Zwischen Macht und Verlangen
den Laden betreten hatte, war die Teilnahmslosigkeit wie weggezaubert.
„Möchten Sie bestellen, Miss Campbell?“ erkundigte sich der Oberkellner.
Verschmitzt lächelnd sah Shelby auf. „Ja, es kann losgehen. Zuerst den Scampisalat mit Avocado, dann die Kraftbrühe, die Kalbsnieren mit Sauce Bearnaise, eine gebackene Kartoffel und dazu Artischockenherzen. Den Nachtisch suche ich mir später aus.“
Ohne mit der Wimper zu zucken, schrieb der Kellner ihre Wünsche auf. „Senator?“ Fragend sah er Alan an.
„Den Salat des Hauses, bitte“, – Alan konnte sich kaum das Lachen verbeißen, Shelbys unschuldiger Gesichtsausdruck war zu komisch – „und die Scampis. Ich freue mich“, sagte er zu Shelby, „dass dir der Spaziergang im Regen Appetit gemacht hat.“
„Wenn ich schon einmal hier bin, kann ich auch einen Bissen essen“, gab sie zurück. Dann verschränkte sie die Arme auf dem Tisch, beugte sich zu Alan hinüber und fragte überraschend gut gelaunt: „Wir müssen sicherlich eine Weile auf das Essen warten. Worüber wollen wir uns unterhalten, Senator? Was machen die Regierungsgeschäfte?“
„Man hat zu tun.“
„Welch klassische Untertreibung! Du wirst ganz schön geschuftet haben, um den Gesetzentwurf von Breiderman abzublocken. Ich muss zugeben, dass es dir gut gelungen ist. Dein Lieblingsprojekt dürfte dich auch ziemlich beanspruchen. Hat man dir vom Bund nun endlich finanzielle Unterstützung zugebilligt?“
„Ich bin ein paar Schritte vorangekommen.“ Alan sah Shelby prüfend an. Sie war gut informiert, obwohl politische Dinge sie angeblich nicht interessierten.
„In der Angelegenheit bist du einigen Leuten ganz schön auf den Zeh getreten“, setzte sie fort, als der Salat serviert wurde. „Die treten bei nächster Gelegenheit bestimmt zurück.“
„So ist das nun mal. Etwas wirklich Wertvolles erlangt man nur, wenn man sich sehr anstrengt und auch Rückschläge in Kauf nimmt.“ Er schenkte Wein nach. „Ich habe es mir zur Regel gemacht, die Probleme zu lösen, wenn die Zeit dafür reif ist.“
Shelby merkte genau, wie Alan das meinte. Sie versuchte erst gar nicht, sich unwissend zu stellen. „Eine Romanze kannst du aber nicht wie eine politische Kampagne organisieren, Senator! Besonders nicht mit jemand, der sich in all den nötige Schritten gut auskennt.“
„Ein Versuch lohnt sich immer.“ Alans Augen lachten, obwohl seine Miene ernst blieb. Wie gern hätte Shelby ihre Hand an sein Gesicht gelegt! „Du musst aber zugeben, Shelby, dass ich mich stets deutlich ausdrücke. Ich mache keine Versprechungen, die ich nicht halten kann.“
„Du sprichst hier nicht zu deinen Wählern.“
„Das ändert meine Einstellung kein bisschen.“
Amüsiert schüttelte Shelby den Kopf. „Ich werde mich bestimmt auf kein Wortgefecht mit dir einlassen.“ Nach einer Pause fragte sie beiläufig, während sie das letzte Salatblatt auf ihrem Teller herumschob: „Ich nehme an, dass du das Bild in der Zeitung gesehen hast.“
„Ja.“ Es hat sie also doch gestört, dachte Alan, obgleich sie es leichthin sagte mit einem Lächeln. „Ja, es erinnerte mich an einen besonders schönen Moment. Wie schade, dass du darüber verärgert bist.“
„Das bin ich nicht!“ sagte Shelby ein wenig zu schnell. Doch dann gab sie zögernd zu: „Wenigstens nicht übermäßig.“ Der Kellner wechselte in diesem Augenblick das Geschirr aus, und Shelby rührte nachdenklich die heiße Brühe um. „Ich habe dadurch nur wieder deutlich erkannt, wie sehr du doch im öffentlichen Interesse stehst. Macht dir das nie etwas aus?“
„Zuweilen schon. Doch die Publizität ist nun mal ein schwieriger, aber untrennbarer Teil meines Berufes. Man kann sich immer wieder darüber aufregen oder sie so weitgehend wie möglich ignorieren.“ Alan mochte Shelby nicht ernsthaft stimmen, deshalb gab er dem Gespräch eine humorvolle Wendung. „Allerdings steht die Reaktion meines Vaters noch aus. Ich bin gespannt, was er dazu sagt. Vorläufig hat er wohl noch nicht Wind davon bekommen, dass ich mit einem Spross der Campbells im Zoo gewesen bin.“
Die Spannung lockerte sich durch Shelbys Lachen. „Wird er dich enterben, Alan? Fürchtest du dich davor?“
„Wenn es nur das wäre! Aber er wird mir ans Leder wollen. Zumindest für mein Gehör besteht größte Gefahr. Ich hebe das Telefon schon seit Tagen nur ganz vorsichtig ab.“
Sie lächelte breit, als sie das Glas Wein an ihre Lippen hob. „Tust du ihm gegenüber
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