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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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und vermutlich verfügte er über hellseherische Fähigkeiten, denn ein Foto von Krassner und die Kopie seines Briefes steckten schon in der Plastikhülle, die er hervorzog und Johansson reichte. »Mehr brauchst du nicht?«, fragte Jarnebring, ließ sich auf seinen Schreibtischstuhl zurückfallen und verschränkte die Hände im Nacken.
    »Nein, was sollte das sein?«
    Jarnebring schüttelte den Kopf. Spielte den Besorgten.
    »Ich mach mir Sorgen um dich, Lars«, sagte er. »Nicht, weil du dir wegen dieses Wirrkopfs unnötig Sorgen machst, du warst immer schon so, und das beunruhigt mich nicht so sehr, aber du kommst mir ein bisschen aus der Übung vor. Was sagst du zu denen hier?«
    Jarnebring nahm eine weitere Plastikhülle aus seiner Schreibtischschublade und reichte sie Johansson. Darin lag etwa ein Dutzend Fotos von Männern in Krassners Alter, die ziemliche Ähnlichkeit mit ihm hatten.
    Johansson lachte widerwillig.
    »Ich will niemanden verhören«, sagte er. »Das ist deine Sache.«
    »Das schon«, sagte Jarnebring. »Aber angenommen, du bereust es irgendwann und willst es doch noch machen. Dann wäre es doch traurig, wenn deine Gesprächspartner keine Bilder zur Auswahl hätten.«
    »Natürlich«, sagte Johansson. »Aber noch was.« Ihm war gerade ein Gedanke gekommen. »Dieses Farbband aus der Schreibmaschine, hast du das noch?«
    »Es war so eine Plastikkassette«, sagte Jarnebring, »für eine elektrische Schreibmaschine Marke Panasonic. Damit wurde aber nur der Brief geschrieben, dessen Kopie du hast. Ich habe das Band selbst mit dem Brief verglichen. Ich kann dir sagen, Lars, jeder verdammte Anschlag auf diesem Band, jede Korrektur, die mit dem Korrekturband ausgeführt wurde, alles hab ich anhand des Briefes überprüft.«
    Jarnebring schaute Johansson abwartend an, und der machte eine abwehrende Handbewegung.
    »Ich fahre wieder«, sagte Johansson. »Himmel hilf«, sagte er dann noch und grinste. »Ich krieche im Staub.«
    Jarnebring schien es nicht gehört zu haben.
    »Ich mag zwar nur ein schlichter Inspektor sein«, sagte er, »und ohne diesen Kollegen, der unbedingt beinhakeln wollte, würde ich nicht mal diesen Sessel anwärmen müssen.«
    Johansson lächelte und nickte. Die Ursache für Jarnebrings plötzlichen Aufstieg gehörte bereits zu den Geschichten, die in der Truppe unter denen erzählt wurden, die einander vertrauten.
    »Eins hab ich früh gelernt«, sagte Jarnebring dann. »Sogar noch ehe du und ich einander über den Weg gelaufen sind.«
    Johansson nickte. »Weiter.«
    »Also«, sagte Jarnebring. »Wenn du schon etwas machen musst, was Zeit braucht, dann mach es verdammt noch mal gut, denn sonst kannst du auch gleich darauf scheißen. Ich habe über eine Stunde gebraucht, um diesen Brief mit dem Farbband und dem Korrekturband zu vergleichen.«
    »Trotzdem schnelle Arbeit«, sagte Johansson beifällig.
    »Sicher«, sagte Jarnebring mit breitem Lächeln. »Kann daran liegen, dass der alte Rosengren mir geholfen hat.«
     
    *
     
    Als Johansson unten in der Tiefgarage in seinem Wagen saß, zog er die Plastikhülle mit dem Brief und den Fotos aus seiner Aktentasche. Auf der Rückseite von Krassners Fotos hatte Jarnebring mit einer Büroklammer den irritierenden Zettel befestigt. Er war in Plastikfolie eingeschweißt, aber Johansson konnte doch sofort erkennen, dass es sich um das Original handelte.
    Bo, dachte er.

 
Freitag, 29. November
    Jetzt ist die Scheiße endgültig im Ventilator gelandet, dachte Bäckström, als die Sekretärin des Abteilungsleiters sich per Haustelefon bei ihm meldete, um ihn augenblicklich zum Chef zu zitieren. Diese miese Sau, dachte Bäckström. Sie hat mir den Dolch in den Rücken gestoßen, was zum Teufel soll ich jetzt tun?
    Am Vortag war er mit seinem Gewaltopfer im Karlavägen verabredet gewesen. Sie wollten sich in ihrer Wohnung treffen, und Bäckström hatte sechs Uhr abends vorgeschlagen. Eine kurze Vernehmung, eine Runde Herz erwärmendes Geplauder, und dann peng, ran an den Speck. Und dann werde ich dich auf eine Reise entführen, wie du noch nie eine gemacht hast, hatte Bäckström zufrieden gedacht.
    Aber als er dann an ihrer Tür geklingelt hatte, hatte niemand geöffnet. Bäckström klingelte und klingelte, und am Ende schaute er durch den Briefschlitz, ob vielleicht etwas passiert sein könnte. Das Einzige, was passierte, war aber nur, dass der Nachbar seine fiese Visage durch die Tür streckte und fragte, ob er ihm irgendwie behilflich sein

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