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Zwischen Ewig und Jetzt

Zwischen Ewig und Jetzt

Titel: Zwischen Ewig und Jetzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lucas
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entschlossen von sich, »muss ich wieder rüber und die Ehre meiner Mannschaft retten.«
    »Unbedingt.« Ich schmiege mich wieder an und suche seine Lippen.
    »Nein, ehrlich«, murmelt Felix und hebt mich entgegen seiner Ankündigung auf den Mattenstapel.
    »Mmh«, mache ich, weil man in so einer Situation ja auch gar nicht viel mehr machen kann, und schlinge meine Beine um ihn.
    Er zieht mein Becken dicht an sich heran und ich kann spüren, wie erregt er ist. »Julia, verdammt«, stöhnt er und streichelt meinen nackten Schenkel. Dann macht er sich los. Tritt einen Schritt zurück und streckt mir abwehrend beide Hände entgegen. »Ich muss zurück. Und du bleibst, wo du bist.« Rasch zieht er sich die Trainingsjacke aus und bindet sie sich um die Taille.
    Ich muss kichern.
    »Ja, ja, echt lustig. Nein, bleib bloß da sitzen. Keinen Schritt näher. Ich sehe auch so schon aus wie ein Triebtäter auf Freigang.« Er zwinkert mir zu, schnappt sich die Hockeybälle und verschwindet zur Ehrenrettung seiner Mannschaft.
    Ich lächele immer noch, als ich mit hochrotem Kopf wieder aus dem Gerätegraben auftauche. Soweit ich sehen kann, hat tatsächlich niemand der anderen meine Abwesenheit bemerkt. Niemand außer Anni, die mich mit ausdruckslosem Gesicht beobachtet. Ich starre zurück, und sie versaut ihre Annahme.
    »Anni! Konzentrier dich!«, ruft Fred. »Was ist nur mit dir los?«
    Ja, was ist, Anni? Was ist mit dir los?
     
    Er tut zwar so, als wolle er mir helfen, aber eigentlich blockt Felix nur ab. Ich soll nicht allein mit Anni reden, er will es tun, aber er verschiebt es. Hat zu tun. Findet nicht den richtigen Zeitpunkt. Vielleicht versteht er auch einfach nicht, dass ich die Sache nicht gerade auf die leichte Schulter nehme.
    »Anni«, rufe ich ihr also nach, als ich sie drei Tage später allein in der Pausenhalle sehe, »ich muss dich kurz sprechen.«
    Sie geht weiter, die Tasche mit den Büchern an sich gedrückt. »Was willst du?«
    »Können wir nicht mal stehen bleiben?«
    »Wir kommen zu spät zu Physik.«
    »Nur eine Minute.«
    Widerwillig bleibt sie stehen. »Was denn?«
    »Ich würde gern mal mit dir reden. In Ruhe.«
    Das hat umschlagenden Erfolg: Anni wird weiß wie die Wand. »Wo.. worüber?«, stammelt sie.
    Über die Wirkung meiner Worte bin ich selbst erstaunt. »Sag du es mir.« Ich versuche, möglichst finster zu gucken, damit sie damit rausrückt. Ich erwarte ein Geständnis.
    Aber doch nicht so eins: »Es geht um Felix, nicht wahr? Die Berlinfahrt.« Anni kaut auf ihrer Unterlippe. »Du musst mir glauben: Da war nichts. Wirklich nicht. Wir hatten etwas getrunken, Erik hatte uns Wein besorgt. Wir … wir waren betrunken.«
    Mir ist, als hätte man mich mit Eiswasser übergossen. Irgendetwas Spitzes bohrt sich in meinen Magen, während die Stimmen in der Halle leiser werden, unwirklicher. Ich fühle nichts, gar nichts mehr. »Aber etwas ist schon passiert«, sage ich, als wenn ich davon wüsste.
    »Wir haben geknutscht, rumgemacht, mehr nicht. Es war ein Versehen. Bei der Buchung. Erik hatte drei Doppelzimmer gebucht, und eh ich mich versah, waren Felix und ich zusammen in einem Zimmer. Es ist nichts passiert.« Sie umklammert ihre Büchertasche wie ein Schutzschild.
    Freds Worte damals auf dem Schulhof fallen mir wieder ein: Dieses Mal ergeben sie einen ganz anderen Sinn. »Wer könnte es schon mit ihm aufnehmen, nicht wahr, Anni? Mit Felix aufnehmen«, wiederhole ich sie. »Du warst es doch, die gemeint war. Du warst schon immer in ihn verliebt.«
    »Verliebt? Verliebt?« Jetzt lässt sie ihre Büchertasche ein Stückchen sinken. Und starrt mich mit solch einem Widerwillen an, als sei ich gerade eben unter einem Stein hervorgekrochen. »Ich war mit ihm zusammen, bevor du hier aufgetaucht bist. Wie aus dem Nichts heraus. Und plötzlich war alles anders. Plötzlich hieß es nur noch Julia hier und Julia da …« Die Tasche ruckt wieder hoch. »Wie gesagt: Es ist nichts passiert. Wir müssen jetzt los. Wir kommen sonst zu spät.« Sie dreht sich um und steigt die Treppen hoch.
    Ich folge ihr nicht. Mein Inneres ist wie aus Eis. Ich kann mich nicht bewegen. Habe ich behauptet, Mathe sei beherrschbar? Ist es nicht. Eins und eins macht noch immer eins, da gibt es keine Lösung. Es ist niemandem zu trauen.
     
    Ich sah die Clique das letzte Mal an einem Freitag. Es war der letzte Tag auf meiner alten Schule und unnatürlich heiß für diese Jahreszeit. Wir waren alle irgendwie zu warm angezogen,

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