Zwischen Macht und Verlangen
Restaurant war eines der besten, Shelby kannte es.
„Guten Abend, Senator!“ Der Geschäftsführer begrüßte Alan erfreut, dann fiel sein Blick auf Shelby, und er strahlte. „Es ist eine besondere Ehre, Sie bei uns zu haben, Miss Campbell.“
„Guten Abend, Mario“, entgegnete Shelby, aus ihren Träumen gerissen.
„Ihr Tisch ist reserviert.“ Mario geleitete sie zu einer Nische. Kerzen brannten in blanken Messingleuchtern, und eine Rose stand daneben. Mit südländischem Instinkt hatte Mario den Hauch einer beginnenden Romanze verständnisvoll geahnt. „Eine Flasche Wein?“ erkundigte er sich und hielt Shelbys Stuhl.
„Puilly Fuisse“, bestellte Alan, ohne nach Shelbys Meinung zu fragen.
„1997er“, Mario nickte anerkennend. „Der Kellner kommt sofort.“
Shelby hatte inzwischen ihre Fassung wiedergewonnen. Sie wischte energisch den feuchten Pony aus der Stirn. „Vielleicht hätte ich lieber ein Bier gehabt!“
„Beim nächsten Mal“, entgegnete Alan freundlich.
„Das wird es nicht geben, Alan, glaub es mir.“ Sie zuckte zusammen, als sein Finger über ihren Handrücken strich. „Wenn du mir nicht die Haustür vor der Nase zugeschlossen hättest, wäre ich auch jetzt nicht hier. Und fass mich nicht so an!“ fügte sie wütend hinzu.
„Wie soll ich dich denn anfassen? Deine Hände sind sehr sympathisch, Shelby.“ Er streichelte sie weiter und merkte, dass sie zitterte. Du wirst heute noch mehr zittern, mein Liebling, versprach er im Stillen, und wie! „Wie oft hast du während der letzten Tage an mich gedacht?“
„Gar nicht.“ Shelby warf den Kopf zurück und hatte ein schlechtes Gewissen wegen dieser neuen Lüge. „Und wenn es so wäre?“ Sie wollte ihre Hand wegziehen, aber Alan verflocht seine Finger mit ihren und hielt sie fest. Das war eine zivilisierte, konventionelle Geste, die in der Öffentlichkeit nicht weiter auffiel. Den angenehmen Schauer, der Shelby bis in die Fußspitzen fuhr, konnte glücklicherweise niemand sehen. „Ich hatte Gewissensbisse“, sagte sie weiter, „weil ich neulich so garstig zu dir war. Aber nach deinem Auftritt heute wünschte ich, ich wäre noch viel garstiger gewesen. Ich kann nämlich ziemlich scheußlich sein, wenn ich es darauf anlege.“
Alan lächelte nur über diese versteckte Drohung, denn Mario war mit dem Wein an den Tisch getreten. Alan probierte, doch sein Blick lag unverwandt auf Shelby. Dann nickte er. „Sehr gut. Das Aroma spürt man noch nach Stunden. Später, wenn ich dich küsse, wird es noch immer zu schmecken sein.“
Shelby errötete. „Ich bin nur hier, weil du mich hergeschleift hast.“
Es war Mario hoch anzurechnen, dass er beim Einschenken keinen Tropfen danebengoss, obwohl er das Gespräch mitanhörte.
Shelbys Augen funkelten, weil Alan lächelnd schwieg.
„Da du es abgelehnt hast, mir meine Schlüssel zurückzugeben, werde ich den nächsten Schlosser anrufen und ein neues Schloss einbauen lassen. Auf deine Kosten!“
„Nach dem Essen werden wir sehen, wie es weitergeht.“ Alan hob sein Glas und trank Shelby zu. „Magst du den Wein?“
Unwirsch nahm Shelby einen viel zu großen Schluck. „Er schmeckt gut“, gab sie zu. „Das hier ist kein Rendezvous, das ist dir hoffentlich Klar!“
„Eher eine Entführung? Noch Wein?“
Er spielt wieder den nachsichtigen, geduldigen Gentleman, dachte Shelby gereizt. Ich sollte mit der Faust auf den Tisch hauen und den Leuten Futter für den Stadtklatsch geben, das geschähe ihm recht.
Die Versuchung war groß, doch dann erinnerte sich Shelby an den Artikel über den Zoo, und sie biss die Zähne zusammen. Als Alan nachschenkte, zuckte sie nur gleichgültig mit den Schultern. „Wein und Kerzenlicht werden dich auch nicht weiterbringen, Alan MacGregor.“
„Nein?“ Er versagte es sich, darauf hinzuweisen, dass Shelby seine Hand inzwischen fest umklammert hielt. „Ich fand, wir sollten langsam traditionsgemäß vorgehen.“
„Tatsächlich?“ Sie musste lachen. „Warum dann keine Bonbonniere und Rosen? Das wäre stilvoll.“
„Ich wusste, dass du dich mehr über einen Regenbogen freust.“
„Was du nicht sagst.“ Shelby versteckte ihr Gesicht hinter der Speisekarte.
Eigentlich könnte man sich auch richtig satt essen, entschied sie. Warum hatte er diese Regentour erzwungen! Sie würde in sich hineinessen, was gut und teuer war. Außerdem war erstaunlicherweise ihr gesunder Appetit in vollem Umfang zurückgekehrt, ihre Energie übrigens auch. Seit Alan
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