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Zwischen jetzt und immer

Zwischen jetzt und immer

Titel: Zwischen jetzt und immer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Dessen
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lang«, konterte ich. »Was stimmt denn nun?«
    »Beides.« Kristy zuckte unbekümmert die Schultern. »Hängt davon ab, wie man es lebt. Alles ist im Fluss, ändert sich ständig. Das gilt übrigens sowohl fürs Jetzt als auch für alles, von dem man denkt, es wäre für immer und ewig.«
    »Nichts kann gleichzeitig so
und
so sein, wenn so und so sich diametral widersprechen«, entgegnete ich. »Das ist unmöglich.«
    »Nein.« Sie drückte meine Hand. »Weißt du, was unmöglich ist? Dass wir
denken
, es müsste immer alles entweder so oder so sein. Ohne Zwischenstufen, ohne Widersprüche. Als ich nach meinem Unfall im Krankenhaus lag, dachten alle, ich würde sterben. Mir ging’s nicht nur schlecht, ich war am Ende, ehrlich.«
    »Mmm-hmmm«, meinte Monica zustimmend und schaute ihre Schwester an.
    Kristy nickte ihr liebevoll zu, bevor sie fortfuhr: »Damals war das Leben echt kurz. Aber jetzt, wo es mir wieder besser geht, kommt es mir so lang vor, dass ich das Gefühl habe, ich muss die Augen zusammenkneifen, um bis an den Horizontzu sehen. Es kommt auf den Blickwinkel an, Macy. Dasselbe habe ich vorhin gemeint, als ich gesagt habe, alles ändert sich. Wir denken immer, was ist, ist und bleibt auch so. Dabei kann es jederzeit vorbei sein. Jetzt, gleich, in einer Stunde, in hundert Jahren. Bei dir, bei mir, bei jedem. Deine persönliche Ewigkeit. Aber wie lang sie dauert, kann man nie genau wissen. Deshalb ist es so wichtig, im Augenblick zu leben und darauf zu achten, dass jede Stunde es wert ist, gelebt zu werden.«
    »Mmm-hmmm.« Monica nickte und zündete sich eine weitere Zigarette an.
    »Du musst dich entscheiden.« Kristy beugte sich näher zu mir. »Wie soll dein Leben aussehen? Es ist deine Entscheidung. Wenn deine persönliche Ewigkeit morgen vorbei wäre   – wären das Bisher und das Heute dann so, wie du sie gern gehabt hättest?«
    Eigentlich hatte ich bisher geglaubt diese Entscheidung längst getroffen zu haben. Schließlich hatte ich in den letzten anderthalb Jahren mit Jason alles getan, was ich konnte, um mein Leben dem seinen anzupassen, um sicherzustellen, dass ich in seiner perfekten Welt, wo alles einen Sinn ergab, ein Plätzchen fand. Aber es hatte nicht funktioniert.
    »Weißt du, womit wir uns abfinden müssen? Dass es keine Garantien gibt«, meinte Kristy. »Nichts ist sicher. Gerade du solltest das besser wissen als jeder andere.« Eindringlich blickte sie mich an, wollte sich offensichtlich davon überzeugen, dass ich auch wirklich verstand, was sie meinte. Und ich verstand es, natürlich verstand ich es. Hatte es im Grunde längst gewusst. »Also, hab keine Angst. Sei lebendig. Leb einfach.«
    Doch das konnte ich mir nicht vorstellen. Ich hatte bereits den Schreck meines Lebens abbekommen. Nachallem, was ich erlebt hatte, fiel es mir schwer, zu glauben, dass man einfach leben konnte, ohne ständig Angst davor zu haben, welche bösen Überraschungen noch auf einen lauerten. »Das ist dasselbe«, sagte ich.
    »Was?«
    »Angst haben und leben.«
    »Nein«, erwiderte Kristy. Und betonte den nächsten Satz so langsam und sorgfältig, als müsste sie mir etwas in einer mir unbekannten Sprache beibringen. Als würde sie Worte benutzen, die ich zuerst einmal überhaupt nicht begreifen würde, weder die Worte selbst, geschweige denn ihren Sinn   – so fremd war mir das, was sie mir zu sagen versuchte. Noch. »Nein, Macy, es ist nicht dasselbe.«
    Es ist nicht dasselbe, wiederholte ich im Stillen. Und wenn ich jetzt daran zurückdenke, habe ich das Gefühl, dass die eigentliche Kehrtwende genau in diesem Moment stattfand. Von da an war alles anders. Wirklich anders. Auch wenn ich Kristys Worte nicht laut aussprach, sondern bloß innerlich vor mich hin sagte, bekräftigte ich dadurch meinen eigenen, ganz persönlichen Wunsch: dass diese Worte irgendwie irgendwann Realität werden und auch für mich gelten würden.
     
    Kurze Zeit später machten Kristy und Monica sich noch einmal Richtung Bierfass auf. Ich stieg zwar ebenfalls aus, blieb allerdings auf der Stoßstange des Bertmobils hocken. Mir war leicht schwindelig, was sowohl an dem bisschen Bier lag, das ich getrunken hatte, als auch an allem, was Kristy zu mir gesagt hatte. Selbst unter günstigeren Umständen hätte es mich vermutlich umgehauen. Im Moment konnte ich nicht mal drüber nachdenken, ohne dass mir sofort anders wurde.
    Als ich das erste Mal bewusst wieder aufblickte, sah ich, dass Wes mit ein paar Rohren unter dem Arm

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