Zwischen jetzt und immer
wieder wie neu.«
Monica nickte zustimmend.
»Was habt ihr denn bloß auf einmal?«, fragte ich. »Das ist doch bloß Wes.«
»Du sagst es.« Kristy kehrte zum Spiegel zurück und beugte sich vor, um ihr Dekolleté zu inspizieren. »Es hat nicht viele Vorteile, in der Pampa zu wohnen. Aber das ist definitiv einer davon.«
Ich schüttelte irgendwo zwischen belustigt und entnervt den Kopf und setzte mich aufs Bett. Monica zündete sich nun endlich ihre Zigarette an und streckte den Arm aus dem Fenster; spiralförmig stieg der Rauch außen an den Fensterläden hoch.
»Zierst du dich deshalb so sehr wegen heute Abend?« Kristy ließ sich neben mich aufs Bett plumpsen und warfeinen prüfenden Blick durch die offen stehende Tür den Flur entlang, wo man Stella im Wohnzimmer sitzen sehen konnte. Sie war fast sofort weggedämmert, als sie es sich vor etwa einer Stunde vor dem Fernseher bequem gemacht hatte. Und inzwischen machte sie tatsächlich den Eindruck, als schliefe sie tief und fest.
»Was meinst du?«
Kristy deutete mit dem Kinn Richtung Fenster. »Unser Wesley. Zwischen euch läuft doch was, oder? Mir ist zwar nicht klar, was, aber ihr spielt permanent dieses komische Spiel und –«
»Was da läuft, nennt man Freundschaft«, erwiderte ich. »Und es hat mit meiner Meinung über deine Pläne heute Abend nicht das Geringste zu tun. Du weißt doch, wie es ist. Jason und ich, wir sind nicht richtig zusammen, aber richtig vorbei ist es auch nicht. Ich habe momentan kein Interesse daran, irgendwelche neuen Typen kennen zu lernen.«
»Bis auf Wes«, sagte Kristy stur, weil sie wohl fand, das klarstellen zu müssen.
Ich warf ihr einen Blick von der Seite zu. »Das ist etwas ganz anderes. Schließlich ist er genauso liiert wie ich. Und das bedeutet, wir können einfach befreundet sein, ohne dass es für irgendjemanden komisch wäre oder so was.«
Kristy blickte mich an, als hätte sie soeben eine Erleuchtung gehabt. »Natürlich!« Sie schlug sich mit der Hand vor den Mund. »
Jetzt
kapier ich.«
»Was?«
Statt zu antworten beugte sie sich weit über die Bettkante und kramte eine Zeit lang unter ihrem Bett herum. Ich konnte hören, wie Sachen gegeneinander klirrten und rumpelten. Was um alles in der Welt bewahrte sie da unten auf? Doch als ich Monica einen fragenden Blick zuwarf, zogdiese bloß die Schultern hoch und atmete tief den Rauch aus, den sie inhaliert hatte. Endlich tauchte Kristys Kopf wieder oberhalb der Bettkante auf.
»Du und Wes«, verkündete sie triumphierend, »seid genau wie die beiden!«
Sie hielt ein dickes Taschenbuch in der Hand, ganz unverkennbar einen gewaltigen Schundroman mit dem Titel VERBOTEN, der in großen goldenen Lettern über der Abbildung eines Mannes im Piratenkostüm, Augenklappe und alles inklusive, auf dem Umschlag prangte. Der Pirat hielt eine sehr kleine Frau mit sehr großen Brüsten an sich gepresst. Im Hintergrund: eine einsame Insel mitten im tiefblauen Ozean.
»Wir sind Piraten?«, fragte ich.
Kristy klopfte mit dem Fingernagel auf das Buch. »In der Geschichte geht es um zwei Leute, die wegen der Umstände, in denen sie leben, nicht zusammenkommen können. Trotzdem lieben sie einander wie wahnsinnig; es kommt alles vor, der ganze Herzschmerz mit allem Drum und Dran. Natürlich alles heimlich, aber gerade weil sie sich nicht lieben dürfen, weil es verboten ist, ist ihre Liebe umso leidenschaftlicher.«
»Hast du dir das gerade ausgedacht?«
»Nein.« Kristy drehte das Buch um, überflog den Klappentext. »In der Zusammenfassung steht es auch. Bei Wes und dir läuft es genauso. Weil ihr nicht zusammen sein
könnt
,
wollt
ihr zusammen sein. Und ihr dürft es niemals zugeben, denn dann wäre eure Liebe ja nicht mehr heimlich und entsprechend weniger leidenschaftlich.«
Ich verdrehte die Augen. Monicas »Mmm-hmmm« dagegen klang, als leuchtete Kristys Erklärung ihr vollkommen ein.
Kristy legte das Buch zwischen uns aufs Bett. »Ich gebe zu, eine unerfüllte Liebe ist besser als eine reale«, meinte sie wehmütig und verschränkte nachdenklich die Arme vor der Brust. »Ich meine, so eine Liebe ist perfekt.«
»Nichts ist perfekt«, sagte ich.
»Nichts, was in Wirklichkeit existiert«, hielt sie dagegen. »Doch solange es nicht mal richtig losgegangen ist, braucht man sich keine Sorgen darüber zu machen, wie es eventuell enden könnte. Die Möglichkeiten sind unbegrenzt, die Zukunft steht einem weit offen.« Kristy stieß einen Seufzer aus, der genauso
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