Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters
seinen Neujahrsgruß in der Polizeizeitschrift überaus positive Reaktionen erhalten. Viele hatten sich zu Wort gemeldet, von innerhalb und von außerhalb der Truppe, nicht zuletzt viele Frauen. Die Frauen hatten sich sehr lobend geäußert, und die Wärme, die ihm da begegnet war, hatte ihn in der Überzeugung bestärkt, dass es vielleicht höchste Zeit war, eine weitere seiner Visionen in die Tat umzusetzen.
Wenn man von seinen starken literarischen Interessen absah – denn dabei lag wohl eher eine innere Berufung vor –, dann hatte der Polizeichef in diesem Leben zwei große Passionen. Nämlich physisches Training und polizeiliche Problemlösung, oder Detektivarbeit, wie das normalerweise genannt wurde. Jedes Jahr verbrachte er Hunderte von Stunden auf Trimmpfaden und Skiloipen, und auf einer dieser Trainingsrunden war ihm die ungewöhnliche Idee gekommen, eine interne Ausbildung zur qualifizierten polizeilichen Problemlösung in die Welt zu setzen. Natürlich sollte diese Ausbildung nicht gerade für Krethi und Plethi offen stehen, sondern ein exklusives Forum für die verheißungsvollsten und qualifiziertesten seiner Mitarbeiter darstellen. Die eigentliche Ausbildung, die Vorlesungen und die Seminare, die ihm vorschwebten, wollte er selbst leiten. Leider fehlte es an qualifizierten Kräften von anderer Seite, was ja auch einer der Gründe war, aus denen er dieses Projekt überhaupt angehen wollte.
Er hatte einen Teil seiner Zeit mit Überlegungen über die Namensgebung dieser Ausbildung verbracht. Es war nicht nur wichtig, die richtigen Signale auszusenden, sondern oft auch entscheidend. Da bereits auf der Hand lag, dass viele Ermittlungen im Zusammenhang mit brutalen Verbrechen darunter litten, dass die intellektuelle analytische Arbeit vernachlässigt wurde, während man sich im so genannten »Feld« herumtrieb und Klinken putzte und mit Zeugen und Angehörigen redete und alle möglichen anderen seltsamen und Zeit raubenden Aktivitäten startete, hatte er seine Vorlesungsreihe zuerst »The Armchair Detective« nennen wollen, doch da so wenige seiner Mitarbeiter Englisch konnten, hatte er diesen Gedanken bald wieder fallen lassen. Diesen Begriff einfach ins Schwedische zu übersetzen und »Lehnstuhldetektiv« daraus zu machen, fand er auch nicht so gut, dann dieses Wort sandte nun wirklich missverständliche Signale aus.
Und da kam ihm ein Geistesblitz: »Der Wissenschaftliche Detektiv.« Im ersten Seminar wollte er die neue systematische Einteilung der unterschiedlichen polizeilichen Spuren vorführen, die er in seinen vielen Stunden auf dem Trimmpfad der Polizeischule draußen in Ulriksdal ersonnen hatte. Eine gute systematische Grundlage, das war der feste Boden, der gelegt werden musste, ehe die rein analytische Arbeit angegangen werden konnte, und natürlich gab es so gesehen nicht ein einziges Verbrechen, so kompliziert es auch aussehen mochte, das durch qualifizierte intellektuelle Operationen nicht zu lösen wäre. Man brauchte das Besprechungszimmer überhaupt nur zu verlassen, um zu essen, die Toilette zu besuchen, die Beine zu strecken und alles andere zu erledigen, was physisch notwendig war, aber nichts mit der Arbeit zu tun hatte.
Zum ersten Seminar »Eine systematische Klassifizierung der polizeilichen Spuren« hatte er nur etwa ein Dutzend Teilnehmer eingeladen. Kudo und Bülling natürlich, seinen eigenen Kanzleivorsteher Grevlinge, der vielleicht nicht gerade ein Geschenk Gottes an die Polizeischule war, aber der doch eine überaus brauchbare und loyale Kraft darstellte, einen erfahrenen und tüchtigen Techniker namens Wiijnbladh, den er persönlich noch nicht kannte, der Chef der Spurensicherung hatte ihn auf diesen Mann aufmerksam gemacht, dazu einige weitere Kollegen. Außerdem fanden sich einige externe Talente ein, denn wie immer im intellektuellen analytischen Zusammenhang waren frische Impulse von außen entscheidend. Dazu gehörten sein bester Freund, der jetzt in die freie Wirtschaft übergewechselt war, der jedoch auf eine lange Vergangenheit als Sachverständiger im Ministerium zurückblicken konnte, ein Freund dieses Freundes, ein ehemaliger Diplomat, der einen hohen Posten im Außenministerium bekleidet hatte und eigene und umfassende Erfahrungen in polizeilicher Ermittlungsarbeit aufwies. Und dieser wiederum hatte einen weiteren Bekannten mitgebracht, einen Journalisten von der Landespolizeileitung, der über große Erfahrung mit »hartem Durchgreifen in männlichen
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