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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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verzichtete er darauf und begnügte sich mit einem Nicken.
    »Ich finde, du gehst jetzt nach Hause«, sagte Jarnebring nun. »Du kommst mir ein wenig überarbeitet vor.« Jarnebring tauschte einen Blick mit dem Barmann, der nickte und Bäckström musterte.
    »Geh nach Hause und schlaf dich aus«, sagte der Barmann dann. »Und du, ich glaube, dieses Lokal kommt auch ohne dich aus. Nur, damit du Bescheid weißt.«
    Bäckström zuckte mit den Schultern, machte auf dem Absatz kehrt und ging. Eigentlich hatte er ein Ablenkungsmanöver vollziehen wollen, aber dieser verdammte Halbaffe in der Tür hatte ihn offenbar im Blick. Er lächelte Bäckström strahlend an, hielt ihm mit übertriebener Verbeugung die Tür auf und zeigte ihm mit fegender rechter Hand den Weg.
    »Danke für die Zeit, die nun zum Glück hinter uns liegt, Kriminalinspektor.«
    Ich bring euch um, ihr verdammten Säcke, dachte Bäckström.
     
    *
     
    Oredsson und seine Kameraden hatten nur einige Meter vom Tresen entfernt an einem Tisch gesessen und alles beobachtet. Ob er wohl auch so denkt wie wir?, fragte sich Oredsson. Alles, was ich über ihn gehört habe, weist daraufhin, und wir arbeiten ja auch im selben Haus. Er spürte, wie Aufregung seine Brust füllte.
     
    *
     
    Als Bäckström die Kungsgatan erreichte, schneite es. Große weiße Flocken, die wie weiche Erinnerungen aus der schwarzen Unendlichkeit dort oben herabschwebten, wenn auch nicht klar war, woran sie erinnern sollten. Plötzlich hatte er zu heulen angefangen. Verdammt. Er heulte wie ein Pipibengel, wie ein Scheißweib. Ihr Ärsche, dachte er. Ich bring diese Ärsche um.
    »Ich bring euch Ärsche um«, brüllte Bäckström die leere Straße und ein vorüber fahrendes Taxi an. Was für Scheißmenschen, was für eine Scheißgesellschaft und was für ein Scheißleben, das sie leben, dachte er.

 
Sonntag, 24. November
    Johansson hatte den Sonntag seinem Bericht über die beiden verschusselten Mordopfer gewidmet. Er hatte jedes Wort auf die Goldwaage gelegt, und da das seine Zeit brauchte, kehrte er erst um sieben Uhr abends in seine Wohnung zurück. Dort bereitete er sich eine einfache Mahlzeit, las ein englisches Buch über den internationalen Drogenhandel, und gegen Mitternacht schlief er tief, wie es schon lange seine Art war.
     
    *
     
    Du wirst alt, dachte Jarnebring düster, als er in den Unterlagen über John P. Krassners Tod blätterte. In der Nacht zuvor war alles wie geschmiert gelaufen. Sie hatten nicht einmal miteinander zu tanzen brauchen, sie hatten sich einfach an einen Tisch in der ruhigsten Ecke gesetzt, die sie finden konnten, während die Freundin sich verabschiedet und sich mit einem bekannten Revierbeschäler von der Södermalmstreife davongemacht hatte. Danach hatte er sie nach Hause gebracht. Sie waren den ganzen Weg zu Fuß gegangen, obwohl sie weit hinten in Gärdet wohnte, und als sie dann vor ihrem Haus standen, gab es nur einen Entschluss, den er fassen musste.
    Sie lächelte ihn an, aber in ihren Augen lag noch ein anderer und eher abschätzender Ausdruck.
    »Na«, sagte sie und kicherte. »Was machen wir? Kommst du auf einen Tee mit rauf? Willst du nach Hause? Oder willst du noch mehr Bedenkzeit?«
    Zuerst hatte er mit dem Gedanken gespielt, den Dienst am nächsten Tag vorzuschieben. Aber dann hatte er den Kopf geschüttelt.
    »Ich gehe nach Hause«, hatte er dann gesagt. »Kann schon sein, dass ich total verrückt bin, aber in Anbetracht von … ja, du weißt sicher … gehe ich lieber nach Hause.«
    Es war ihr schwer gefallen, ihre Enttäuschung zu verbergen. Dann hatte sie mit den Schultern gezuckt, ihn angelächelt, sich vorgebeugt und ihn mitten auf den Mund geküsst.
    »Selbst schuld«, sagte sie und verschwand im Haus.
    Du bist ein Feigling, dachte Jarnebring, als er die Straße entlangging. Oder du wirst alt. Aber diese Vorstellung war so unangenehm, dass er sie sofort wieder verdrängte.
    Stattdessen saß er hier, hinter einem Schreibtisch, hinter dem er eigentlich gar nicht zu sitzen brauchte. Wie ein männliches Gegenstück zum Fleißigen Lieschen, und als Kommissar und Chef wurden ihm seine Überstunden nicht einmal vergütet. Ich müsste es machen wie Johansson, dachte Jarnebring und blätterte weiter in seinen Unterlagen. Es gibt drei Möglichkeiten, dachte er. Mord, Selbstmord oder Unfall.
    Es kam ihm aber äußerst unwahrscheinlich vor, dass es sich um einen Unfall handeln sollte. Krassner war eins fünfundsiebzig groß gewesen, das Fenster

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