Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters
Funkkontakt verzichten können. Sie redeten und schickten Zettelchen hin und her, und alles war ganz einfach, auch wenn sie rein verbal und aus Liebe zum Realismus die üblichen Ansprechcodes verwendet hatten.
»Ich darf zu einer gut ausgeführten Arbeit gratulieren«, sagte der Polizeichef und nickte Koskinen huldvoll zu. Herrgott, der scheint ja total erschöpft zu sein, dachte er. War sicher anstrengend.
»Ja, es hat ja geklappt«, keuchte Koskinen. »Obwohl es am Montagmorgen passiert ist. Darf ich dem Chef übrigens eine Halstablette anbieten?«
Obwohl Koskinen offenbar ein wenig kränkelte – Erkältung, hatte er erklärt, und das leuchtete ein, da der ganze Kerl nach Mentholtabletten stank war er doch auf den Trompetenstoß hin zur Fahne geeilt. Was aber wohl nur bewies, dass er die ganze Zeit Recht gehabt hatte, als er sich geweigert hatte, auf das ganze Gequengel rund um Koskinens Beförderung zu hören, dachte der Polizeichef zufrieden, als er in sein Zimmer zurückging. Höchste Zeit übrigens, in die Joggingschuhe zu steigen. Eine gesunde Seele in einem gesunden Körper, dachte der Polizeichef und spielte ernsthaft mit dem Gedanken, abends zwei Gläser Rotwein zu trinken und dabei eine neue Saite auf seiner inneren Leier aufzuziehen.
XIX
Und alles, was blieb, war die Kälte des Winters
Stockholm im Februar
Alle brisanten Informationen speicherte Waltin in seinem Kopf. Das hatte er schon früh gelernt, und er brauchte überzeugende Gründe, um in seinem Beruf überhaupt irgendetwas dem Papier anzuvertrauen. Er fürchtete auch Buchhalter nicht. Wenn man Ordnung hielt, bestand wirklich kein Grund, sie zu fürchten. Trotzdem, und das wusste er, machten Menschen manchmal Fehler. Das galt auch für ihn, und deshalb sah er sich die Unterlagen, die er Berg aushändigen wollte, genau an.
Um das Geld machte er sich keine Sorgen. Die wesentlichen Punkte waren bereits geklärt, daran brauchte er also nicht mehr zu denken. Bestimme Abhebungen und Überweisungen waren noch immer möglich, die eine oder andere Rechnung musste mit dem passenden Datum versehen und den Unterlagen hinzugefügt werden, aber wenn er auf der Hut war, dann konnten die Kronen schon auf sich selbst aufpassen. Hedbergs kleine Firma in der Sicherheitsbranche, die Waltin im Ausland besaß, wo jedoch Hedberg alle Geschäfte führte, konnte bald mit einem starken Zustrom an Mitteln rechnen.
Und wo es ohnehin schon sein musste, konnte er wenigstens dafür sorgen, dass er auf seine Kosten kam. Er hatte das Material so verwirrend wie möglich zusammengestellt, hatte kaum lesbare handschriftliche Zettel beigefügt, die Fragen und Ansichten zu allem zwischen Himmel und Erde enthielten, das keine Rolle spielte und total uninteressant war, wenn die Gegenseite es nun schon auf ihn abgesehen hatte. Die Buchhalter sollten schließlich etwas zu tun haben.
Berg überraschte ihn immer wieder aufs Neue. Waltin war absolut davon überzeugt gewesen, dass dieser Feigling den Kopf einziehen würde, wenn er ihm Hedberg auf den Tisch knallte. Aber das hatte er nicht getan. Er hatte sich offenbar quer gestellt, wenn er auch diesen Fettsack Persson gebraucht hatte, um wirklich Widerstand leisten zu können. Seine eigenen Karten waren schließlich nicht gerade gut. Was sollte er schon sagen? Dass er den Verdacht hatte, sein eigener Einsatzmann habe Krassner umgebracht und dann einen Selbstmord vorgetäuscht? Und warum hatte er die Sache dann länger als zwei Monate totgeschwiegen? Nicht gut, gar nicht gut.
Aber abgesehen von seiner Verärgerung über einen ganz und gar inkompetenten Chef wies alles darauf hin, dass nichts passieren könnte, wenn sie nur die Ruhe behielten, letzt also wurde eine perfekt funktionierende Organisation abgebaut, nur weil einige Sozis im Kanzleigebäude ihnen eins auswischen wollten. Das war der reine Wahnsinn, und dass über die Sache überhaupt gesprochen wurde, zeigte, wie schwach die Gegenseite war. Er hatte mehrere Male mit Hedberg telefoniert, aber der hatte sehr vage geklungen. Ahnte er etwas? Ahnte er vielleicht sogar, dass Waltin die Sache durchschaut hatte? Und, schlimmer noch, glaubte er, dass Waltin ihn nach Schweden locken wollte, um ihn in den Knast zu stecken? Hedberg war alles andere als übermäßig begabt, aber für das, wozu Waltin ihn brauchte, war er doch begabt genug. Er war ein ruhiger und sympathischer Mensch, und vor allem war er zuverlässig. Im Hinblick auf ihre gemeinsame Geschichte war
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