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Zwischen jetzt und immer

Zwischen jetzt und immer

Titel: Zwischen jetzt und immer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Dessen
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bloß auf.«
    »Moment mal.« Kristy richtete sich kerzengerade auf, so als bräuchte sie ihre ganze Höhe, Länge, Größe   – dabei war sie ja eher klein   –, um zu sagen, was sie als Nächstes sagte: »Du bist seit anderthalb Jahren mit dem Typen zusammen und darfst ihm nicht sagen, dass du ihn liebst?«
    »Es ist kompliziert.« Ich nahm noch einen Schluck Bier.
    »Und er hat sich von dir getrennt, weil er findet, du konzentrierst dich nicht genug auf deine Arbeit?«, fügte sie hinzu.
    »Die Bibliothek ist ihm sehr wichtig.«
    »Ist er neunzig oder was?«
    Ich starrte in mein Bier. »Du verstehst das nicht. Er war mein Leben, seit anderthalb Jahren. Er hat einen besseren Menschen aus mir gemacht.«
    Daraufhin verschlug es Kristy erst einmal die Sprache. Ich fuhr mit dem Finger am Rand meines Bechers entlang.
    »Inwiefern?«, fragte sie schließlich.
    »Er ist eben in jeder Beziehung vollkommen«, erwiderte ich. »Superzensuren, superintelligent, superengagiert, superfleißig. Er kann einfach alles. Mit ihm zusammen zu sein tat mir gut. Dadurch wurde ich auch besser, in jeder Beziehung. Nicht super, aber besser.«
    »Bis . . .?«
    »Bis ich ihn enttäuscht habe«, sagte ich. »Ich habe meine Erwartungen zu hoch geschraubt, ich habe geklammert. Er hat eben hohe Maßstäbe.«
    »Und du nicht«, sagte Kristy.
    »Doch, natürlich.«
    Monica atmete hörbar aus und schüttelte missbilligend den Kopf. »Nn-nööö.«
    Kristy pflichtete ihr bei ohne mich eine Sekunde aus den Augen zu lassen: »Sehe ich ganz genauso.«
    »Wie meint ihr das?«, fragte ich.
    »Merkst du eigentlich, wie du klingst?«, entgegnete Kristy. »Willst du wirklich behaupten, er hat das Recht, dich abzuservieren, weil du gewagt hast, was für ihn zu empfinden? An ihm zu hängen? Nach anderthalb Jahren!? Oder weil du irgendeinen blöden Büchereijob nicht ganz so ernst genommen hast, wie du seiner Meinung nach hättest tun sollen?«
    So was Ähnliches hatte ich tatsächlich gerade gesagt, das war mir auch klar. Doch aus Kristys Mund klang es plötzlich vollkommen anders.
    Während ich noch versuchte zu begreifen, woran das lag, redete sie bereits weiter: »Ich gebe zu, ich kenne dich noch nicht sehr gut. Aber was ich kenne und sehe, ist ein Mädchen,bei dem jeder Junge, vor allem irgend so ein Eierkopf, der es nötig hat, in irgendwelche Hirnilager zu fahren . . .«
    »Es ist ein Feriencamp für ganz normale Hochbegabte«, murmelte ich dazwischen.
    ». . . jeder Junge würde sich freuen, von dir zu hören, dass du ihn liebst. Und so einer sollte sich geradezu glücklich schätzen. Du hast unheimlich was drauf, siehst super aus, bist total nett. Und er? Was ist an ihm eigentlich so besonders? Woher nimmt er die Frechheit, über dich zu urteilen?«
    »Er ist eben Jason.« Ein besseres Argument fiel mir nicht ein.
    »Er ist ein Idiot.« Kristy kippte ihr restliches Bier in einem Zug. »An deiner Stelle wäre ich froh, ihn los zu sein. Leute, die es schaffen, dass man sich mies und minderwertig vorkommt, sind nämlich das reinste Gift.«
    »Es ist nicht seine Schuld, wenn ich mir mies und minderwertig vorkomme«, sagte ich, wusste aber schon in dem Moment, als meine Lippen die Worte noch formten, dass er genau das tat. Beziehungsweise ich es zuließ. Schwer zu sagen, wie rum.
    »Was du brauchst, nein   – was du verdienst, ist jemand, der dich auf Knien anbetet und auf Händen trägt«, sagte Kristy. »Und zwar, weil du bist, wie du bist. Der in dir kein Projekt sieht, sondern den Hauptgewinn, verstehst du?«
    »Ich bin kein Hauptgewinn.«
    »Doch, natürlich!«, sagte sie im Brustton der Überzeugung. Innerlich erschrak ich beinahe: Wie konnte sie sich dessen so sicher sein? Sie kannte mich doch kaum.
    »Aber weißt du, was mich so aufregt? Dass du es nicht mal selber weißt. Das mit dem Hauptgewinn, meine ich.«
    Ich wandte den Kopf, blickte hinaus auf die Lichtung.Egal wo ich war   – immer und überall schien es jemanden zu geben, der wollte, dass ich mich änderte.
    Kristy streckte die Hand aus, legte sie auf meine und ließ sie eisern da, bis ich ihren Blick einfach erwidern musste. »Ich will nicht an dir rummeckern«, sagte sie.
    »Nicht?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Wir wissen beide, dass das Leben kurz ist, Macy. Zu kurz, um auch nur eine Minute mit jemandem zu verschwenden, der deine Qualitäten nicht zu schätzen weiß. Einfach nicht schnallt, was für ein wunderbarer Mensch du bist.«
    »Neulich hast du gesagt, das Leben sei

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