Zwischen jetzt und immer
Fleck von ihrem schwarzen Fransenrock wischte.
»Kommst du noch mit?«
Wie schon gesagt, sie fragte mich das jedes Mal. Ich konnte mich darauf verlassen, es war schon genauso zur Routine geworden wie alles andere in meinem anderen Leben, meinem Leben außerhalb von
Wish Catering
, einem Leben voller Stundenpläne und geregelter Abläufe, pünktlich wie die Kirchturmuhr. Kristy kannte ihre Rolle bei diesem Dialog und ich meine. Doch dieses Mal hielt ich mich nicht an den Text, sondern wagte etwas und improvisierte.
»Ja«, antwortete ich. »Gern.«
»Cool.« Erfreut lächelnd schlang sie den Riemen ihrer Handtasche über ihre Schulter. Sie wirkte nicht einmal besonders überrascht – was mich wiederum leicht irritierte. Als hätte sie gewusst, dass ich meine Meinung irgendwann ändern und auf ihren Vorschlag eingehen würde. »Na, dann mal los. Auf geht’s.«
Kapitel 7
»Wow, das wird toll.« Kristy steckte behutsam und geschickt den nächsten Lockenwickler in mein Haar, das sie gerade Strähne um Strähne einrollte. »Wart’s ab, die Frisur steht dir bestimmt super. Du wirst umwerfend aussehen.«
Wovon ich persönlich nicht so überzeugt war. Wenn ich gewusst hätte, dass Kristy mich komplett umstylen würde, bevor sie mit mir loszog, hätte ich es mir möglicherweise zweimal überlegt, bevor ich mich auf die Aktion einließ. Doch jetzt kam ich aus der Sache nicht mehr raus.
Die ersten Zweifel waren mir gekommen, als sie darauf bestand, dass ich meine Arbeitsklamotten aus- und stattdessen ein Paar ihrer Jeans anzog, von denen sie sich sicher war, dass sie mir passten (was stimmte). Und dazu ein Top, von dem sie behauptete, der Ausschnitt sei auf keinen Fall zu tief (was nicht stimmte). Wobei ich mich weder vom einen noch vom anderen so richtig überzeugen konnte, weil der einzig neutrale Zeuge der Spiegel an Kristys Kleiderschrank gewesen wäre; doch Kristy hatte die Tür absichtlich geöffnet, so dass der Spiegel zur Wand zeigte, damit ich mich selbst nicht mehr sehen konnte, bis ich fertig war. Mein einziger Anhaltspunkt, wie ich in dem Outfit aussah, war derzeit Monica (und das half mir auch nicht viel weiter). Sie saß am Fenster auf einem Stuhl, hielt lässig ihre Zigarettenach draußen und gab jedes Mal, wenn Kristy eine zweite Expertenmeinung brauchte, irgendwelche Mmm-Laute von sich.
Dieser Freitagabend war ganz klar anders als die Freitagabende, die ich gewohnt war. Wobei das nicht nur für den Abend, sondern auch für alles andere hier galt. Hier hieß: bei Kristy und Monica.
Sie wohnten nämlich nicht in einem normalen, fest stehenden Haus, sondern in einem Trailer, wobei Kristy, als wir darauf zuliefen, mir erklärte, sie spreche lieber von einem »Doppeldecker« als von einem Trailer, weil das nicht so prollig klänge. Ich hingegen taufte es im Stillen sofort Hexenhäuschen, denn es sah aus wie etwas aus einem Märchen: ein kobaltblau gestrichenes kleines Haus mit einem riesigen, üppig wuchernden Garten, wo Kristys und Monicas Großmutter – die ältere Frau, die mir an dem Abend weiterhalf, als ich mich verfahren hatte – Blumen und Gemüse anpflanzte, um sie an ihrem Stand oder direkt an die umliegenden Restaurants zu verkaufen. Ich hatte schon viele Gärten gesehen, auch sehr exklusive oder raffinierte, gerade in unserem Viertel. Aber dieser Garten war wirklich etwas sehr Besonderes.
Das kobaltblaue Häuschen mit der roten Tür sah in dem satten, fruchtbaren Grün des Gartens aus, als wäre es »nur« eine weitere der vielen exotischen Blüten, die in diesem kleinen Paradies wuchsen. Vor dem Haus wiegten sich Sonnenblumen in der leichten Brise, streiften träge die niedrigen Fenster. Sie ragten aus einer anmutigen Reihe von Rosenbüschen heraus, deren Duft die Abendluft erfüllte. Von dort erstreckte sich das Grün zu beiden Seiten. Zwischen zwei Birnbäumen entdeckte ich eine Reihe eingetopfter Kakteen in allen möglichen Formen und Farben.Blaubeerbüsche wuchsen zwischen Zinnien
,
Margeriten und Sonnenhut, silbergrauer Wollziest hob sich von leuchtenden Feuerlilien und violetten Gladiolen ab. Die Beete waren nicht in Reih und Glied angelegt, sondern in Kreisen und Spiralen, die von schmalen Pfaden umsäumt wurden. Am Ende einer kleinen Allee aus blühenden, von Bambus umstandenen Bäumen lag ein Minifeld mit Minisalatköpfen, die knapp aus der Erde lugten. Haselsträucher wuchsen zwischen Geranien und daneben – eine wahre Explosion strahlend blauer Iris. Nicht zu
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