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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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fantastischeren Geschichten umgehen konnten, die ihre unter Druck gesetzten Gewährsleute lieferten. Werner Kudo schien für den Job wie geschaffen zu sein, zumindest seit dem Tag, an dem er im Pausenraum unter dem Siegel der Verschwiegenheit einem von Bergs geheimen Gewährsleuten mitgeteilt hatte, dass es auf seinem elterlichen Hof in Smäland Wichtelmännchen gegeben habe. In Filzwämse gekleidete Männlein, die Volk, Vieh und Gebäude sorgsam im Auge behielten.
    Berg hatte dann auch den perfekten Partner für Kudo gefunden. Dieser Mann hieß Christer Bülling, und auch er hatte seinen Namen gewechselt, doch da er als Vricklund geboren worden war, konnte man das noch verstehen. Er arbeitete in der Planungsabteilung der Polizei in Solna, als Berg ihn in seine Fänge bekam. Der Stockholmer Polizeipräsident hatte ihn auf diesen Mann aufmerksam gemacht. Bei einem Essen hatte er von einem jüngeren Kollegen aus Solna erzählt, den er bei einer Veranstaltung getroffen und der bei ihm einen bleibenden Eindruck hinterlassen hatte.
    »Der intelligenteste jüngere Kollege, der mir je über den Weg gelaufen ist, die anderen nennen ihn den Professor«, so fasste der Polizeipräsident die Lage zusammen, und sofort war Bergs Neugier geweckt.
    Berg war ein Mann, der über große Kenntnisse verfügte. Unter anderem wusste er, dass Schönheit zumeist im Auge des Betrachters liegt, und da er noch dazu die klare Ansicht vertrat, dass der Stockholmer Polizeipräsident so ungefähr der einfältigste Kollege war, der ihm jemals vor Augen gekommen war, hatte er sich gleich am nächsten Tag an Waltin gewandt und ihn gebeten, sich diesen Christer Bülling alias Professor einmal genauer anzusehen.
    »Warum wird er Professor genannt?«, fragte Berg als Erstes, als er und Waltin sich eine Woche darauf zu einer Besprechung trafen.
    »Einer seiner Schulkameraden aus der ersten Klasse behauptet, weil er als Einziger eine Brille trug, und außerdem hatte er arge Segelfliegerohren und sah alles in allem leicht bescheuert aus«, erklärte Waltin. »Ich dachte ja, das hätte an seinen Zeugnissen gelegen«, fügte er hinzu, »aber unsere Psychologen behaupten, dass Kinder nicht denselben Sinn für Ironie haben wie Erwachsene.«
    »Er ist also nicht gerade eine Leuchte«, sagte Berg.
    »Nicht direkt«, erwiderte Waltin und seufzte. »Wenn du willst, kann ich seine Testergebnisse von der Musterung holen. Die Psychologen behaupten …«
    »Scheiß drauf«, fiel Berg ihm ins Wort. »Hast du sonst noch was?«
    »Bülling wurde schon ziemlich früh aus dem Außendienst genommen, und zwar auf Empfehlung des Amtsarztes. Er leidet offenbar unter Platzangst und kann nicht gut mit Menschen umgehen, ist überaus schweigsam, fast schon autistisch.«
    »Also keiner, der alle Welt volllabert«, meinte Berg.
    »Nein, gar nicht«, erklärte Waltin voller Überzeugung. »Er scheint wunderbar still sitzen und Papiere lesen zu können. Das steht offenbar in seiner Diagnose, die der Onkel Doktor gestellt hat. Scheint Leuten wie ihm ihre Ängste zu nehmen. In der Planungsabteilung sind sie sehr zufrieden mit ihm.«
    Kann ich mir denken, dachte Berg, sagte aber nichts.
    »Ist das einer, den du rekrutieren möchtest?«, fragte Waltin.
    »Für die Kurden, als Chef für Ermittlung und Analyse. Wie fändest du das?«
    Waltin nickte zustimmend. »Kudo und Bülling.« Waltin kostete die Namen aus. »Die werden absolut unzertrennlich sein. Und sie haben eine Spürnase, die uns gewöhnlichen Sterblichen abgeht.«
    Kudo und Bülling entwickelten sich nun aber zu einem Problem. Der gesamte Kurdeneinsatz drohte aus dem Ruder zu laufen, da die beiden sich und ihre Aufgabe so schrecklich ernst nahmen, überlegte Berg. Sie hatten keine Ahnung von dem wirklichen Grund, aus dem die Sektion, in der sie jetzt arbeiteten, eingerichtet worden war, und es fehlte ihnen an den Voraussetzungen, um aus eigener Kraft hinter das Ganze zu kommen. Bei der letzten Besprechung mit dem Justizminister hätte die Sache wirklich schief gehen können. Seltsamerweise war dann auch der Justizminister in den Papieren auf die unangenehme Tatsache gestoßen, die Berg auf jeden Fall hätte auffallen müssen.
    »Ich wüsste gern, wie es mit den geheimen Lauschaktionen aussieht«, sagte der Minister.
    »Ja«, erwiderte Berg und musterte ihn neutral.
    »Wie sieht es also aus?«, sagte der Minister. »In den Gesetzestexten finde ich nichts darüber. Ist das vielleicht durch eine der geheimen Verfügungen

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