Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters
gearbeitet hat, hat er angeblich einem Stabsmajor, der seinen Whisky versteckt hatte, eine reingesemmelt. Er war damals offiziell wehrpflichtiger Hauptgefreiter und im Zivilleben Professor für Mathematik in Uppsala. Danach ist er nach Stockholm übergewechselt, um seinen geliebten Computern näher zu sein.«
»Wenn wir hier vom Zweiten Weltkrieg reden«, sagte Waltin, »dann erklärt das möglicherweise so allerlei. Seit damals ist ja schließlich allerlei Wasser ins Meer geflossen. Die fahre vergehen, wie es so schön heißt.«
Berg schüttelte nachdenklich den Kopf.
»Senil ist er nicht. Er hat übrigens unser System für Codes und Chiffrierung entwickelt. Er hat uns Millionen an Computerkosten gespart. Wir hatten noch vor einem halben Jahr dienstlich miteinander zu tun, und da war er so klar im Kopf wie eh und je. Weißt du, was wir machen?«, fügte Berg hinzu und nickte auffordernd. »Ich rufe ihn an, und dann fahren wir zusammen hin, damit ich dich ihm ordnungsgemäß vorstellen kann.«
»Fine with me«, sagte Waltin und zuckte mit den Schultern. Was hätte er auch sonst sagen sollen?
Wo ich doch beschlossen habe, dir zu vertrauen, dachte Berg.
Professor emeritus Johan Forselius wohnte in einer riesigen altmodischen Wohnung in der Sturegatan. Sie mussten eine Weile warten, ehe sie eingelassen wurden, und danach hatten sie sich durch einen dunklen Flur zu einem abgelegenen und verräucherten Arbeitszimmer tasten müssen.
»Das liegt an diesem Weibsbild vom Pflegedienst«, knurrte der Professor. »Ich sage ihr schon den ganzen Herbst, dass sie im Flur neue Birnen eindrehen muss, aber das Mensch wirkt total gehirngeschädigt. Und sie spricht nur so ein unverständliches polnisches Kauderwelsch.«
Forselius putzte sich nachdrücklich mit den Fingern die Nase und wischte sie dann an seiner Hose ab.
»Wenn die Herren Kaffee wollen, dann müssen Sie den selbst aufsetzen«, sagte er und starrte Waltin übellaunig an. »Ich selbst hätte nichts gegen einen kleinen Cognac.«
Der Professor ließ sich in einen durchgesessenen Ledersessel sinken und nickte Berg zu, damit auch der sich setzte. Danach sah er wieder zu Waltin auf. Diesmal auf auffordernde Weise.
»Ja, was meinst du, Claes?«, sagte Berg zuvorkommend und nickte Waltin zu. »Eine Tasse Kaffee würde uns doch gut tun.«
»Die Küche liegt dahinten?« Waltin bewegte den Kopf in Richtung des verdunkelten Wohnungsinneren.
»Wenn der Polizeidirektor einen Herd finden, ist der Polizeidirektor auf dem richtigen Weg«, sagte der Professor mit zufriedenem Grinsen. »Der Cognac steht in der Vitrine. Und bringen Sie die Flasche mit, vielleicht will Erik ja auch einen, denn der Polizeidirektor muss sicher noch fahren?«
Waltin begnügte sich mit einem freundlichen Lächeln.
Zwei Monate zuvor hatte Professor Forselius einen Brief aus den USA erhalten. Absender war ein gewisser John P. Krassner, der sich als Forscher und Schriftsteller ausgab und behauptete, ein Buch über die sicherheitspolitische Situation im Europa der Nachkriegszeit zu verfassen, letzt hatte er vor, nach Schweden zu kommen, und deshalb bat er um ein Interview. Es war keine ungewöhnliche Anfrage für einen Mann wie Forselius: Er war ein sagenumwobener Codeknacker aus Kriegstagen und ein gefragter Vortragsreisender in der ganzen westlichen Welt. Forselius bekam jeden Monat solche Schreiben, obwohl er seit über zwanzig Jahren offiziell nichts mehr mit dem Militär zu tun hatte, und er hatte dasselbe getan wie immer. Er hatte den Brief in den Papierkorb geworfen.
»Wer zum Teufel will schon mit so einem reden«, sagte Forselius und nahm einen gediegenen Schluck Cognac. »Aber vorgestern klingelt es also an der Tür, und ich dachte zuerst, dieser verdammte Pflegedienst hätte mir noch so eine verdammte Ausländerin geschickt, aber dann ist dieser Scheiß-Krassner, der mich interviewen wollte, auf meiner eigenen Türschwelle erschienen.«
Berg nickte verständnisvoll. Dieser Pflegedienst, dieser Pflegedienst.
»Du hast ihn also reingelassen?«
»Hmm«, sagte Forselius und schnupperte ausgiebig an seinem Cognacschwenker. »Zuerst wollte ich den Mistkerl einfach rauswerfen, er war ein kleiner Scheißer, und auch, wenn man mit den fahren abbaut, wäre es keine große Leistung gewesen.«
Forselius grunzte zufrieden und schaute Waltin fast lüstern an.
»Aber dann hat er etwas gesagt, was mich neugierig gemacht hat.«
»Erzähl«, sagte Berg.
»Er sollte mich von einem alten Bekannten
Weitere Kostenlose Bücher