Zwischen dir und mir
lässt.«
Alex hob langsam den Kopf und schaute sie aus seinen warmen braunen Augen an. So saßen sie eine Weile da und schwiegen.
Das eine Lid war immer noch etwas geschwollen. »Tut’s noch weh, dein Auge?«, fragte Lisa schließlich.
Er nickte nur.
»Es tut mir leid. Ich wollte das alles nicht.«
Er lachte. »Wäre ja noch schöner. Aber ist jetzt egal. Passt schon. Wir sind nicht hier, damit ich rumflenne.«
»Wirklich?«, fragte sie ihn und schaute seine Verletzungen skeptisch an. Doch mit seinem Grinsen löschte er die letzten Zweifel aus ihrem Gewissen.
»Erklär mir lieber, warum ich heute überhaupt den ganzen Ärger mit Dennis hatte?«
Sie blickte zu Boden, schaute sich um und schwieg, bis die Bedienung die Getränke und das Essen serviert und Alex einen ersten Bissen genommen hatte.
»Ich wollte mich trotzdem entschuldigen und … und bedanken. Das war mutig von dir. Dass du dich einfach dazwischengestellt hast. Ich war im ersten Moment total verwirrt. Ich hatte echt Angst … vor meinem Freund. Scheiße.« Sie wurde etwas rot und musste lachen. Unpassend. Sie lachte immer, wenn sie nervös war.
Die Verwunderung über dieses Lob stand ihm ins Gesicht geschrieben. Das Baguette in beiden Händen, stutzte er und zuckte mit den Schultern: »Weißt du was. Ich hatte verdammt viel Wodka getrunken. In dem Moment habe ich nichts gedacht. Vielleicht war es einfach der Alkohol.« Er hielt inne und schaute nach draußen, während er sich die Stirn rieb. »Ich frage mich auch die ganze Zeit, warum ich es gemacht habe«, sprach er weiter und seine Augen schauten sie wieder so prüfend an. »Ich habe keine Ahnung. Aber ich brauch keine Dankbarkeit für etwas, was ich nicht selbst getan habe, sondern irgendetwas in mir drin.«
Sie war verwirrt. »Warum hast du ihm diese Fragen gestellt?«
»Ich weiß es nicht.«
Sie bemerkte, wie er unbehaglich wegguckte. Ehe sie nachfragen konnte, hatte er den Kopf geschüttelt und weitergesprochen. »Lisa, ich glaube, du weißt, dass das alles nicht richtig ist. Es passt nicht. Ich glaube, du solltest mich besser vergessen«, fügte er hinzu.
»Sag das nicht«, erschrak sie.
»Wieso?«
»Ich glaube, du kannst mehr sein, als du bist.« Damit hatte sie etwas ausgesprochen, bevor sie es gedacht hatte.
Ein etwas erstauntes Nicken. »Aha.«
»Nein, wirklich«, unterstrich sie ihre Worte.
Er schluckte einen großen Bissen runter, bevor er mit einem Kopfnicken auf sie zeigte. »Keine Ahnung, was ich sein kann. Muss man denn immer so viel mehr sein? Ich denke, du könntest weniger sein, als du manchmal glaubst, sein zu müssen.«
Sie überlegte, warum es für den ersten Moment so negativ klang.
»Du bist die Prinzessin der Schule, du und Dennis seid das Traumpaar schlechthin. Entschuldigung, wart! Egal, du wirst sofort einen noch besseren Jungen finden! Finden …? Du musst gar nicht erst suchen«, lachte er auf. »Du bist gut in der Schule. Du gewinnst jeden Klavierwettbewerb. Jeder Lehrer, jeder Mensch liebt dich einfach – ohne dich wirklich zu kennen.«
Sie schaute ihn verblüfft an und fing an zu verstehen: Weniger sein, als du manchmal glaubst, sein zu müssen. Die Worte schwirrten durch ihren Kopf und begannen, ihr zu gefallen. Ohne dich wirklich zu kennen. Er fand die richtigen Worte für ihre Sorgen. Unwillkürlich musste sie an Dennis denken. Er hatte immer einen passenden Spruch oder Ratschlag bereit, aber bei Alex klang das alles echter. Viel direkter.
Sie trank einen Schluck Tee. Alex hatte aufgegessen. Er stellte sie vor so viele Rätsel. Keine beklemmende Ungewissheit. Vielmehr eine Herausforderung.
»Mist, es ist schon spät. Ich wollte heute eigentlich noch zum Friseur«, seufzte er und strich das volle Haar, das ihm bis über die Augen fiel, aus dem Gesicht, sodass eine Wunde auf der Stirn sichtbar wurde.
War es nur Mitgefühl? Warum wollte sie ihn plötzlich am liebsten in die Arme schließen? »Ich mag sie so«, flüsterte sie, von sich selbst überrascht.
Alex schaute hinaus zum Fenster. »Ich deine auch.« Sofort wurde er rot.
»Danke schön«, sagte sie leise.
»Wahrscheinlich hörst du das oft, oder?«
»Ja. Aber du hast es anders gesagt.«
»Und ich mag deine Augen«, brachte er sie in Verlegenheit.
»Wieso?«, fragte sie. War das ein Flirt?
»Ich weiß es noch nicht.«
»Du willst mich also näher kennenlernen?« Wenn es einer war, würde sie ihn bestimmt nicht beenden.
»Ich will es versuchen.«
»Oh, so schwer ist das nicht«,
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