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Zwischen Krieg und Terror

Titel: Zwischen Krieg und Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Tilgner
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politischen Gründen geweigert haben, Soldaten in den Irak zu schicken, sind jetzt stärker in diesen Krieg eingebunden. Damit können die USA einen Teil ihrer 16 000 in Afghanistan stationierten Soldaten abziehen und sich infolgedessen einen größeren Handlungsspielraum auch gegenüber möglichen neuen Gegnern verschaffen. So plant man in Washington vor allem, die Personalstärke der im Südosten Afghanistans eingesetzten Einheiten zu verringern, während die Stellungen der im Südwesten und im Westen des Landes nahe der iranischen Grenze operierenden US-Verbände ausgebaut werden.
    Der zunehmenden Kampfbereitschaft der ausländischen Soldaten steht die steigende Unzufriedenheit der Bevölkerung gegenüber. Beim Wiederaufbau Afghanistans werden kaum spürbare Fortschritte gemacht. Die internationale Gemeinschaft und die afghanische Regierung schaffen es nicht, die Probleme auch nur schrittweise zu beseitigen

Kabul: Tummelplatz der Hilfsorganisationen
    In der Hauptstadt Kabul konzentrieren sich die Probleme des Landes. Mit dreieinhalb Millionen Bewohnern leben dort doppelt so viele Menschen wie während des Regimes der Taliban. Familien, die aus dem Exil in Iran oder Pakistan zurückgekehrt sind, haben neue Quartiere errichtet, in denen es an ausreichenden Wasser- oder Abwassersystemen mangelt. Stromanschlüsse werden wild verlegt. Doch es gibt nicht genug Energie. Die einzelnen Stadtteile Kabuls können jeweils gerade mal für einige Stunden mit Elektrizität versorgt werden. Dennoch kommen Tausende aus entfernt liegenden Provinzen, getrieben von der Hoffnung, in Kabul Arbeit und Auskommen zu finden. Mit dem schnellen Bevölkerungswachstum halten die Entwicklung der Infrastruktur und der Neuaufbau nicht Schritt. Selbst Schäden aus dem Bürgerkrieg, in dem die unterschiedlichen Gruppen der Mudjahedin von 1992 bis 1996 in der Hauptstadt um die Macht kämpften, sind nicht beseitigt.
    Tausende kleiner Werkstätten und Geschäfte säumen die Straßen der neuen Vorstädte. Wohlstand kann sich nicht entwickeln, aber es gibt auch nicht die fürchterliche Armut wie in der Provinz und vor allem in den abgelegenen Dörfern Zentral-afghanistans. Denn in der Hauptstadt profitieren die Armen von den Hilfsgeldern, die ins Land fließen; Zehntausende sind bei Hilfsorganisationen angestellt. 1500 nichtstaatliche Hilfsorganisationen haben sich beim afghanischen Planungsministerium registrieren lassen. Sie konkurrieren um die Zuteilung von Geldern aus dem Topf der Milliardenbeträge, mit denen der Aufbau des Landes gefördert werden soll. Doch für die meisten erschöpft sich die Arbeit in der Unterhaltung der Büros und einiger Prestigeobjekte. Schon in den Vororten Kabuls lassen sich die internationalen Helfer nur selten blicken. Neben den ausländischen Soldaten bilden sie das zweitwichtigste Ziel für jene Gruppierungen, welche den Wiederaufbau Afghanistans unter fremder Kontrolle verhindern wollen.
    So haben wichtige Hilfsorganisationen ihre Mitarbeiter aus den Provinzen in ihr Hauptquartier nach Kabul zurückbeordert. Diese Büros sind oft in alten Villen untergebracht, die teuer angemietet werden. In Sherpur, einem der besseren Viertel, lassen sich Drogenbarone neue, protzige Luxusbehausungen errichten, während in der nahe gelegenen UN-Vertretung der Sonderbeauftragte der Mission über die Taktik des gegen sie zu führenden Krieges spricht. In den Stadtteilen mit Ministerien, Botschaften und den Quartieren der Hilfsorganisationen prägen die Geländefahrzeuge der Hilfsorganisationen das Straßenbild. An den aufgespritzten Logos sind die Fahrzeuge sofort zu erkennen. Auf den staubigen, völlig desolaten Provinzstraßen, die meist nicht einmal asphaltiert sind, begegnet man diesen Wagen dagegen nur noch ausnahmsweise. Hier, außerhalb der Hauptstadt, haben die Mitarbeiter der Organisationen die sonst so ins Auge fallenden Zeichen aus Angst vor Anschlägen von den Fahrzeugtüren entfernt und verzichten selbst auf das Tragen von T-Shirts mit den Schriftzügen ihrer Organisation. So lebt folglich auch das Heer der einheimischen Mitarbeiter der Hilfswerke in der Hauptstadt. Afghanistan steht bei der Weltbank im Ruf, ein Milliardengrab für Hilfsgelder zu sein.
    Ã„hnlich ineffektiv sind die neu geschaffenen staatlichen Behörden. Auch den meisten Ministerien, die in den vergangenen Jahren im Regierungsviertel neu

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