Zwischen Ewig und Jetzt
Hand vor den Mund, doch ich kann sehen, dass sie die Auseinandersetzung genießt. Maximilian greift sich noch ein Brötchen vom Tablett.
Ich sehe mich hektisch um und reiche Niki eine Serviette für seine blutende Nase. Partyservice Meyer. Zur rechten Zeit am rechten Ort. »Er hat mir geholfen«, sage ich verzweifelt, »und ihr … ihr …«
»Ihr was?«, sagt Maximilian und kaut. Er schaut mich neugierig an. Neugierig wie ein Forscher, der etwas besonders Merkwürdiges unter seinem Mikroskop findet.
»Ich habe ihn angerufen«, mischt sich nun endlich auch Felix ein, »vergesst das nicht. Und Julia gehört zu mir. Das solltet ihr auch nicht vergessen. Wenn euch das nicht passt, nun, dann verpisst euch, oder so. Keine Ahnung. Gibt es jetzt noch irgendwelche Probleme, die geklärt werden müssten?«
Niemand erwidert etwas, während Felix einen nach dem anderen ansieht. Konrad guckt wütend und verletzt. Er will etwas sagen, schüttelt dann aber den Kopf. Fred nimmt die Hand vom Mund, Anni schlägt die Augen nieder. Nur Maximilian zuckt mit den Schultern und sagt: »Mich musst du nicht ansehen, Alter. Ich hab überhaupt keine Probleme. Mit niemandem.«
»Dann wäre das ja geklärt«, sagt Felix. »Julia, Niki, wir sollten gehen. Diese Party ist definitiv vorbei.«
»Okay. Redet mit mir. Irgendwas. Übers Wetter, wenn’s sein muss.« Ich renne jetzt schon seit Stunden neben Felix und Niki her. Eigentlich zwischen ihnen, wenn man’s genau nimmt. Die Tasche mit dem ganzen Übernachtungskram wird schwerer und schwerer.
Es hat zu regnen aufgehört, ist aber recht kalt. Überall glänzen Pfützen im Licht der Straßenlaternen. Ab und an kommt ein Auto vorbei.
Felix hat seine Kapuze aufgesetzt und die Hände in der Jacke vergraben, sein Rucksack hängt halb über seiner Schulter. Niki ist unter seiner Mütze verschwunden und presst sich mit einer Hand ein Taschentuch gegen die Nase. Ab und an höre ich ihn schniefen, das ist aber auch schon alles, was ich höre.
Ich habe das noch einmal erzählt, das mit dem Laptop. Und wie unheimlich es war, weil ich allein war, alle mit einem Mal verschwunden waren. Wie sich herausgestellt hat, haben die anderen Vier im Musikzimmer auf dem Klavier herumgehämmert und angeblich nichts mitgekriegt. Da das Musikzimmer eine schalldichte Tür hat und ich kein Klavier gehört habe, glaube ich ihnen sogar.
Nach meinem hysterischen Abgang aufs Klo ist die Nachricht gelöscht worden. Anni hat nachgesehen, und der Laptop war aus. Von Nachricht keine Spur, aber was heißt das schon? Wenn der Geist jetzt tippen kann, dann findet er wohl auch den Aus-Knopf.
Ich überlege, was dieser Abend für meine Beziehung zu Felix bedeutet. Er hat eine Menge einstecken müssen, die letzte Zeit, eine Menge Niki.
Und dann überlege ich, was dieser Abend für meine Beziehung zu Niki bedeutet. Ich führe ihm recht deutlich vor, dass ich mit Felix zusammen bin: Der tiefere Sinn einer »Pyjamaparty« wird ihm nicht entgangen sein. Wenn ich so weitermache, werde ich bald alleine dastehen. Allein mit der Stimme. Die beiden reden ja jetzt schon nicht mehr mit mir.
»Also«, sagt Felix in diesem Augenblick.
»Ja?« Ich drehe mich hoffnungsvoll zu ihm, aber er spricht über meinen Kopf hinweg mit Niki.
»Also, das mit Konrad, das war Scheiße. Ich rufe dich an, damit du mir hilfst, und dann das.«
»Allerdings.« Niki nimmt das Taschentuch weg und betrachtet es. Dann hält er es sich wieder unter die Nase.
»Ich schulde dir was.«
»Du schuldest mir gar nichts. Ich bin nicht wegen dir gekommen«, erwidert Niki.
Ich wende mich ihm zu. »Hörst du die Stimme noch?«
Niki schnauft. »Mal lauter, mal leiser. Im Augenblick geht’s.«
Wieder laufen wir schweigend weiter. Scheint so, als seien beide wütend auf mich. Na gut, sollen sie. Immer noch besser als aufeinander. An der Ecke zur Siedlung bleibe ich stehen.
Die Jungs drehen sich um.
»Was ist?«, fragt Felix.
»Ich kann nicht«, erwidere ich. »Ich kann jetzt nicht nach Hause. Mama hat Klaus eingeladen. Das war der Preis dafür, dass ich zu Annis Party durfte.«
»Oh«, macht Felix. Er sieht zu Niki. »Was machen wir jetzt mit ihr?«
»Wieso?«, fragt Niki ihn. »Sie schleicht sich rein und geht auf ihr Zimmer. Und am nächsten Morgen erklärt sie ihrer Mutter, dass die Party ein Haufen Mist war, was ja auch stimmt, und sie deshalb früh gegangen ist.« Erst jetzt fällt mir auf, dass er noch nie bei uns zu Hause war.
»Julia kann
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