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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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möglicherweise totgeschlagen haben, und Krassner wird es ganz heiß in seiner Hose, und er beschließt, diesen Kerl, ja, den werd ich zum Teufel mit mir in die Ewigkeit nehmen. Deshalb notiert er sich deinen Namen und steckt ihn in seinen kleinen Geheimschuh. Verdammter Romantiker«, schnaubte Jarnebring. »Und wenn du jetzt keinen Longdrink ausgibst, dann bestelle ich zwei auf eigene Rechnung. Was willst du?«
    »Mal nachdenken«, sagte Johansson, der mit seinen Gedanken ganz woanders war als bei Gin und Tonic.
    »Na gut«, sagte Jarnebring. »Erinnerst du dich an diesen Leitartikel in der Mini-Prawda, unserer geliebten Abendzeitung, am Tag, nachdem du die Kollegen eingebuchtet hast, die halbe Seite? Kannst du dich daran erinnern?«
    »Mir kommt eine vage Erinnerung, jetzt, wo du es sagst«, lachte Johansson, der den Artikel wortwörtlich hätte zitieren können.
    »Ich möchte daran erinnern, dass die Überschrift lautete ›Ein ehrlicher Bulle‹«, sagte Jarnebring.
    »Wenn du das sagst«, erwiderte Johansson ausweichend.
    »Genau«, sagte Jarnebring. »Ich und die anderen hätten uns fast eine Hasenscharte gelacht. Lars Martin Johansson, ein ganz normaler Wachtmeister, einer von uns, auch wenn allerlei Wasser unter den Brücken durchgeflossen ist, seit wir dieselben Autositze und dieselben Nistplätze geteilt haben, jetzt ist er schon auf dem besten Weg zum Ministerposten, wie es aussieht. Der einzige Kollege aus der schwedischen Polizeigeschichte, der je in diesem Schmierblatt positiv erwähnt wurde. Und noch dazu ein echter Polizist, keiner von der Sorte, wie sie einem heutzutage begegnen.«
    »War es so schlimm?«, fragte Johansson und verspürte nun echte Besorgnis.
    »Keine Panik«, sagte Jarnebring. »Das ist schon in Ordnung. Wir kennen dich doch. Was wird jetzt eigentlich aus dem Longdrink?«
    »Den werd ich sofort bestellen«, sagte Johansson und gab seinem Freund, dem Wirt, ein diskretes Zeichen.
    Aber woher kannte dieser Mensch meine Privatadresse?, fragte er sich.

 
Mittwoch, 27. November
     
    Am Vorabend war es spät geworden. Johansson war mit ihm nach Hause gegangen und da hatten sie bis um eins weitergepichelt. Dann hatte Johansson auf die Uhr geschaut und erklärt, jetzt reiche es, jedenfalls für ihn, und falls Jarnebring bleiben wolle, habe er die Wahl zwischen dem Sofa im Wohnzimmer und dem in Johanssons Arbeitszimmer. Jarnebring dankte für das Angebot, nahm ein Taxi und fuhr nach Hause. Er hatte seine Gelüste, und sie war in der letzten Zeit ungeheuer liebevoll gewesen. Sie hat sicher von meiner eisernen Moral gehört, dachte Jarnebring zufrieden, als er durch die Nacht gefahren wurde.
    Johansson war wie immer um sechs Uhr aufgewacht, aufgestanden, hatte zwei Kopfschmerztabletten und ein großes Glas Wasser eingeworfen, hatte dann den Wecker auf acht gestellt und war wieder eingeschlafen. Er musste um zehn in Lidingö auf einer Sitzung sein, und da er dort nichts vorzutragen, sondern nur zuzuhören brauchte, brauchte er sich weiter keine Sorgen zu machen. Abgesehen davon, dass da dieser ärgerliche kleine Zettel war.
    Jetzt saß er jedenfalls dort, wo er dem Kalender auf seinem Schreibtisch zufolge hingehörte, doch während vorn auf dem Podium eine Rede auf die andere folgte, gingen seine Gedanken ihre eigenen Wege, und immer führten diese Wege zu dem Zettel.
    Denn dieser Gedanke ließ ihm keine Ruhe. Woher hatte er meine Adresse? Ich stehe nicht im Telefonbuch. Natürlich wäre es keine große Kunst, sie sich zu besorgen, wenn man das wirklich will. Aber was hat Krassner mit meinem Namen und meiner Adresse gewollt? Johansson hatte ein gutes Gedächtnis für Namen und Personen und deren Gesichter und Unternehmungen, das musste ein alter Ermittler einfach, und er hatte während der letzten vierundzwanzig Stunden seine Erinnerungen wirklich auf den Kopf gestellt. Kein Krassner, dachte Johansson.
    Angenommen, Jarnebring war auf der richtigen Spur. Und Krassner war ein normaler Wirrkopf, so einer, der gern ein bisschen seltsam und geheimnisvoll tut und durchaus ab und zu die Lust verspüren kann, in Schuhen mit hohlem Absatz durch die Gegend zu laufen. Hohler Absatz, Johansson schüttelte den Kopf. Bei den Tausenden von Verbrechern, mit denen er in seinen Jahren bei der Polizei zu tun gehabt hatte, konnte er sich nicht an einen Einzigen mit einem hohlen Absatz erinnern. Dagegen an etliche ganz und gar schuhlose. Drogen, dachte Johansson. Da hatten sie sicher den einen oder anderen gehabt,

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