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Zwischen Leidenschaft und Liebe

Titel: Zwischen Leidenschaft und Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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eine Sitzgelegenheit finden würde. Sie konnte nicht auf ihr Zimmer oder in den Goldenen Salon oder in die Bibliothek gehen.
    Sie fand ein hübsches kleines Zimmer mit blauen Seidentapeten und ließ sich dort schwer auf einen Stuhl fallen. Sie überlegte, wann wohl die nächste Mahlzeit stattfinden würde.
    »Ist Harry mit einer anderen Frau durchgebrannt?«
    Claire blickte auf und sah ihre kleine Schwester unter der Tür stehen.
    »Warum hast du keinen Unterricht?«
    »Weil ich dafür gesorgt habe, daß die Gouvernante Kopfschmerzen hat. Was fehlt dir denn?«
    »Nichts, was ein halbes Pfund Roastbeef nicht kurieren könnte.«
    »Kein Problem. Ich besorge dir ein Sandwich.«
    Claire ließ sich von Brats Hilfsangebot nicht täuschen. »Das kannst du nicht. Sie lassen dich nicht in die Küche.«
    Brat lächelte nur, und ihr Lächeln wurde noch breiter, als Claires Magen laut knurrte.
    »Wieviel?« fragte Claire. Sie wußte nur zu gut, daß Brat niemals daran denken würde, jemandem ohne Bezahlung einen Gefallen zu tun.
    »Sag Mutter, daß ich schon zu alt bin für die Schule.«
    Claire sah sie nur an.
    »Ich möchte Löcher in meine Ohrläppchen gebohrt haben, und du kannst mir deine Ohrringe mit den Perlen und Diamanten geben.«
    Claire schwieg noch immer.
    »Also gut - zwanzig Shilling.«
    »Ich habe kein Geld bei mir.«
    Brat lächelte. »Ich weiß, wo du es versteckt hast. Ich besorge dir im Handumdrehen eine Mahlzeit.«
    Nach wenigen Minuten kam Brat mit einem dick belegten Roastbeef-Sandwich, einer Schüssel mit Tomatensalat und einem großen Glas Milch zurück. Dies alles wurde von einem sehr hübschen jungen Lakai auf einem großen Silbertablett ins Zimmer getragen.
    »Stell es dorthin«, sagte Brat zu dem Lakaien.
    »Aber Ihre Gnaden gestattet nicht, daß in diesem Raum gegessen wird«, sagte der Mann mit leiser Furcht in der Stimme.
    »Sie weiß es ja nicht«, erwiderte Brat und zwinkerte dem Lakaien zu. Er stellte das Tablett ab, drehte sich um und ließ die Schwestern allein.
    »Wie hast du das nur zuwege gebracht?« fragte Claire mit vollem Mund. »Es gibt hier so viele Regeln.«
    Brat blickte sie erstaunt an. »Man muß die Regeln doch nicht befolgen.«
    Danach bemühte sich Claire nach bestem Vermögen, alle Regeln zu lernen, ehe sie gegen diese verstieß. Wenn Brat sich nicht nach den hier geltenden Vorschriften richtete und sie ungestraft brechen konnte, war dies für sie, Claire, nicht maßgebend, denn Brat versuchte ja auch nicht, einen guten Eindruck zu machen. Im Gegenteil - Brats Lebensphilosophie schien das Postulat zu enthalten, daß die Menschen sich bemühen sollten, sie zu beeindrucken - nicht umgekehrt.
    Zum Tee trug Claire das Kleid, das Miss Rogers ihr vorgeschlagen hatte, und sie fand sich pünktlich im Goldenen Salon ein und setzte sich auf den Platz, den man ihr zuwies. Die Frauen am Tisch sprachen in gedämpftem Ton über Leute, die Claire nicht kannte; sie nahmen von ihrer Gegenwart überhaupt keine Notiz. Claire saß mit niedergeschlagenen Augen, die Hände im Schoß gefaltet, da. Als sie einmal aufsah, begegnete sie dem Blick der Frau mit dem hausbackenen Gesicht, die ihr beim Frühstück zugelächelt hatte. Das tat sie auch jetzt, und Claire gab das Lächeln zurück.
    Claire zog sich zum Dinner ein zweitesmal um. Bei dieser Mahlzeit schien den Teilnehmern das Reden gestattet zu sein - doch die Diskussionen drehten sich ausschließlich um Hunde und Pferde, für die Claire sich nicht interessierte. Und so schwieg sie stumm.
    Nach dem Dinner trennten sich die Männer von den Frauen und zogen sich in verschiedene Wohnzimmer zurück.
    Nur durch Zufall gelang es Claire, Harry noch einmal zu sehen, ehe sie zu Bett ging. Er gähnte und sah so aus, als schliefe er schon halb.
    »Kommen hier Frauen und Männer denn niemals zusammen?« fragte sie ihn.
    Er grinste sie auf eine Weise an, die sie veranlaßte, einen Schritt vor ihm zurückzuweichen. »Sie machen Kinder, wenn es das ist, was du meinst.«
    »Nein, ich meine, sprechen denn Frauen und Männer niemals miteinander? Bei mir zu Hause ...«
    »Liebling, das hier ist nicht Amerika. Du befindest dich in Schottland, und hier liegen die Dinge anders.« Er gähnte wieder herzhaft.
    »Hast du die Pferde gekauft?«
    »Hmmmm.« Er gähnte abermals. »Ich muß jetzt ins Bett. Ich sehe dich morgen früh, Liebling.«
    »Beim Frühstück?« fragte sie, aber Harry entging ihr sarkastischer Ton.
    »Ja, beim Frühstück. Gute Nacht.«

4.

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