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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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sie das tun übrigens, dann könnten wir dem bösen Feind wenigstens eins seiner möglichen Argumente entziehen.«
    »Der Haken ist sicher unsere Neutralitätspolitik«, sagte Berg, der sich sicherer und scharfsichtiger wähnte wie lange nicht mehr.
    »Natürlich. In unserer Welt ist nichts nur gut oder schlecht. Wir sind auch die Gefangenen unserer Kompromisse, und so lange wir hier zu Lande nicht ganz sicher sind, wie die Sache ausgehen wird, sind wir Weltmeister im Kompromissemachen.«
    »Ich glaube, das war eine ziemlich gute Zusammenfassung der schwedischen Nachkriegspolitik«, sagte Berg zustimmend.
    »Und weder du noch ich sind als Erster auf diese Gedanken gekommen.«
    »Das sicher nicht«, sagte Berg.
    »Aber wir sind diejenigen, die dabei in eine Klemme geraten können, und von uns wird erwartet, dass wir uns und alle anderen, die uns unsere Jobs gegeben haben, aus dieser Klemme wieder herausholen, und wenn uns das nicht gelingt, dann werden wir, solche wie du und ich, noch ein wenig mehr in die Mangel genommen.«
    »Sag Bescheid, wenn du dir einen neuen Job suchen willst«, sagte Berg und lächelte.
    »Wie sieht es also diesmal aus?« Der Sonderbeauftragte des Ministerpräsidenten musterte seinen Gast mit ernster Miene. »Gibt es so eine verdammt öde, einfache, historisch bedingte und private Selbstverständlichkeit, die ausreichend massenmedientauglich ist, um uns in eine Klemme zu bringen?«
    »Das versuche ich gerade festzustellen«, sagte Berg.
    »Wie schön!«, sagte sein Gastgeber nachdrücklich. »Dann gehen wir das gemeinsam an. Und am Liebsten ganz ohne Spiegel.«
     
    *
     
    Am Montagmorgen um kurz vor acht hatte Kriminalassistentin Jeanette Eriksson das Haus in Norr Mälarstrand betreten, wo sie mit Waltin verabredet war. Ein Gebäude im Bauhausstil mit großen Balkonen und bester Aussicht über das Wasser und die Hügel von Söder auf dem anderen Ufer. Die Firma, deren Räumlichkeiten sie aufsuchen sollte, lag zwei Treppen hoch, aber das Namensschild im Foyer verriet auch, dass im Obergeschoss ein Waltin hauste. Wenn das seine Privatwohnung ist, dann hat er jedenfalls eine fantastische Aussicht, dachte Kriminalassistentin Eriksson. Das Büro war auch nicht schlecht; zwar klein, aber hell, modern, praktisch und diskret möbliert. Ganz sicher viel teurer, als es aussah. Waltin war gut angezogen, frisch rasiert, dynamisch und bot frisch aufgegossenen Kaffee an. Spannender Typ, dachte sie. Wie er wohl privat ist?
    »Also, Jeanette«, sagte er und lächelte. »Erzähl.«
    Was besagten Krassner anging, so gab es nicht viel zu erzählen. Noch nicht, denn auch in den USA war Wochenende gewesen, und da sie nicht den normalen Dienstweg gehen konnte, würde die Sache natürlich Zeit brauchen. Aber immerhin hatte sie ihn gefunden.
    »Er wohnt im Studentenwohnheim Nyponet im Körsbärsvägen, im fünfzehnten Stock auf so einem Studentenflur mit acht Zimmern und gemeinsamer Küche. Er hat das Zimmer über eine internationale Mitwohnzentrale von seinem eigentlichen Bewohner übernommen.«
    »Und wer wohnt sonst noch auf diesem Flur?«, fragte Waltin.
    »Ein Zimmer steht leer, der Bewohner scheint zu seinen Eltern gefahren zu sein. Er studiert Jura und kommt aus Östergötland. Seine Mutter hatte vor einem Monat einen schweren Verkehrsunfall. Die andern sechs, außer Krassner eben, sind normale Studenten von Mitte zwanzig. Alles Männer, auch wenn ich nicht glaube, dass da nach Geschlechtern getrennt gewohnt wird. Ich kann das überprüfen, wenn du willst?«
    Waltin schüttelte den Kopf und lächelte vage.
    »Na gut«, sagte Eriksson. »Einer der Typen geht auf die TH, einer auf die Handelshochschule, einer studiert Sport, einer Staatswissenschaft, einer Soziologie und einer Informatik. Alle sind Schweden, bis auf Letzteren, er ist so eine Art Austauschstudent aus Südafrika. Er hat für dieses Semester ein Stipendium bekommen, ist ein Farbiger. Ist auch älter als die anderen, achtundzwanzig, geboren in Pretoria. Das Stipendium hat er vom schwedischen Gewerkschaftsbund.«
    Typisch, dachte Waltin. Die Sozis und ihre Neger und Araber und die ganzen anderen Kanaken.
    »Wissen wir irgendwas über diese Leute?«, fragte er.
    »Weder wir noch die Polizei vor Ort. Wenn wir diesen Kram mal beiseite lassen, mit dem alle Typen sich als Teenies amüsieren. Der Sportstudent scheint auf dem Gymnasium ein bisschen wild gewesen zu sein, aber sonst, nein, alles ganz normale schwedische Studenten. Keiner kommt aus Stockholm,

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