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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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Staatssekretär hatte es plötzlich sehr eilig und empfahl sich.
    »Ich glaube, unser Freund aus dem Staatsrat hat sich beim letzten Mal etwas unglücklich ausgedrückt«, sagte der Minister, räusperte sich und blickte zugleich viel sagend zu dem leeren Sessel des Erwähnten hinüber.
    »Es liegt mir fern, eure Ansichten oder Motive in Frage zu stellen«, sagte Berg höflich. Denn so blöd bin ich nicht, dachte er.
    »Das habe ich auch niemals angenommen«, sagte der Minister freundlich, »aber ich habe versucht, mit unserem gemeinsamen Freund zu sprechen, um ihm klarzumachen, dass eine so komplizierte Angelegenheit in Ruhe und Frieden überlegt werden muss. Es ist nichts, was überstürzt werden sollte, meine ich.«
    Der Minister beugte sich vor und senkte die Stimme.
    »Ohne indiskret zu sein«, sagte er dann, »so hat er mich in einer nahe liegenden Frage um Rat gebeten, und da habe ich ihm meine Meinung über unsere Angelegenheit gesagt.«
    Aha, dachte Berg. So war das also. »Schön zu hören«, sagte er.
    »Die Sache braucht eben ihre Zeit«, erklärte der Minister mit bekräftigendem Nicken. »Ich bin vollauf zufrieden, wenn wir die Sache irgendwann im Laufe des Frühlings klären können.«
    Was machen die eigentlich?, dachte Berg, als er Rosenbad verließ. Bei einem internen Seminar hatte ein Dozent von etwas gesprochen, das offenbar als die »Andersonsche Verwirrungsstrategie« bezeichnet wurde, nach einem Psychologen aus den USA, der diese, gelinde gesagt, dubiose Methode entwickelt hatte. Das Ganze lief anscheinend darauf hinaus, dass man die ganze Zeit dem, auf den man es abgesehen hatte, widersprüchliche Botschaften zukommen ließ, während man zugleich zwischen Herzlichkeit und Bedrohlichkeit hin und her pendelte. Der Dozent hatte erklärt, man brauche in der Regel nur eine kleine Dosis dieser Strategie, und schon sei das Objekt reif für Pillendose und Zwangsjacke.
    Das macht er bestimmt nicht, überlegte Berg und meinte dabei den Sonderbeauftragten des Ministerpräsidenten. Oder doch?
    Dem ist wohl so ziemlich alles zuzutrauen, dachte Berg.
     
    *
     
    Forselius war von seiner polnischen Putzfrau gefunden worden. Er lag tot hinter seiner Wohnungstür, als sie die Tür aufschloss, und da sie in Lodz Medizin studiert hatte, ehe sie endlich nach Schweden und ins schwedische Pflegesystem ausweichen konnte, sah sie sofort, dass er tot war, und zwar offenbar noch nicht lange und offenbar durch einen Schlaganfall. Außerdem trug er wie üblich seinen fleckigen Morgenrock und stank wie üblich nach Cognac. Die Putzfrau rief die Telefonnummer an, die sie anrufen sollte, wenn etwas passierte, und sehr bald stellten sich mehrere Personen ein. Allesamt Männer, allesamt freundlich und schweigsam, und einer von ihnen war offenbar ebenfalls Arzt.
    Dann war er also wirklich eine Art hoher Spion, dachte sie, aber bei ihr zu Hause wurde über so etwas nicht gesprochen. Danach hatte einer der Männer sie nach Hause gefahren, gesagt, sie solle sich keine Sorgen machen, sie habe für den Rest der Woche Urlaub und werde trotzdem ganz normal ihr Geld bekommen, sie dürfe mit niemandem über diesen Todesfall reden und er oder einer seiner Kollegen werde sich melden, falls noch irgendetwas sein sollte.
    Sie war damit zufrieden. Forselius war anstrengender gewesen als alle anderen, bei denen sie putzte, zusammen. Sie ging zum Kindergarten, holte ihren kleinen Sohn ab, und dann spielten sie für den Rest des Nachmittags in einem in der Nähe ihrer Wohnung gelegenen Park.
    Der Sonderbeauftragte traf gleich nach den Leuten von der Nachrichtenabteilung des Verteidigungsstabs ein, lange jedoch vor den Stümpern von der Sicherheitspolizei, die leider aus formalen Gründen auch hinzugezogen werden mussten. Sie hatten einander seit über zwanzig Jahren gekannt, aber als er ihn nun betrachtete, wie er da tot auf seinem Teppich lag, kam er ins Grübeln, was er wirklich empfand. Trauer? Verlust? Besorgnis? Überhaupt irgendetwas?
    »Hast du eine Ahnung, woran er gestorben ist?«, fragte er den diensteigenen Arzt, der neben der Leiche kniete.
    »Du meinst, woran er nicht gestorben ist«, sagte der, grinste und schüttelte den Kopf. »Na ja«, fügte er dann hinzu und seufzte resigniert. »Das muss die Obduktion erweisen, aber wenn du eine frühe Einschätzung haben willst, dann tippe ich auf eine massive Gehirnblutung. Er war immerhin fast achtzig, auch wenn er das nicht wahrhaben wollte.«
    Schade um den Schädel, dachte der

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