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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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Geld sichern, das noch immer im System floss und das mit Fug und Recht ihm gehörte und sonst niemandem.
     
    *
     
    Johansson hatte das Wochenende mit Grübeleien über die Frage verbracht, was er mit seinem Leben anfangen sollte. Er wurde ja nicht jünger, und wenn ihm das Leben nicht zwischen den Fingern verrinnen sollte, dann war es höchste Zeit, es zu packen. Der Zettel, den Jarnebring ihm empfohlen hatte, war ziemlich schnell vollgekritzelt und musste ins Reine geschrieben werden. Außerdem hatte Jarnebring angerufen und sich nach seinem Befinden erkundigt.
    »Wie geht’s?«, fragte Jarnebring. »Ich habe einen Vordersitz, der auf uns beide wartet.«
    Ich fürchte, diese Zeit ist vorbei, dachte Johansson, als er den Hörer auflegte, und ehrlich gesagt hatte er auch keine Sehnsucht mehr danach. Es gab andere Dinge, die wichtiger waren, und deshalb hatte er sich gleich am Montag vom 1. März an Urlaub erbeten.
    Der Landespolizeichef hatte schon eine Stunde danach angerufen. Ob es möglich sei, mit ihm zu sprechen?
    Was soll man denn darauf antworten?, überlegte er, und als er dann dasaß und feststellte, dass der andere wohl aufrichtig bedauerte, ihn vielleicht zu verlieren, hatte er seinen Entschluss fast bereut.
    »Ich habe irgendwie das Gefühl, nicht mehr weiter zu kommen«, sagte Johansson und trug sein Norrländisch ganz besonders dick auf, wie er das bei Bedarf ja immer machte. »Und deshalb finde ich es höchste Zeit, dass ich mich fortbilde. Ich wollte mich an der Universität immatrikulieren und ein wenig studieren.«
    Seltsam, diese vielen Akademiker, die die Polizei leiten, dachte er, als er eine Stunde später den Chef verließ. Die drehten immer sofort durch, sowie ein anderer auch nur das kleinste Bedürfnis nach etwas Ausbildung verspürte, und wenn er nicht Bescheid gesagt hätte, hätte er sicher zumindest sein halbes Gehalt mitnehmen können, um sich in irgendeiner Institution seiner Wahl auszuruhen, die in irgendeinem vagen Bezug zum Rechtswesen stand. Der Landespolizeichef hatte ihm aus irgendeinem Grund ein Jurastudium empfohlen, und Johansson hatte sich für den Tipp bedankt und versprochen, sich die Sache zu überlegen. Aber egal. Sein Antrag würde bewilligt werden, und damit hätte er dann einen Strich unter das berufliche Elend gezogen, in dem er gelandet war.
    Mit der Gewerkschaft die Becher zu schwingen, war nicht mehr aktuell. Und noch weniger käme es in Frage, in Gesellschaft Tante Jennys Gläser zu heben, dachte er, und was er sonst damit machen wollte, daran brauchte er gar nicht zu denken. Er hatte vor, seinen Schreibtisch aufzuräumen, aber vorher war es höchste Zeit, Buße zu tun, wegen der Leichtfertigkeit, mit der er reagiert hatte, als sein Dienstvorgänger – der jetzt bestimmt ein glücklicher Mann war – ihn um Rat und Hilfe bei diesem Jammerlappen Koskinen gebeten hatte.
    Die alte Schnapsdrossel war nunmehr zum Chef der Ermittlungszentrale der Stockholmer Polizei avanciert und lieferte damit den Beweis dafür, dass ein entsprechendes Zeugnis zum Aufstieg in der Truppe verhalf. Koskinen hatte kaum seinen Stuhl anwärmen und die gleichnamige Flasche im Schrank verstecken können, als es auch schon so weit war. Der Haufen der Anklagen, Beschwerden, gewerkschaftlichen Äußerungen und normaler Kollegenschelte, der sich auf Johanssons Schreibtisch auftürmte, wirkte absolut unwahrscheinlich, wenn man bedachte, dass der, um den es hier ging, nie auch nur einen Finger rührte, schon gar nicht dann, wenn es von ihm verlangt wurde.
    Der operative Chef der Stockholmer Einsatzpolizei, ein alter Gauner, der tatkräftig und ganz nach Johanssons Geschmack war, hatte eine größere Bereitschaftsübung angesetzt, um festzustellen, was sein Personal eigentlich taugte. Sie hatten ein Szenario ausgeheckt, nach dem Seine Majestät während eines Empfangs im Stockholmer Schloss einem Attentat zum Opfer gefallen war, während die Täter vom Tatort hatten fliehen können und sich jetzt offenbar irgendwo in der Innenstadt aufhielten. Die Ermittler waren mit widersprüchlichen und überaus glaubwürdigen Beschreibungen der Flüchtigen und des Fluchtautos versehen worden, und insgesamt hätte es ein interessanter Test der Leistungsfähigkeit der Kollegen in der Hauptstadt werden können, für den Fall, dass das passierte, was nicht passieren konnte. Da der operative Chef seine Pappenheimer aber kannte, hatte er die ganze Übung auf den Montagmorgen angesetzt.
    Und bei allem spielte

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