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Zwischen Himmel und Liebe

Zwischen Himmel und Liebe

Titel: Zwischen Himmel und Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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wollen. So ist es im Film immer, aber bei ihr war es ganz anders. Sie war vollkommen ruhig, obwohl ich merkte, dass sich unter der Oberfläche ein Gewitter zusammenbraute, das jederzeit ausbrechen konnte, je nachdem, was für eine Antwort ich parat hatte. Sie studierte mein Gesicht und suchte nach Antworten, die sie niemals glauben würde.
    Ich glaube, bisher hatte mich noch nie jemand gefragt, ob mit mir alles in Ordnung ist. Daran dachte ich, während sie mein Gesicht so eindringlich musterte. Eins war mir sonnenklar, nämlich dass mit mir nicht alles in Ordnung war. Ich fühlte mich angespannt, müde, wütend, hungrig, und dann war da noch der Schmerz, ein Schmerz, der von meiner Brust ausging und sich von dort durch meinen ganzen Körper und bis in den Kopf zog. Ich fühlte, dass sich meine Ansichten und meine Lebensphilosophie über Nacht völlig verändert hatten. Die Überzeugungen, die ich nur zu gern in Stein gehauen und rezitiert hatte, auf denen ich ohne Ende herumgeritten war. Es war ein Gefühl, als hätte der Zauberer des Lebens seine versteckten Karten aufgedeckt und mir offenbart, dass es gar keine Zauberei war, was er gemacht hatte, sondern ein schlichter Taschenspielertrick. Oder eine Lüge.
    »Ivan?« Sie sah besorgt aus. Ihr Gesicht wurde weich, ihre Arme lösten sich aus der Verschränkung. Sie machte einen Schritt auf mich zu und streckte mir die Hände entgegen.
    Ich brachte kein Wort heraus.
    »Komm, gehen wir ein Stück«, sagte sie, hakte sich bei mir unter, und so verließen wir die Fuchsia Lane.
     
     
    Schweigend wanderten sie durch die wunderschöne Landschaft. Vögel schmetterten in der Stille des frühen Morgens, klare Luft füllte ihre Lungen, Kaninchen sausten wagemutig über ihren Weg, Schmetterlinge tanzten und gaukelten um sie her, während sie gemächlich am Waldrand entlangwanderten. Die Sonne schien durch die Blätter der Eichen und bestreute ihre Gesichter mit goldenen Lichtsprenkeln. Wasser plätscherte neben ihnen her, frischer Eukalyptusduft stieg ihnen in die Nase. Schließlich erreichten sie eine Lichtung, die Bäume reckten die Zweige und präsentierten mit stolzer Geste den kleinen See. Sie überquerten eine Holzbrücke, setzten sich auf eine harte Bank und saßen schweigend nebeneinander, während die Lachse aus dem Wasser sprangen, um in der wärmenden Sonne Fliegen zu fangen.
    Elizabeth sprach als Erste. »Ivan, ich versuche, mein kompliziertes Leben so einfach wie möglich zu machen. Ich weiß jeden Tag genau, was mich erwartet, was ich zu tun habe, wohin ich gehe, wen ich treffen werde. Weil ich ständig mit komplizierten, unberechenbaren Menschen zu tun habe, brauche ich diese Stabilität.« Sie wandte den Blick vom See ab und sah Ivan zum ersten Mal, seit sie sich niedergelassen hatten, in die Augen. »Du« – sie holte tief Luft –, »du vertreibst diese Einfachheit aus meinem Leben. Du wirbelst die Dinge durcheinander, du kehrst das Unterste zuoberst. Manchmal gefällt mir das, Ivan, du bringst mich zum Lachen, du bringt mich dazu, auf der Straße und am Strand zu tanzen, als wäre ich irre, du gibst mir das Gefühl, ganz anders zu sein, als ich bin.« Ihr Lächeln verblasste. »Aber gestern Abend hast du mich dazu gebracht, dass ich mich fühle wie jemand, der ich nicht sein will. Ich
brauche
es, dass die Dinge einfach und überschaubar sind, Ivan«, wiederholte sie.
    Sie schwiegen.
    Nach einer Weile sagte Ivan: »Es tut mir sehr Leid wegen gestern, Elizabeth. Du kennst mich, es war nicht böse gemeint.« Er hielt inne und überlegte, ob er die Ereignisse der letzten Nacht erklären sollte. Fürs Erste entschied er sich dagegen. »Weißt du, Elizabeth, je mehr man versucht, die Dinge zu vereinfachen, desto komplizierter macht man sie. Man schafft Regeln, richtet Mauern auf, schiebt Leute weg, lügt sich selbst in die Tasche und ignoriert seine wahren Gefühle. Das vereinfacht die Dinge nicht.«
    Elizabeth fuhr sich mit der Hand durch die Haare. »Meine Schwester ist verschwunden, ich muss meinem sechsjährigen Neffen eine Mutter sein, wovon ich absolut nichts verstehe, mein Vater rührt sich seit Wochen nicht aus seinem Sessel am Fenster, weil er darauf wartet, dass seine Frau, die vor über zwanzig Jahren verschwunden ist, zu ihm zurückkommt. Als ich gestern Abend auf der Treppe saß und auf einen Mann ohne Nachnamen gewartet habe, der behauptet, er kommt aus einem Ort namens Eisatnaf – übrigens hab ich das Wort hundert Mal bei Google eingegeben und

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