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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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geregelt?«
    »Wenn Sie die Telefonabhörung meinen«, sagte Berg, »dann regelt das eine besondere …«
    »Nein«, fiel der Minister ihm ins Wort und klang ausnahmsweise einmal leicht gereizt. »Ich meine nicht das Telefon, die sitzen ja wohl nicht im selben Zimmer und telefonieren miteinander, oder was? Ich meine solche versteckten Lauschaktionen, wie ihr sie durchführt. Wenn ihr Mikrofone in den Wänden und in Dächern und Möbeln und Gott weiß wo versteckt.«
    »Ich verstehe«, sagte Berg vage. »Die juristische Lage ist in diesem Punkt ein wenig unklar, wenn ich das so sagen darf. Oder was meinst du, Gustav?«
    Berg sah den Staatssekretär an, doch der schaute in seine Unterlagen und schien kein großes Interesse daran zu haben, sich über diesen Aspekt der juristischen Lage zu verbreiten.
    »Ich glaube, darauf sollte wirklich Gustav etwas sagen«, meinte Berg beharrlich. »Wie viele von uns sind schon in der Lage, sowohl Justitias Waagschale als auch das Schwert der Macht in Händen zu halten«, fügte er eindringlich hinzu und schaute den Angesprochenen freundlich an.
    Was zum Teufel redet dieser grauenhafte Kerl da nur?, dachte der Staatssekretär, und ein kalter Schauer durchlief ihn. Will er mir etwas sagen, und wenn ja, was?
    Was zum Teufel ist nur los mit dem Kerl?, dachte Berg seinerseits. Er kommt mir schon länger seltsam vor. Höchste Zeit für eine neue kleine Kontrolle.
    »Ja«, räusperte sich der Staatssekretär. »Wie gesagt, es ist eine ganz besonders komplizierte Frage, die der Chef hier angesprochen hat, und ich schlage vor, dass wir sie nach der Besprechung aufgreifen, um Zeit zu sparen. Ich stehe zur Verfügung, sowie der Chef Zeit hat. Aber wenn ich ganz kurz etwas sagen darf«, er räusperte sich, ehe er weitersprach, »dann stimme ich dem Chef absolut darin zu, dass es sich dabei um eine ganz besonders komplizierte juristische Materie handelt.«
    Der Justizminister sah so glücklich aus wie ein ABC-Schütze, dem die Lehrerin soeben ein Fleißbildchen überreicht hat.
    »Ja, das habe ich mir fast schon gedacht«, sagte er zufrieden. »Wo waren wir noch, ehe ich euch unterbrochen habe?«
    Glück gehabt, dachte Berg, als er in relativer Sicherheit hinter seinem Schreibtisch saß. Der Sonderbeauftragte des Ministerpräsidenten war nicht zugegen gewesen. Er hatte kurz vor der Besprechung absagen müssen. Was in letzter Zeit übrigens immer häufiger passierte. Und da habe ich nichts gegen, dachte Berg.
    Am Tag, nachdem er zum Juristen beim Generalstab ernannt worden war, hatte die Sekretärin den Staatssekretär angerufen und gefragt, ob er Zeit für einen Besuch beim Schneider habe.
    »Beim Schneider?«, fragte der Staatssekretär.
    »Sie müssen doch für die Uniform Maß nehmen lassen«, erklärte die Sekretärin.
    Ich will keine Uniform, dachte der Staatssekretär entsetzt, aber dann ging ihm plötzlich auf, dass er zum Uniformtragen gezwungen werden könnte, wenn die Nation mit Krieg überzogen würde. Dafür gab es nämlich Gesetze.
    Davon hatte er seiner lieben Gattin nichts sagen wollen. Sie hatten sich nur wenige Jahre zuvor in einer Organisation liberaler Juristen kennen gelernt und ein Jahr darauf geheiratet, und einen General im Haus zu haben, stand vermutlich nicht besonders weit oben auf ihrem ehelichen Wunschzettel. Eines Abends nach einem guten Essen, als sie im Musikzimmer saßen und eine wunderbare Aufnahme von Mahlers zweiter Symphonie genießen wollten, hatte er sich dann trotzdem ein Herz gefasst und die ganze schreckliche Geschichte erzählt.
    »Ja, ja, mein Liebster«, sagte sie tröstend und streichelte sei- nen Arm. »Es gibt Schlimmeres. Jetzt geh rauf und zieh sie dir an, damit ich weiß, wie du aussiehst darin. Ich verspreche auch, nicht zu lachen.«
    Und sie hatte auch nicht gelacht. Ihre Augen hatten auf seltsame Weise gefunkelt und ihn ganz anders angesehen als je zuvor. Und so hatte es angefangen.
    Beim ersten Mal hatten sie Krieg gespielt. Und da seine Schwiegermutter aus Norwegen kam und seine Frau fließend Norwegisch sprach, hatte Schweden Norwegen besetzen müssen. Daran ließ sich nichts ändern. Zuerst hatte er die ganze Uniform getragen, ja, nicht die Schuhe natürlich, die hatte er abgestreift, und diese verdammte Mütze war ihm schon mehrmals vom Kopf gefallen, aber ansonsten trug er die vollständige Uniform. Es war ein einzigartiges Erlebnis gewesen. Danach war er auf den Balkon getreten, um sich zu sammeln, und wo er schon einmal dort stand,

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