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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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hinausgezogen waren, hatte seine Frau ihn manchmal damit aufgezogen. »Ach, wie schön«, hatte sie dann gesagt, »dass wir endlich einen offenen Kamin haben und ich mir nicht mehr ansehen muss, wie du im Spülbecken herumkokelst.« Berg hatte solche Sticheleien mit Fassung ertragen, denn er hatte sich in all den Jahren immer bessere und modernere Reißwölfe zugelegt und besaß natürlich zu Hause immer das neueste und beste Modell, aber wenn Papiere gründlich vernichtet werden sollten, dann war Feuer doch allen anderen Methoden überlegen. Zuerst wurde es entfacht, dann musste man die Asche noch einmal zerdrücken und verstreuen.
    In Forselius’ Bericht konnte Berg drei Ebenen ausmachen. Auf der ersten befand sich die grundlegende Frage, ob in seinen Überlegungen überhaupt irgendeine Wahrheit lag oder ob er sich das alles nur einbildete. Gerade diesen Aspekt hatte Forselius besonders sorgfältig mit ihm diskutiert. Forselius war allgemein bekannt für seine Fähigkeit, sich selbst zu hinterfragen. »In der Welt, in der ich lebe, gibt es weder für Lügen noch für Wunschdenken Platz«, hatte er bei ihrer ersten Begegnung zu Berg gesagt.
    Natürlich hatte Berg auch versucht, ihn in diesem Punkt in die Enge zu treiben. Wie sah er selbst den Verdacht, den Krassner in ihm erweckt hatte?
    »Wenn es hier um eine Wette ginge, würde ich mein gesamtes Vermögen darauf setzen, dass er etwas weiß und dass das, was er weiß, zutrifft und dass die Lage sogar so übel ist, dass er beweisen kann, dass er Recht hat.«
    An dieser Stelle hatte Forselius kurz aufgelacht und sich neuen Cognac eingeschenkt.
    »Aber was er weiß, und wie viel er weiß?«
    »Du hast in dieser Hinsicht überhaupt keine Vorstellung?«, fragte Berg.
    »Nee«, sagte Forselius. »Wenn er nicht mit meinem alten Bekannten verwandt wäre, würde ich sicher davon ausgehen, dass er sich einfach nur wichtig machen will. Oder dass er ganz allgemein herumschnüffelt, wie es diese humanistischen Pressefritzen eben an sich haben.«
    Forselius nahm sich einen großzügigen Schluck.
    »Wie du sicher siehst, ergibt das alles einen Sinn«, sagte er dann. »Aber wahr oder nicht wahr? Wenn es nicht wahr ist, dann lass die Sache fallen. Wenn es wahr ist, ganz oder auch nur zum Teil, dann müssen wir ran. Was ist wahr, und was ist nicht wahr? Wenn wir das herausgefunden haben, können wir auf die oberste Ebene springen. Ist das, was wahr ist, überhaupt interessant, und wenn ja, für wen? Aber das sind empirische Fragen, und du hast doch diesen schlauen Typen mit der Uhr und dem feschen Anzug, der die Grobarbeit übernehmen kann.«
    Hier schlug sein Lachen in einen leichten Hustenanfall um.
    »Das wäre so, wie einen Code zu knacken«, sagte Berg.
    »Na ja«, sagte Forselius. »Du bist schon in Ordnung, Berg, und du bist sicher auch kein Dummkopf, aber in meiner Welt …«
    Forselius breitete die Hände aus.
    »Ich weiß, ich weiß«, sagte Berg und lächelte abwehrend. »Mathe war noch nie meine Stärke.«
    So sei es also, dachte Berg, aber wie soll ich Waltin dazu bringen, sein Äußerstes zu leisten, ohne ihn in die Details einzuweihen? Was ihn selbst betraf, so wusste er genau, was er zu tun hatte. Er hatte nicht vor, irgendwem auch nur eine Silbe von Forselius’ Mutmaßungen zu verraten. Erst brauchte er Informationen, und wenn er die hatte, konnte er Stellung dazu beziehen. Und entscheiden, wer über was informiert werden sollte.
    In der schönen Welt, in der Forselius und seinesgleichen weilten, in der alles und sogar das Chaos geordnet und beschrieben und erklärt werden konnte, mit Hilfe von Symbolen und Funktionen, gab es natürlich keinen Platz für menschliche Störelemente von der Sorte, mit der Berg konfrontiert wurde, als er am Montagmorgen an seinem Arbeitsplatz erschien.
    »Willkommen«, sagte seine Sekretärin und lächelte. »Du bist zu einem überaus feinen Mittagessen eingeladen.« »Wann denn?«, fragte Berg.
    »Heute«, sagte seine Sekretärin. »Der Sonderbeauftragte des Ministerpräsidenten hat vorhin angerufen und wollte wissen, ob du heute Mittag Zeit hast. Er bittet um Rückruf.«
    »Wie hat er sich angehört?«, fragte Berg und bereute diese Frage im selben Moment.
    »Ganz reizend«, sagte die Sekretärin überrascht. »Wieso? Ist was passiert?«
    ’ Berg schüttelte den Kopf. Ob ich Zeit habe? Was habe ich denn für eine Wahl? Keine, dachte er.
    Er hatte ausgesehen wie immer, halb gesenkte Augenlider, dasselbe verächtliche Kräuseln der

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