Zwischen jetzt und immer
zu verschweigen oder zurückzuhalten. Ein wahrer Anfall von Offenheit und Ehrlichkeit. Vielleicht lag’s am Bier.
Ich trank normalerweise so gut wie keinen Alkohol. Aber nach der Szene mit Rachel war ich so durcheinander gewesen, dass ich Kristys Angebot angenommen hatte, mir ein kleines – aber bitte wirklich nur ein ganz kleines – Bier zu holen. Und ich bräuchte es selbstverständlich nicht zu trinken, wenn ich nicht wolle, meinte sie noch. Doch nach ein paar Schlucken fingen wir an, über Jungs zu reden, und von da an gab’s kein Halten mehr.
»Also, mein letzter Freund hat mich einfach irgendwo mitten in der Pampa stehen lassen. Und das meine ich wörtlich.« Kristy schlug ein weißes Stiefelbein übers andere. »Das heißt, von jetzt an kann es nur noch besser werden, denn das ist wohl kaum zu toppen. Im Negativen, meine ich. Auf jeden Fall möchte ich endlich mal wen kennen lernen, der nett ist.«
Merkwürdig war es schon: Da hockte ich mit den beiden zusammen und quatschte, als wäre das mit Rachel nie passiert. Wes war fast unmittelbar nach unserem intensiven Blickwechsel losgezogen, weil er jemanden suchen wollte, der ihm ein paar ausrangierte Stahlrohre versprochen hatte. Bert war mitgegangen, Kristy, Monica und ich verzogen uns aufs Sofa. Mein frisch enthülltes Geheimnis schien gar keine Rolle mehr zu spielen. Im Gegenteil, es löste sich auf wie eine dunkle Wolke, die immer heller wird und schließlich ganz verblasst. Als hätten die anderen es schon wieder vergessen oder zumindest erst mal weggelegt, wie irgendeine Sache, die man gerade nicht braucht.
»Wisst ihr, was ich mir wünsche? Endlich mal einen intelligenten Freund.« Kristys Stimme holte mich zum Thema unserer Unterhaltung zurück. »Ich habe die Schnauze voll von den Typen, die sich kaum meinen Namen merken,geschweige denn ihn richtig buchstabieren können. Ich möchte jemanden, der was auf dem Kasten hat, nicht so eine Dumpfbacke. Echt, am liebsten wäre ich mal mit einem echten Superhirn liiert.«
»Nein, das willst du nicht wirklich, es würde dir nämlich nicht gefallen.« Ich nahm noch einen Schluck Bier und merkte erst hinterher, dass mich die beiden aufmerksam ansahen und auf eine Erklärung warteten. »So einen Freund hatte ich nämlich mal«, fuhr ich deshalb fort. »Vielleicht habe ich ihn auch noch. Keine Ahnung, wo wir miteinander stehen.«
»Das sind die Schlimmsten.« Kristy nickte zustimmend.
Die Bemerkung verwirrte mich. »Was sind die Schlimmsten?«
»Die Freunde, bei denen man nicht weiß, woran man ist. Ob man nun noch eine Beziehung hat oder nicht.« Kristy seufzte. »Eigentlich stehen sie auf dich, aber irgendwie auch nicht. Mal wollen sie mit dir zusammen sein, dann wieder nicht. Das Einzige, was sie definitiv wissen, ist, dass sie dir an die Wäsche wollen.«
»Mmm-hmmm.« Vehemente Zustimmung von Miss Monoton.
»So ist es auch wieder nicht«, sagte ich. »Eher so eine Art Trennung auf Probe. Wir sind nicht richtig zusammen, aber auch nicht richtig auseinander.«
»Trennung auf Probe«, wiederholte Kristy. Aus ihrem Mund klang das wie ein Fremdwort. »Und das heißt . . .?« Die Geste, die diese Frage begleitete, sollte wohl ausdrücken: Pünktchen Pünktchen Pünktchen – bitte ergänzen.
»Das heißt, dass er anscheinend das Gefühl hat, wir wollen nicht das Gleiche, wir hätten nicht dieselben Ziele oder Erwartungen. Deshalb haben wir uns geeinigt, dass wir unsbis zum Ende der Sommerferien nicht sehen und danach entscheiden, wie’s weitergehen soll.«
Darüber mussten Kristy und Monica erst einmal nachdenken.
»Klingt grauenhaft erwachsen«, meinte Kristy schließlich.
»Jasons Idee, nicht meine.«
»Und wie lange dauert diese so genannte Trennung auf Probe schon?«
Ich musste einen Moment überlegen, dann antwortete ich: »Seit dem Abend, an dem ich den Job bei euch angenommen habe.«
Kristy machte vor Überraschung ganz große Augen, während ich fortfuhr: »Ich hatte die E-Mail , in der er mir das geschrieben hat, gerade erst bekommen, vielleicht eine Stunde vorher oder so.«
»Witzig, das habe ich wohl irgendwie gespürt.« Kristy wandte sich an ihre Schwester. »Weißt du noch? Ich habe dir gleich gesagt, dieses Mädchen hat einen Freund oder ist sonst wie liiert. Stimmt’s, Monica?«
»Mmm-hmmm« lautete deren Kommentar.
»Du sahst einfach . . .« Kristy unterbrach sich, suchte nach dem richtigen Wort. ». . . vergeben aus. Außerdem hast du kaum auf Wes reagiert. Ich
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