung ausgeliehen, Kameras, extra starke Ferngläser und bessere Funkgeräte. Und jetzt wollten sie den Gaunern eins auf die Mütze geben.
    Nach einem kurzen Mittagessen in der Hauskantine schaltete er sein Telefon aus und knipste das rote Lämpchen in seiner Tür an. Er wollte seinen Bericht über Krassners Tod schreiben. Selbstmord, dachte Jarnebring überzeugt und rief bei der Gerichtsmedizin in Solna an, um sich nach der Obduktion zu erkundigen. Die sei ganz hervorragend gelaufen, erklärte der zuständige Gerichtsmediziner, der die Sache schon am frühen Morgen hinter sich gebracht hatte.
    Der Tote hatte keinerlei Verletzungen aufgewiesen, die nicht auf natürliche Weise entstanden zu sein schienen.
    »Auf natürliche Weise«, wiederholte Jarnebring in fragendem Tonfall.
    »So natürlich, wie es eben möglich ist, wenn do fünfzig Meter tief glatt auf die Straße plompst«, erwiderte der Arzt und kicherte.
    Er stammte aus Jugoslawien, wurde allgemein Leichenfroh genannt und war als Scherzkeks bekannt, so lange es nicht um ihn selber ging.
    »Schädelbroch, dreißig weitere Fraktoren. Wir Menschen können nicht fliegen.« Wie wahr, wie wahr, dachte Jarnebring und seufzte im Stillen. »Was mach ich jetzt mit den Kleidern?«, fragte Leichenfroh. »Seine Schohe ond die Kleider sind noch hier.«
    Verdammte Faulpelze, dachte Jarnebring, und damit meinte er die Kollegen von der Spurensicherung.
    »Hat die Spurensicherung die nicht mitgenommen, als sie seine Fingerabdrücke abgenommen haben?«, fragte er.
    »Die Klamotten haben sie vergessen«, sagte Leichenfroh. »Bei denen worde irgendein Alarm gegeben.«
    »Ich schicke einen Wagen«, sagte Jarnebring und drückte auf die entsprechende Taste.
    »Hervorragend. Do bekommst einen vorläufigen Bericht. Wir Menschen können nicht fliegen.«
    »Danke«, sagte Jarnebring und legte auf.
     
    *
     
    Der Auftrag, Krassners Kleidung und seine Schuhe von der Gerichtsmedizin in Solna zu holen und zum Kripochef in ihrem eigenen Bezirk zu bringen, wurde Stridh und Oredsson erteilt. Stridh blieb im Auto sitzen, während Oredsson die praktischen Dinge übernahm. Der wollte das ja selber, dachte Stridh und betrachtete den Eingang zur Gerichtsmedizin. Diesen Weg müssen wir alle einmal gehen, dachte er düster. Es war auch Oredsson, der mit dem Fahrstuhl nach oben fuhr, um nach ihrer Rückkehr zur Wache die beiden Tüten bei Jarnebring abzuliefern. Er wollte es selber, dachte Stridh düster, während er unten in der Garage im Auto sitzen blieb und rauchte.
     
    *
     
    Wo hab ich den bloß schon mal gesehen?, überlegte Jarnebring und musterte den kräftigen jungen Ordnungspolizisten, der in seiner Bürotür stand. Er telefonierte gerade und winkte den anderen mit seiner freien linken Hand herein.
    »Ich ruf gleich zurück«, sagte Jarnebring und legte auf.
    »Ja?«, sagte er dann und blickte seinen Besucher fragend an.
    »Das sind die Kleider, die der Chef von der Gerichtsmedizin haben wollte. Die gehören dem, der am Freitag aus dem Studentenwohnheim gesprungen ist.«
    »Leg sie da auf den Stuhl«, sagte Jarnebring und fing an, die Nummer seines Gesprächspartners von eben einzutippen.
    »Ich dachte an diese Schuhe.« Oredsson hielt die kleinere Tüte fest.
    »Ja«, sagte Jarnebring. Es handelte sich um ein Paar kräftiger kurzer Stiefel in einer durchsichtigen und versiegelten Plastiktüte.
    »Ich weiß nicht«, sagte sein Besucher zögernd, »aber normale Schuhe sind das nicht.«
    »Keine normalen Schuhe?« Jarnebring hatte den Hörer wieder auf die Gabel gelegt und ließ sich im Sessel zurücksinken, während er den jungen Oredsson musterte. »Du meinst, das sind anormale Schuhe?«
    »Ja.

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