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Zwischen Leidenschaft und Liebe

Titel: Zwischen Leidenschaft und Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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zurücklehnen und zuschauen, wie das Mädchen von diesem Haushalt verschlungen wird.«
    Leatrice entzog sich mit ängstlichem Gesicht seinem Griff. Es war eine Sache, sich den Spaß zu machen, von einer Rache an ihrer Mutter zu reden, aber jetzt sah sie ihm an, daß er es ernst gemeint hatte. »Nein, Vellie, wir sind keine Kinder mehr, die Streiche machen können. Damals hatte ich noch keinen Begriff davon, was Bestrafung bedeutet, aber jetzt weiß ich, was auf mich zukommt. Ich habe bisher Mutters Bestrafung überlebt und mir ein wenig Freiraum verschafft. Ich möchte ihn nicht verlieren.«
    »Aber hier ist eine Chance, ihr etwas anzutun. Das ist die Chance, auf die wir immer gewartet haben.«
    »Du vielleicht, aber ich nicht. Du hast doch erlebt, was sie mit dir tat, als du ihr Mißfallen erregtest. Sie schickte dich weg, und du bist nie mehr zurückgekommen. Und mit mir . ..« Ihre Stimme brach.
    »Sie hat dir etwas viel Schlimmeres angetan als mir. Sie hat deinen Geist gebrochen.«
    Leatrice wußte, daß das eine Beleidigung größter Art war, und so faßte sie seine Worte auch auf. Sie riß sich von ihm los und baute sich neben dem Bett auf. »Du hast dich nicht geändert, wie? Immer darauf aus, in Schwierigkeiten zu geraten. Immer das machen, was du nicht tun solltest. Du hast deine Kindheit damit verbracht, Prügel einzustecken, zu hungern und in Zimmern eingesperrt zu werden, aber daraus hast du offenbar nichts gelernt. Du hast nie etwas gelernt, nicht wahr?«
    »Nein«, sagte er leise. »Ich habe nie etwas gelernt. Ich habe immer nur zurückgeschlagen. Egal, was sie mir antaten -ich schlug zurück. Und nun bin ich erwachsen und tue, was ich will. Aber du bist noch immer das verängstigte kleine Mädchen, das in seinem Zimmer eingesperrt ist. Du bist einunddreißig Jahre alt, hast keine Familie und kein eigenes Heim. Alles, was du hast, sind die Briefe eines Bruders, den du kaum gesehen, und eine Glocke, die dein Leben beherrscht.«
    Sie wollte ihn anschreien und ihm sagen, daß er fortgehen solle - daß sie wünschte, er käme nie wieder, um sie aufzuregen. Sie wollte ihm klarmachen, daß ihr Leben gut war und daß sie alles hatte, was sie brauchte und sich wünschte, aber sie konnte es nicht. Sie konnte ihn nicht belügen, weil er die Wahrheit ohnehin wußte.
    Aber noch etwas anderes hielt sie von einer Lüge ab, nämlich der Hoffnungsschimmer, den sie plötzlich sah. Fast ein Jahr lang, nachdem man ihr Vellie weggenommen hatte, hatte sie ihren Mut aufrechterhalten. Doch Trevelyan war der Kämpfer gewesen, nicht sie. Sie brauchte nicht lange, um zu begreifen, daß sie nur ein Gefolgsmann gewesen war und immer sein würde. Als Vellie ein Jahr weggeblieben war, hatte Leatrice nicht länger den Versuch unternommen, etwas anderes zu tun als das, was ihre Mutter von ihr verlangte. Als sie zwanzig war, hatte sie versucht, sich ihrer Mutter zu widersetzen, aber sie hatte den Kampf verloren und seither keinen neuen Anlauf mehr gewagt.
    »Was hast du vor?« Sie konnte nicht verhindern, daß ihre Stimme bebte vor Angst.
    »Dich mit James Kincaid zu verheiraten«, antwortete Trevelyan.
    Leatrice sah ihn blinzelnd an. »Was?«
    Trevelyan lächelte ihr zu. »Es war die Idee der Amerikanerin. Harrys, nicht meiner Amerikanerin. Sie sagte zu MacTarvit, das erste, was sie unternehmen wolle, sobald sie verheiratet sei, wäre, dich mit der Liebe deines Lebens zu vereinigen. Sie denkt, wenn sie ein paar Pfähle aus dem Machtfundament der alten Frau herauslösen könne, würde sie ihre Herrschaft schwächen. Ich weiß nicht, ob das heißen soll, daß sie damit die Macht deiner Mutter über Harry oder den Haushalt oder über Claire brechen könne, aber das ist es, was sie tun möchte. Ich dachte, ich sollte dich lieber erst fragen, ob es dir sehr gegen den Strich ginge, Kincaid zu heiraten.«
    Leatrice öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber keine Worte kamen heraus. Sie setzte sich auf den Bettrand, blickte ihren Bruder an, wollte wieder etwas sagen und schloß abermals den Mund. Sie sah einen Moment zur Seite. Dann, als sie auf ihn zurückblickte, lächelte sie. »Sind diese Amerikaner nicht die seltsamsten Geschöpfe?«
    In Trevelyans Augen blitzte der Schalk auf. »Hätte ich das geahnt, hätte ich auf Pesha verzichtet und Amerika erforscht.«
    Leatrice lachte. »James heiraten? Ich habe ihn seit Jahren nicht mehr gesehen. Oder an ihn gedacht. Was macht er jetzt?«
    »Keine Ahnung, aber ich könnte mir vorstellen, daß er

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