Zwischen Macht und Verlangen
Männer. „Oh, verdammt! So begreifen Sie doch!“
„Wir könnten es als die Durchführung eines Experiments betrachten und nicht als eine Verabredung.“ Sein Tonfall hatte sich um keinen Deut verändert.
„Nein!“ Shelby kämpfte noch immer. „Nein, nein, nein.“
„Nicht bürokratisch genug? Vielleicht fällt mir eine bessere Formulierung ein: Tagesausflug zwecks Förderung freundschaftlicher Beziehungen zwischen gegnerischen Familienclans!“
„Sie wollen mich schon wieder überreden.“
„Und mit Erfolg?“
„Ich weiß wirklich nicht, was ich noch tun soll!“
„Sie haben eine wundervolle Telefonstimme, Shelby. Wussten Sie das? Wann kann ich Sie abholen, wann sind Sie fertig?“
Shelby überlegte. Vielleicht war auf dem Verhandlungsweg doch etwas zu erreichen. „Sollte ich tatsächlich einwilligen, mit Ihnen ein oder zwei Stunden zu verbringen, werden Sie dann damit aufhören, mir Geschenke zu machen?“
Jetzt war die Reihe an Alan, über ihre Forderungen nachzudenken. „Würden Sie das Wort eines Politikers akzeptieren?“
Shelbys Lachen perlte durch das Telefon direkt in Alans Herz. „Na gut! Ich gebe mich für den Augenblick geschlagen.“
„Der Tag ist herrlich, Shelby. Ich hatte seit Monaten keinen freien Sonnabend mehr. Gehen wir doch zusammen bummeln!“
Unbewusst spielte sie mit der Schnur. Es wäre wirklich albern, wenn sie ihm einen Korb gäbe. Was war schon dabei, wenn sie mit ihm spazieren ging? Und außerdem wünschte sie sich nichts sehnlicher, als Alan wieder zu sehen. „Na gut, Senator, jede Regel muss dann und wann ein wenig abgewandelt werden, damit bewiesen wird, dass es sich überhaupt um einen Grundsatz handelt.“
„Wenn Sie das sagen! Wohin möchten Sie gehen? In der National-Galerie findet eine Ausstellung über flämische Kunst statt.“
Shelby verzog den Mund. „In den Zoo!“ sagte sie und erwartete gespannt seine Reaktion.
„Fein“, stimmte Alan zu, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern. „In zehn Minuten bin ich bei Ihnen.“
Shelby seufzte. Dieser Mann ließ sich tatsächlich durch nichts erschüttern. „Ich bin noch nicht angezogen, Alan.“
„Oh, dann werde ich es in fünf Minuten schaffen.“
Hell auflachend warf Shelby den Hörer auf die Gabel.
„Schlangen mag ich nicht leiden, die sind so ekelhaft arrogant.“
Während sich Shelby dicht an das Glas presste und eine Boa studierte, wurde sie selbst eingehend von Alan beobachtet. Die einzige, die sich hier für gar nichts interessierte, war die große Boa.
„Haben sie nicht Ähnlichkeit mit dem Abgeordneten von Nebraska?“ fragte Alan.
Shelby stellte sich sofort die besagte Person hinter Glas vor und drehte sich vergnügt zu Alan um. Dabei bemerkte sie, dass er auf Tuchfühlung hinter ihr stand. Natürlich hätte sie ihm nun ausweichen können, auch wenn sie dabei ein paar anderen Zoobesuchern hätte auf die Zehen treten müssen. Eine andere Möglichkeit wäre für sie gewesen, ihren Kopf wieder der Schlange zuzuwenden. Doch sie tat weder das eine noch das andere. Sie hob ihr Kinn und blickte Alan in die Augen.
Was reizte sie nur so sehr an ihm, dass sie ihr Schicksal derart herausforderte? Genau das wäre wahrscheinlich der Fall, wenn es nicht bei diesem harmlosen Ausflug bleiben würde. Alan war gewiss kein Mann, von dem sich eine Frau ohne weiteres wieder trennen könnte, wenn sie ihn erst näher kannte. Er verstand es, die Menschen seiner Umgebung ganz methodisch und unauffällig zu umgarnen, um sie dann zu beherrschen. Schon deshalb war besondere Vorsicht geboten. Dazu kam, dass Shelby nicht vergessen konnte, wen sie vor sich hatte, nämlich einen höchst hoffnungsvollen jungen Senator, der mit größter Selbstver ständlichkeit das höchste Ziel anstrebte.
„Ganz schön voll hier“, stellte sie unnötigerweise fest, als sich ihre Blicke trafen.
„Je länger wir hier stehen“, meinte er ruhig und ließ sich von dem Besucherstrom noch enger an Shelbys Körper drücken, „umso besser gefallen mir die Schlangen.“
„Ja, mir geht es ebenso“, gestand Shelby. In dem immer dichter werdenden Gedränge berührten ihre Beine seine Schenkel. „Der Urhauch des Bösen weht uns an und übt seine Anziehungskraft auf uns aus.“
Während Alan vorzugsweise langsam durch die Menge schlenderte, schien Shelby nur höhere Geschwindigkeiten zu kennen. Behände überholte sie Kinderwagen, wich Bällen und Knabenbeinen aus und setzte sich, ohne dabei ihr Grundtempo zu verringern, eine
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