Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters
sagte Johansson aus der Tiefe seines Herzens. »Wie zum Teufel können die solches Pack bei der Truppe zulassen?«
»Sicher«, sagte Jarnebring, »ich bin ganz deiner Ansicht, aber was den Schuh angeht, da sind sie unschuldig. Von dem haben sie keine Ahnung.«
»Ich bin ganz deiner Meinung«, sagte Johansson und nickte in sein Weinglas.
»Das ist Krassners Schuh. Und aus irgendeinem Grund hat er deine Adresse aufgeschrieben und in seinen Absatz gestopft. Wo bleibt eigentlich der Nachtisch, verdammte Pest?«
Der pure Krimi, dachte Johansson und hielt nach seinem Freund, dem Wirt, Ausschau. An honest cop, dachte er.
»Ich dachte an diesen Brief«, sagte Johansson.
Jarnebring nickte. Sie hatten den Nachtisch bewältigt und waren in Kaffee und Cognac vertieft. Johansson hatte das eher aus Pflichtgefühl bestellt, aber nach einer halben Flasche Mineralwasser fühlte er sich gleich wohler.
»Ja«, sagte Jarnebring, dessen Denkfähigkeit gar nicht zu registrieren schien, wie viel er trank.
»Es war eine elektrische Schreibmaschine, sagst du. Hast du dir das Farbband angesehen, es war ja wohl so eine Farbbandkassette, wenn ich dich richtig verstanden habe?«
»Aber zum Teufel, Lars«, sagte Jarnebring. »Ich bin ja schließlich Polizist. Doch, ich hab mir die Kassette angesehen, aber das Farbband enthält wirklich nur diesen Brief. Für wen hältst du mich eigentlich, zum Henker«, sagte er und trank einen tiefen Schluck aus dem Cognacglas.
»Der Papierkorb …«, setzte Johansson an.
»Und den Papierkorb«, fiel Jarnebring ihm ins Wort. »Der Papierkorb enthielt nur die Packung, in der die Kassette gesteckt hatte. Wie gesagt.«
»Aber du hast gesagt, der Arsch sei schon anderthalb Monate hier gewesen«, beharrte Johansson. »Was hat er denn die ganze Zeit getrieben? Irgendwas muss er doch gemacht haben?«
»Er hat sich sicher Gedanken über das Leben und die Zukunft gemacht«, sagte Jarnebring und zuckte mit den Schultern. »Ansonsten scheint er nicht viel unternommen zu haben. Hatte wohl anderes im Kopf.«
»Mehr als einen Monat lang«, sagte Johansson mit hörbarer Skepsis in der Stimme.
»Etwas über sechseinhalb Wochen«, sagte Jarnebring. »Ich hab das Datum überprüft. Er ist am Sonntag, dem 6. Oktober, von New York nach Arlanda geflogen. Und gehüpft ist er am Freitag, dem 22. November.«
»Diese Bücher in seinem Zimmer«, sagte Johansson. »Was waren das für welche?«
»Ganz unterschiedlich«, sagte Jarnebring und grinste aus Gründen, die Johansson nicht so recht einsichtig waren. »Das waren billige Krimis auf Englisch, und er schien sie immerhin gelesen zu haben, denn sie waren ziemlich zerfleddert. Ja«, Jarnebring suchte in seiner Erinnerung, »und dann hatte er allerlei Bücher über Schweden und schwedische Geschichte und schwedische Politik, allesamt auf Englisch. Sweden the Middle Way, The Paradise of Social Democracy, ich habe eine Liste gemacht, wenn dich das interessiert.«
Aha, dachte Johansson.
»Zum Teufel, Lars.« Jarnebring beugte sich über den Tisch und legte ihm die rechte Hand auf den Arm. »Mach jetzt mal einen Punkt. Bestimmt gibt es eine einfache und einleuchtende Erklärung.«
»Ich höre«, sagte Johansson und musste wider Willen lächeln.
»Wir stellen uns das so vor«, sagte sein bester Freund. »Irgendein halbradikaler Wirrkopf aus den Staaten kommt aus irgendwelchen unklaren Gründen her und denkt genau das, was solche Typen immer denken. Eines Abends sitzt er in der Kneipe und kommt mit unseren eigenen Genies ins Gespräch, die ebenso denken wie er, und da stehen sie dann und faseln und finden es toll und reden über Dinge, über die solche Typen immer reden, egal, woher sie kommen.«
»Und was sollte das sein?«, fragte Johansson.
»Dass solche wie du und ich einfach Drecksäcke sind. Die Polizei. Die größten Drecksäcke auf der Welt.«
»Ich verstehe, was du meinst«, sagte Johansson. Das hatte er auch schon von einem seiner Kinder gehört.
»Hervorragend«, sagte Johansson, »und bei dieser Gelegenheit erinnert einer unserer eigenen linken Trottel sich daran, dass er oder sie, das war sicher eine Sie, wenn ich es mir genau überlege, in der Zeitung gelesen hat, dass es sogar unter den Schlimmsten der Schlimmsten noch Ausnahmen geben soll.«
»Ach«, sagte Johansson.
»Und dann erzählt sie, was sie in der Zeitung über dich und deinen Kreuzzug gegen die Kollegen vom Einsatzkommando gelesen hat, im Hinblick auf diesen alten Suffkopp, den sie damals
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