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Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars

Titel: Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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an jeden auf der Fahrt nach Hemingford City?«
    »Haben Sie Ihre Dienststelle verlegt?«, fragte ich. »Ich dachte, Sie sind gleich drüben in Home.«
    »Das bin ich auch! Der Tag, an dem sie mich dazu zwingen, das Sheriff’s Office in die Kreisstadt zu verlegen, ist der Tag, an dem ich kündige und meinen Job Hap Birdwell überlasse, der schon scharf darauf ist. Nein, nein, ich muss nur zu einer gerichtlichen Anhörung in die City. Eigentlich bloß Papierkram, aber was will man machen? Und Sie wissen ja, wie Richter Cripps ist … oder nein, vermutlich nicht, weil Sie ein gesetzestreuer Bürger sind. Er ist ein übellauniger Zeitgenosse, und seine Laune wird noch schlechter, wenn man sich mal verspätet. Jedenfalls muss ich mich hier draußen ein bisschen beeilen, obwohl es in der City bloß darum geht, ›so wahr mir Gott helfe‹ zu sagen und dann einen Stapel Schriftstücke zu unterschreiben, nicht wahr? Hoffentlich hält mein gottverdammter Maxie auf der Rückfahrt durch.«
    Ich äußerte mich nicht dazu. Er redete irgendwie nicht wie jemand, der es eilig hat, aber vielleicht war das nur seine Art.
    Er nahm den Hut ab und fuhr sich erneut übers Haar, aber diesmal setzte er den Hut nicht wieder auf. Er betrachtete mich ernst, dann Henry, dann wieder mich. »Sie wissen wahrscheinlich, dass ich nicht aus eigenem Antrieb hergekommen bin. Was sich zwischen einem Mann und einer Frau abspielt, ist denen ihre Angelegenheit, finde ich. So muss es sein, nicht wahr? Das Weib sei dem Manne untertan, steht in der Bibel, und wenn sie etwas lernen soll, dann soll der Mann zu Hause ihr Lehrer sein. Korintherbrief.
Wäre die Bibel mein einziger Boss, würde ich mich an ihre Gebote halten, und das Leben wäre weit einfacher.«
    »Mich überrascht, dass Mr. Lester nicht mitgekommen ist«, sagte ich.
    »Oh, er wollte mitkommen, aber das habe ich gleich unterbunden. Er wollte auch, dass ich einen Durchsuchungsbefehl beantrage, aber ich habe ihm gesagt, dass ich keinen brauche. Ich habe gesagt, Sie würden zulassen, dass ich mich hier umsehe, oder eben nicht.« Er zuckte mit den Achseln. Zwar hatte er einen gelassenen Gesichtsausdruck aufgesetzt, aber die Augen in diesem freundlichen Gesicht waren scharf und unablässig in Bewegung: spähen und wittern, wittern und spähen.
    Auf Henrys Frage nach dem Brunnen hatte ich gesagt: Wir beobachten ihn und stellen fest, wie clever er ist. Wenn er clever ist, zeigen wir ihm alles von uns aus. Wir dürfen nicht den Eindruck erwecken, als hätten wir etwas zu verbergen. Wenn ich den Daumen kurz hochschnellen lasse, heißt das, dass wir es riskieren sollten. Aber wir sollten uns einig sein, Hank. Wenn du mit keinem ähnlichen Zeichen antwortest, halte ich den Mund.
    Ich hob mein Limonadenglas und trank es aus. Als ich sah, dass Henry mich beobachtete, ließ ich kurz den Daumen hochschnellen. Nur ganz wenig. Es hätte auch ein Muskelzucken sein können.
    »Was glaubt dieser Lester eigentlich?«, sagte Henry empört. »Dass wir sie gefesselt im Keller gefangen halten?« Er ließ die Hände dabei reglos an den Seiten hängen.
    Sheriff Jones lachte so herzhaft, dass der Wanst hinter seinem Gürtel schwabbelte. »Woher soll ich wissen, was er denkt? Das ist mir auch ziemlich egal. Anwälte sind Flöhe im Fell der menschlichen Natur. Das kann ich behaupten, weil ich schon mein ganzes Erwachsenenleben für die gearbeitet
habe - und gegen sie, auch das. Aber …« Sein scharfer Blick fixierte mich. »Ich würde mich gern ein bisschen umsehen, weil Sie ihn nicht ins Haus gelassen haben. Er ist ziemlich aufgebracht deswegen.«
    Henry kratzte sich am Arm. Dabei ließ er den Daumen zweimal kurz hochschnellen.
    »Ich habe ihn nicht reingelassen, weil er mir nicht sympathisch war«, sagte ich. »Allerdings muss ich ehrlicherweise sagen, dass ich vermutlich auch gegen den Apostel Johannes voreingenommen gewesen wäre, wenn er hier für Cole Farrington angetreten wäre.«
    Darüber musste Sheriff Jones schallend laut lachen: Ha, ha, ha! Nur dass seine Augen nicht lachten.
    Ich stand auf. Es war eine Erleichterung, auf den Beinen zu sein. Stehend war ich eine Handbreit größer als Jones. »Sie können sich umsehen, so viel Sie wollen.«
    »Das weiß ich zu schätzen. Es erleichtert mir das Leben nämlich ungemein, nicht wahr? Wenn ich zurückkehre, muss ich Richter Cripps aushalten, und das ist schon schwierig genug. Keiner von Farringtons Anwälten soll mich ankläffen, nicht wenn ich’s vermeiden

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