Zwischen Macht und Verlangen
sollten, bis der Regen aufhört.“
„Das wäre viel zu früh“, protestierte Alan. „Oder musst du deinen Laden aufschließen?“
Shelby gähnte und strich mit den Fingern über die Muskeln seines Rückens. „Glücklicherweise nicht. Samstags macht das Kean. Wir können ungestört weiterschlafen.“
„Leider nicht bis in alle Ewigkeit“, bedauerte Alan. „Ich bin zum Mittagessen verabredet und muss für Montag ein paar Akten durchsehen.“
Natürlich, dachte Shelby und unterdrückte einen bitteren Seufzer. Für einen Mann wie Senator MacGregor ist der Sonnabend ein normaler Arbeitstag. Sie schaute zur Uhr und stellte dankbar fest, dass es noch früh war. Trotzdem lief ihnen die Zeit schon davon. „Wir haben immerhin noch ein paar Stunden“, sagte sie leise.
„Wie steht es mit Frühstück?“
Shelby überlegte und entschied schließlich, dass ihre Trägheit größer war als der Hunger. „Kannst du kochen?“ fragte sie.
„Nein.“
Sie runzelte die Stirn, packte Alan an den Ohren und zwang ihn, ihr in die Augen zu sehen. „Überhaupt nicht? An einem Mann, dessen Politik immer die Interessen der Frauen herausstreicht, finde ich das besonders chauvinistisch.“
Alan brachte es fertig, auch in dieser Lage ein höchst würdevolles Gesicht zu machen. „Du hast wahrscheinlich auch keine Ahnung von der Kochkunst, oder?“
Shelbys Wahrheitsliebe siegte. „Nur wenig“, gab sie zu.
„Für jemanden mit so gesegnetem Appetit ist das erstaunlich.“
„Ich esse sehr oft im Restaurant. Und wie löst du das Problem?“
„McGee kocht für mich.“
„McGee?“
„Er ist das, was man ein altes Familien-Faktotum nennen könnte.“
Mit erstaunlicher Energie sprang Shelby aus dem Bett, zog einen herumliegenden Morgenmantel über und warf Alan seine Hose zu. „Eigentlich könntest du dich um den Kaffee kümmern“, schlug sie vor, „ich forsche nach den anderen Vorräten.“
„Sehr viel versprechend klingt das nicht.“
„Du bist vorlaut. Warte doch erst einmal ab.“
Auf dem Weg zur Küche kamen sie durch den Wohnraum. Moische lag auf dem Sofa und schenkte ihnen keinerlei Beachtung. „Er schmollt noch immer“, seufzte Shelby. „Jetzt muss ich ihm Hühnerleber kaufen oder etwas Ähnliches.“ Shelby zog den Wassernapf aus Tante Emmas Käfig. „Er ist schon ein launischer Kater, nicht wahr?“ fragte sie den Papagei. Tante Emma knackte nur mit dem Schnabel.
„Offensichtlich ist sie mit dem falschen Fuß aufgestanden“, vermutete Alan.
„Nein, nein, wenn sie so macht, ist sie guter Laune“, sagte Shelby. „Gib ihr bitte zu trinken, bevor du den Kaffee kochst.“ Dabei drückte sie ihm den Napf in die Hand.
Im nächsten Augenblick war Shelby verschwunden und kam einen Augenblick später mit der Zeitung zurück. „Die Präsidentenreise in den Nahen Osten macht immer noch Schlagzeilen. Fährst du gern in der Welt herum, Alan?“
Er ahnte den doppelten Sinn hinter Shelbys harmlos klingender Frage und bemühte sich um eine wohl ausgewogene Antwort. „Manchmal macht es mir Freude“, sagte er schließlich. „Andere Reisen sind nur einfach Notwendigkeit. Natürlich kann ich mir nicht immer aussuchen, wann und wohin ich fahre.“
Shelby verdrängte die düsteren Gedanken, die ihr durch den Kopf schössen. Sie öffnete den Eisschrank und inspizierte den bescheidenen Inhalt. „Aha!“ rief sie fröhlich „Wir haben hier einen Viertelliter Milch, einen Rest Nasi Goreng, ein sehr kleines Stück Ziegenkäse, eine halbe Packung Feigen und ein Ei.“
Alan schaute über Shelbys Schulter auf diese Herrlichkeiten. „Nur ein einziges Ei?“ fragte er.
„Ja.“ Shelby kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe. „Wir müssen alle Möglichkeiten erwägen.“
„Die beste davon wäre das Restaurant um die Ecke“, schlug Alan vor.
„Der Mann hat keine Phantasie“, murmelte Shelby und überlegte, wie sie aus den vorhandenen Resten ein Frühstück zaubern könnte. „Wart mal: Brot musste auch noch da sein.“
Einige Minuten beschäftigten sich beide in kameradschaftlicher Arbeitsteilung: Alan setzte den Kaffee auf, und Shelby rührte Ei und Milch mit einem Schneebesen. Dann suchte sie eine Pfanne und fand dabei unter anderem ein Notizbuch mit losen Blättern. „Also hier ist das“, murmelte sie sichtlich erfreut.
Alan hatte Shelbys Bemühungen interessiert verfolgt. „Darf ich meinen Vorschlag bezüglich des Restaurants noch einmal wiederholen?“ fragte er. Sein Blick streifte den tief
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