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Zwischen Leidenschaft und Liebe

Titel: Zwischen Leidenschaft und Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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diese fremden Leute und auch die Dienerschaft sich zu ihr umdrehten und sie ansahen. Ihre Mutter stand nie vor zwölf Uhr mittags auf, also saß sie auch nicht hier am Tisch, aber ihr Vater hatte ungefähr in der Mitte des Tisches an der gegenüberliegenden Seite Platz genommen.
    Harry blickte verwundert zu ihr auf, als könne er nicht begreifen, worüber sie sich beklagte. »Hier bestimmt der Rang die Sitzordnung bei Tisch, und du bist eine Amerikanerin.«
    Claire sah ihn wortlos an.
    Harry, der offenbar nicht wußte, was ihr daran unverständlich war, versuchte es ihr zu erklären. »Wenn wir verheiratet sind und du die Herzogin bist, darfst du am Fußende des Tisches sitzen.«
    »Oh«, hauchte Claire. Sie bemühte sich, mit hoch erhobenem Kinn wieder an ihren Platz zurückzukehren, der sich fast am Ende des Tisches befand - am unteren Ende, wo Amerikaner, die keinen Titel hatten, hingehörten. Und wenn sie verheiratet waren, würde es ihr immer noch nicht gestattet sein, in der Nähe ihres Gatten zu speisen.
    Sobald sie sich gesetzt hatte, wurde der erste Gang - gebratene Würste - serviert. Sie beschloß, das Beste aus der Situation zu machen, wandte sich an den Mann, der neben ihr saß, und sagte: »Ein herrlicher Tag ist das heute, nicht wahr?«
    Sogleich erstarb jede Bewegung am Tisch. Kein Besteck rührte sich mehr, und alle hoben den Kopf, um sie anzustarren. Sie beugte sich vor und warf Harry einen Blick zu. Er schüttelte kurz den Kopf zum Zeichen, daß das Reden bei Tisch nicht angebracht war.
    Sie starrte auf ihren Teller und begann stumm zu essen. Als der zweite Gang — noch etwas Gebratenes — serviert wurde, erschien ein livrierter Lakai im Zimmer, verteilte Zeitungen an die Männer, und diese begannen zu lesen. Claire dachte, wenn sie schon nicht sprechen dürfe, dann wollte sie wenigstens lesen. Sie nahm sich deshalb eine Zeitung vom Tablett, als sie dem Mann zu ihrer Linken angeboten wurde.
    Abermals erstarrten alle Anwesenden. Was habe ich denn jetzt wieder falsch gemacht? fragte sich Claire, sah sich in der Runde um und bemerkte, daß keine von den Frauen Zeitung las, sondern nur die Männer. Während sie ihren Unwillen über diese Absurdität zu verbergen versuchte, was ihr aber nicht ganz gelang, warf sie die Zeitung auf das Tablett zurück, das der Lakai neben ihr bereithielt.
    Sie betrachtete die schweigenden Leute, die sich entweder auf ihr Essen oder ihre Zeitung konzentrierten, genauer. Am anderen Ende des Tisches entdeckte sie eine Frau, die ihren Blick erwiderte. Die Frau wirkte ein wenig hausbacken, aber Claire vermutete, daß sie mit ein bißchen Rouge und Puder und in einem modischeren Kleid bei weitem besser aussehen würde. Die Frau lächelte Claire an, und Claire lächelte zurück. Die Frau saß in unmittelbarer Nähe von Harry, also mußte sie auch einen hohen >Rang< haben, dachte Claire.
    Nach der nervtötenden Mahlzeit lief Claire durch den Korridor, um Harry noch zu erreichen, bevor er in irgendeinem Raum verschwand. »Könnte ich dich sprechen?«
    Er runzelte die Stirn, fing sich dann aber wieder und führte sie in ein kleines Wohnzimmer. Er drehte sich zu ihr um und versuchte, seine Ungeduld zu verbergen. Inzwischen war sein Pferd gesattelt und wartete auf ihn.
    »Könntest du mir erklären, was das bedeuten sollte?« forderte sie.
    »Was was bedeuten sollte?« fragte er und sah auf die Uhr, die auf dem Kaminsims stand.
    »Warum niemand beim Frühstück redet?«
    »Mutter ist der Meinung, daß das Frühstück die wichtigste Mahlzeit des Tages ist und daß die Leute ihr Essen nicht richtig verdauen können, wenn sie reden.«
    Claire runzelte die Stirn, weil es sich so anhörte, als leierte er einen auswendig gelernten Text herunter. »Man könnte doch schweigen, wenn deine Mutter mit am Tisch sitzt, aber die Leute reden lassen, wenn das nicht der Fall ist. Eine Mahlzeit ist viel angenehmer, wenn man sich dabei unterhalten kann.«
    Er blickte sie mit einem nachsichtigen Lächeln an. »Aber Mutter ist die Herzogin.«
    Claire sagte jetzt nicht: >aber du bist der Herzog sondern: »Ich verstehe. Sie beherrscht das Haus, auch wenn sie nicht anwesend ist.«
    »Selbstverständlich. Jetzt muß ich aber gehen. Dein Vater und ich wollen uns heute ein paar Pferde anschauen.«
    »Aber was hat es mit den Zeitungen auf sich?«
    Einen Moment lang blickte Harry sie ratlos an. »Mutter ist nicht der Meinung, daß Frauen Zeitung lesen sollten.«
    »Was meint denn Ihre Gnaden, was Frauen lesen

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