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Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars

Titel: Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Schale lagen ihre Ohrringe. Ihre Brillantohrringe.
    Norville griff sich das Pfefferkuchenhaus aus dem Regal und warf es. Und zwar mit voller Kraft. Tess duckte sich, und das Pfefferkuchenhaus flog zwei Fingerbreit über ihren
Kopf hinweg und zerschellte an der Wand hinter ihr. Sie machte einen Schritt rückwärts, fiel über den Fußhocker und schlug der Länge nach hin. Der Revolver flog ihr aus der Hand.
    Beide stürzten sich darauf. Norville ließ sich auf die Knie fallen und rammte ihre Schulter gegen Tess’ Arm und Schulter wie ein Footballverteidiger, der einen Quarterback umnieten wollte. Sie griff sich den Revolver, jonglierte erst noch damit und bekam ihn dann richtig zu fassen. Tess griff in ihre Jacke, umklammerte den Griff des Küchenmessers, das ihre Reservewaffe war, und wusste schon jetzt, dass sie damit nichts mehr würde ausrichten können. Norville war zu groß … und zu gluckenhaft. Ja, so war es! Sie hatte ihren verbrecherischen Sohn viele Jahre lang beschützt und war entschlossen, das auch jetzt zu tun. Tess hätte sie in der Diele erschießen sollen, sobald die Haustür hinter ihr ins Schloss gefallen war.
    Aber ich konnte nicht, dachte sie, und selbst in diesem Augenblick war das Wissen, dass dies die Wahrheit war, ein kleiner Trost. Sie richtete sich Ramona Norville gegenüber auf den Knien auf.
    »Sie sind eine beschissene Schreiberin, und Sie waren eine beschissene Rednerin«, sagte Norville. Sie lächelte und sprach immer schneller. Ihre Stimme hatte die näselnde Redeweise eines Versteigerers angenommen. »Sie haben Ihren Vortrag hingehauen, genau wie Sie Ihre dämlichen Bücher hinhauen. Sie waren perfekt für ihn, und er war kurz davor, wieder jemanden umzulegen, ich kenne die Anzeichen. Ich habe Sie zu ihm geschickt, und es hat geklappt, und ich bin froh, dass er Sie gefickt hat. Ich weiß nicht, was Sie sich erwartet haben, als Sie hier aufgekreuzt sind, aber jetzt müssen Sie mit dem hier vorliebnehmen.«
    Norville drückte ab … und es war nichts als ein trockenes Klicken zu hören. Bei dem Schießunterricht, den Tess
nach dem Kauf der Waffe genommen hatte, war die wichtigste Lektion gewesen, keine Patrone in die Kammer zu stecken, auf die der Hammer als Erstes schlagen würde. Nur für den Fall, dass der Abzug versehentlich betätigt wurde.
    Ein Ausdruck fast komischer Überraschung zog über Norvilles Gesicht. Er machte sie wieder jung. Während sie auf den Revolver in ihrer Hand hinunterstarrte, zog Tess das Messer aus der Jackeninnentasche, taumelte vorwärts und stieß es Norville bis zum Heft in den Bauch.
    Die Frau ließ einen glasigen »OOO- OOOO «-Laut hören, der ein Schrei zu sein versuchte, es aber nicht schaffte. Tess’ Revolver fiel scheppernd zu Boden, und Ramona, die weiter auf den Messergriff hinabstarrte, torkelte rückwärts gegen die Wand. Mit dem fuchtelnden Arm traf sie eine Reihe von Hummel-Figuren. Sie kippten vom Regal und zerschellten auf dem Fußboden. Sie machte noch einmal diesen »OOO- OOOO «-Laut. Die Vorderseite des Morgenmantels war noch unbefleckt, aber unter dem Saum begann Blut auf Ramona Norvilles Männerschuhe zu platschen. Sie umklammerte den Messergriff mit beiden Händen und wollte die Klinge herausziehen, wobei sie zum dritten Mal den »OOO- OOOO «-Laut hören ließ.
    Sie sah ungläubig zu Tess auf. Tess erwiderte den Blick. Sie musste an etwas denken, das sich an ihrem zehnten Geburtstag ereignet hatte. Ihr Vater hatte ihr eine Steinschleuder geschenkt, und sie war losgezogen, um Dinge zu suchen, auf die sie damit schießen konnte. Irgendwo, fünf oder sechs Straßen von ihrem Haus entfernt, hatte sie einen räudigen Straßenköter gesehen, der in einer Mülltonne wühlte. Sie hatte einen kleinen Stein in die Schleuder gelegt und auf den Hund geschossen, nur um ihn zu verscheuchen (hatte sie sich eingeredet), aber dann hatte sie ihn am Rumpf getroffen. Der Köter hatte jämmerlich aufgeheult und war
weggelaufen, aber zuvor hatte er Tess noch einen vorwurfsvollen Blick zugeworfen, den sie niemals vergessen hatte. Sie hätte alles dafür gegeben, diesen beiläufigen Schuss ungeschehen zu machen, und hatte nie wieder auf ein Lebewesen gezielt. Ihr war bewusst, dass Töten zum Leben gehört - sie erschlug Mücken, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben, stellte Fallen auf, wenn sie im Keller Mäusekot entdeckte, und hatte über die Jahre hinweg bei Mickey D. ordentliche Mengen Viertelpfünder vertilgt -, aber an jenem Tag hatte sie

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