Zwischen jetzt und immer
Emotionslos. »Macy hat mir schon viel von Ihnen erzählt. Ich freue mich, Sie kennen zu lernen.«
»Sie haben ein wunderschönes Haus«, sagte Kristy und klopfte mit der flachen Hand leicht auf die Oberfläche der Küchentheke. »Besonders dieses Coreal finde ich Spitze.«
»Corian.« Das kam aus dem Hintergrund, von Wes.
»Stimmt, so heißt das Zeug.« Kristy lächelte meine Mutter an, die angestrengt versuchte, gleichzeitig überall und nirgendwo hinzublicken – allerdings ohne Erfolg, weil ihre Augen wie magisch immer wieder von dem einen gewissen Punkt angezogen wurden. Doch meine Mutter hatte Glück im Unglück, denn es gab bei Kristy bekanntermaßen noch mehr anzustarren, etwa ihr Outfit. »Ihr Haus ist einfach der Wahnsinn, Mrs Queen. Ich habe schon zu Macy gesagt, wenn sie nicht aufpasst, ziehe ich hier ein. Ich hörte, Sie haben ein paar Extraschlafzimmer zu vergeben.«
Meine Mutter lachte höflich und warf mir einen Blick zu, den ich mit einem Lächeln erwiderte, das sich allerdings sehr angestrengt anfühlte. Als wären meine Lippen nicht mehr groß genug, um meine Zähne zu bedecken, sondern zögen sich schmerzhaft zurück. So habe ich früher gelächelt, dachte ich. Als Lächeln für mich noch Arbeit war.
»Mama.« Ich deutete auf Wes, der sich von der Glastür abgewandt hatte und zu uns herüberkam. »Das ist Wes.«
»Hi«, sagte Wes.
»Und Delia kennst du ja schon.« Ich nickte in Richtung des Sofas, wo Delia saß.
»Selbstverständlich. Wie geht es Ihnen?«, erkundigte sich meine Mutter.
»Sehr schwanger.« Delia lächelte. »Aber ansonsten gut.«
»Das Baby kann jederzeit kommen«, erklärte ich. Und weil meine Mutter daraufhin ein wenig alarmiert wirkte, fügte ich rasch hinzu: »Ich meine, jeden Tag, nicht jetzt sofort. Das da drüben sind übrigens Bert und Monica.«
»Hallo, schön, euch kennen zu lernen«, rief meine Mutter ins Wohnzimmer hinüber. Bert und Monica winkten grüßend zurück. »Haben Sie schon die große Neuigkeit, die Neuigkeit aller Neuigkeiten gehört?«, tönte der Moderator mit seinem gewaltigen Organ.
»Bert wollte diese Sendung unbedingt sehen«, sagte ich. »Es geht um . . . äh . . . gewisse Theorien.«
»Durchgeknallte Theorien von ein paar Spinnern«, ergänzte Kristy.
»Alles wissenschaftlich untermauert«, trompetete Bert.
»Leiser, Bert, du befindest dich in einem
Haus
.« Wie um seine Worte zu unterstreichen, machte Wes ein paar Schritte Richtung Wohnzimmer.
»Alles wissenschaftlich erwiesen«, sagte Bert, immerhin nicht ganz so laut. »Das Ende der Welt ist kein Witz. Die Frage ist nicht,
ob
es kommt, sondern nur
wann
.«
Ich warf einen Blick auf meine Mutter. Ihr Gesichtsausdruck – Verwirrung, Neugierde, vielleicht sogar Schock – war meinem eigenen an dem Tag, an dem ich das Team von
Wish Catering
kennen gelernt hatte, vermutlich gar nicht unähnlich. Doch als ich diesen Gesichtsausdruck nun an ihr wahrnahm, beschlich mich das Gefühl, dass das nicht unbedingt was Gutes bedeutete.
»Macy, kann ich dich bitte kurz in meinem Arbeitszimmer sprechen?«, fragte sie. »Unter vier Augen.«
»Äh . . . klar.«
»Ist es zu fassen?« Kristy hielt mir die Zeitschrift entgegen,um mir ein mit Korbmöbeln voll gestopftes Wohnzimmer zu zeigen. »Ist dir schon mal ein so unbequemes Sofa untergekommen? Also so, wie das aussieht, kann es doch nur total unbequem sein.«
Ich verneinte stumm und folgte meiner Mutter durch den kurzen Flur zu ihrem Arbeitszimmer. Wir gingen hinein, sie schloss die Tür und stellte sich sofort demonstrativ hinter ihren Schreibtisch. »Es ist nach zehn«, sagte sie mit gedämpfter Stimme. »Findest du das nicht auch ein wenig zu spät für Besuch?«
»Bert wollte so gern diese Sendung sehen«, antwortete ich. »Sie dauert bloß eine halbe Stunde. Außerdem dachte ich, du bleibst über Nacht in Greensboro.«
»Du musst morgen früh arbeiten«, sagte meine Mutter, als hätte ich das noch nicht mitgekriegt. »Außerdem ist der vierte Juli. Uns steht ein wichtiger und anstrengender Tag bevor. Oder hast du vergessen, dass ich dich gebeten habe, mir bei dem Feiertagspicknick zu helfen? Sobald du aus der Bibliothek zurück bist, ist es deine Aufgabe, am Eingang zum Park zu stehen und die Leute aus der Nachbarschaft zu begrüßen. Heute Abend Gäste einzuladen erscheint mir deshalb ziemlich unpassend.«
»Tut mir Leid. Sie gehen bald wieder.«
Sie sah nicht mich an, sondern ein paar Unterlagen vor sich auf dem Schreibtisch,
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