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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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hätte. Deshalb war es klüger, sein Wissen zu verschweigen. Zumindest, bis er davon ausgehen konnte, dass nicht nur Krassner, sondern die ganze Geschichte tot und begraben waren.
    Eigentlich war er hier doch das wirkliche Opfer. Er hätte nie auch nur im Traum daran gedacht, sich gegen jemanden wie Krassner zu verteidigen, wenn er gewusst hätte, wer er war und was er trieb. Im Gegenteil, er hätte ihn zu einem Bier oder mehr eingeladen, denn das hatte er wirklich verdient, bei allem, was er geleistet hatte. Aber er hatte keine Wahl gehabt, und wie beim ersten Mal war alles in Notwehr geschehen.
    Plötzlich hatte Krassner einfach den Schlüssel ins Schloss gesteckt und die Tür geöffnet, und da Hedberg hinter der Tür in einer engen Diele stand, hatte es auch keine Fluchtmöglichkeit gegeben. Und statt ihn zu fragen, was er dort zu suchen hatte, er war doch angezogen wie ein Handwerker, und das hätte Krassner doch auffallen sollen, hatte der sich sofort auf ihn gestürzt und zuschlagen wollen, und als Hedberg ihn dann zu Boden gezwungen hatte, hatte er zuerst versucht, ihn mit dem Knie im Schritt zu treffen, dann, ihn zu beißen, und da hatte Hedberg nun wirklich keine andere Wahl gehabt. Er hatte sich verteidigen müssen, und leider hatte er Krassner dabei das Genick gebrochen. Pure Notwehr war es gewesen, und wenn es in dieser Geschichte überhaupt ein Opfer gab, dann doch wohl ihn. Er war schließlich unter falschen Voraussetzungen in die Sache hineingelockt und dann ausgenutzt worden, um den größten Landesverräter in der Geschichte Schwedens zu beschützen.
    Der Rest war reine Routine gewesen. Er hatte ihn schon die ganze Zeit aus dem Fenster werfen wollen. Denn was sollte er sonst tun? Er konnte ihn ja nicht einfach liegen lassen. Aber da er zudem auch die Unterlagen fotografieren musste, hatte er diese Einleitung für das Buch gesehen und sofort als typischen Abschiedsbrief erkannt, und dann hatte er nicht mehr lange nachzudenken brauchen. Er hatte einen passenden Stapel Papiere für den Verräter Berg und die anderen Idioten zusammengelegt, den Rest selbst behalten und dafür gesorgt, dass alles normal aussah.
    Er hatte vor allem Zeit dafür gebraucht, das Farbband in der Schreibmaschine zu wechseln und einen neuen gleich lautenden Abschiedsbrief zu schreiben, den er dann eingesteckt hatte. Den echten legte er in die Schreibmaschine, und dass es darauf Fingerabdrücke gab, hatte er gesehen, als er ihn gegen die Lampe gehalten hatte. Dem Teufel sei übrigens Dank dafür. Denn dieser Krassner hatte den Brief ja wirklich selbst geschrieben.
    Danach hatte er die Fensterverriegelung abgebrochen, den Toten aufgehoben und hinausgeworfen. Es war wirklich ein ziemlich beeindruckender Anblick gewesen, wie er geradewegs nach unten stürzte, und erst, als er auf dem Boden aufschlug, sah Hedberg diesen Penner, der sich mit seiner schäbigen Töle am Haus entlang drückte und die ganze Sendung fast auf die Birne bekommen hätte. Als Hedberg dann den Kopf einzog, er wollte ja schließlich nicht auffallen, sah er, dass der eine Schuh offenbar abgestreift worden war, als er den Toten durch das schmale Fenster bugsiert hatte. Der Schuh aber durfte schließlich nicht auf dem Boden stehen bleiben, und deshalb packte er ihn, warf ihn hinterher, und da der Penner stehen blieb und einfach nur glotzte, zusammen mit seinem blöden kleinen Hund, hatte er einen ernst gemeinten Versuch unternommen, ihm den Schuh auf die Mütze zu feuern. Nur war das hier ja nicht gerade ein Fünfundzwanzig- Öre-Stück, wie wenn die Penner in den U-Bahn-Stationen saßen und Geld für einen Schnaps zusammenbettelten. Leider hatte er gepatzt und die Töle getroffen, und die hatte sich einfach zusammengefaltet und platt auf den Boden gelegt. Und mehr war dann wirklich nicht mehr passiert, er hatte seinen Kram eingesammelt, sich kurz umgeschaut und das Zimmer verlassen. Er hatte nur noch Bericht erstatten müssen, aber das war kein Problem gewesen, denn er brauchte ja nur mit Waltin zu sprechen.
    Typischer Selbstmord, sollte irgendwer ihn fragen. Einer der typischsten, von denen er je gehört hatte, sogar mit Abschiedsbrief und dem ganzen Schwanengesang. Müsste den blöden Kollegen in Stockholm doch passen wie Arsch auf Eimer, dachte Hedberg, und danach verschwendete er an diese Angelegenheit kaum mehr einen Gedanken.

 
     
XVIII
     
Und alles, was blieb, war die Kälte des Winters
     

 
Stockholm im Februar
    Der Stockholmer Polizeichef hatte auf

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