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Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars

Titel: Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Anordnungen treffen, liegt der Tote im Leichenhaus der Omaha County. »Sollten sich keine Angehörigen melden«, sagte Dr. Tattersall, ärztlicher Direktor des Leichenhauses, »dürfte er wohl in einem Gemeindegrab beigesetzt werden.«
     
    Aus dem Omaha World-Herald , 14. April 1930

BIG DRIVER

1
    Tess akzeptierte jährlich zwölf Vorträge gegen Honorar, wenn sie sie bekommen konnte. Bei zwölfhundert Dollar pro Auftritt kamen so über vierzehntausend Dollar zusammen. Das war ihr Pensionsfonds. Auch nach zehn Büchern war sie mit dem Strickclub Willow Grove durchaus noch zufrieden, aber sie bildete sich nicht etwa ein, über ihn schreiben zu können, bis sie in den Siebzigern war. Was würde sie auf dem Boden des Fasses finden, wenn sie das tat? Der Strickclub Willow Grove fährt nach Terre Haute oder Der Strickclub Willow Grove besucht die Internationale Raumstation? Nein. Nicht mal wenn die Literaturzirkel für Frauen, die ihre Hauptstütze waren, sie lasen (was sie vermutlich tun würden). Nein.
    Also war sie ein braves kleines Eichhörnchen, das vom Ertrag seiner Bücher gut lebte … aber auch Bucheckern für den Winter sammelte. Im vergangenen Jahrzehnt hatte sie jedes Jahr zwischen zwölf- und sechzehntausend Dollar in ihren Geldmarktfonds eingezahlt. Wegen der Kursschwankungen an der Börse war die Gesamtsumme nicht so hoch, wie sie sich gewünscht hätte, aber sie sagte sich, wenn sie weiterschuftete, werde sie vermutlich zurechtkommen; sie war die kleine Lokomotive, die es schaffen konnte. Und sie trat mindestens dreimal im Jahr gratis auf, um ihr Gewissen zu beschwichtigen. Diese oft lästige innere Stimme hätte ihr nicht zusetzen dürfen, nur weil sie für ehrliche Arbeit ehrliches Geld nahm, aber das tat sie manchmal. Wahrscheinlich
weil Quatschen und Bücher signieren nicht recht zu dem Begriff von Arbeit passten, mit dem sie aufgewachsen war.
    Außer einem Mindesthonorar von zwölfhundert Dollar musste eine weitere Bedingung erfüllt sein: Sie musste den Ort der Lesung mit dem Auto erreichen können, ohne auf der Hin- und Rückfahrt mehr als einmal übernachten zu müssen. Das bedeutete, dass sie selten südlicher als Richmond oder westlicher als Cleveland auftrat. Eine Nacht in einem Motel war ermüdend, aber hinnehmbar; nach zweien war sie eine Woche lang zu nichts zu gebrauchen. Und Fritzy, ihr Kater, hasste es, allein zu Hause zu sein. Das machte er ihr klar, indem er sich auf der Treppe zwischen ihre Füße schlängelte und auf ihrem Schoß sitzend häufig wahllos seine Krallen gebrauchte, wenn sie wieder heimkam. Und obwohl Patsy McClain von nebenan ihn bereitwillig fütterte, fraß er nie viel, bis Tess wieder zu Hause war.
    Es lag nicht daran, dass sie Flugangst hatte oder es ihr widerstrebte, den Organisationen, die sie engagierten, ihre Reisekosten in Rechnung zu stellen, genau wie sie ihnen ihre Motelzimmer berechnete (stets nett, nie elegant). Sie hasste nur alles: das Gedränge, die Demütigung, ihre Schuhe ausziehen und die Taschen ausleeren zu müssen, die Art, wie die Airlines heute für alles kassierten, was früher umsonst gewesen war, die Verspätungen … und die unentrinnbare Tatsache, dass man anderen ausgeliefert war. Sobald man die endlosen Sicherheitskontrollen passiert hatte und an Bord gehen durfte, musste man seinen kostbarsten Besitz - sein Leben - in die Hände fremder Leute legen.
    Natürlich traf das auch auf die Turnpikes und Interstates zu, die sie fast ausschließlich benutzte: Ein Betrunkener konnte ins Schleudern geraten, über die Mittelleitplanke fliegen und ihr Leben durch einen Frontalzusammenstoß beenden (während er überleben würde; das taten die Betrunkenen
anscheinend immer), aber sie saß wenigstens am Steuer des eigenen Wagens; sie hatte die Illusion , alles unter Kontrolle zu haben. Und sie fuhr gern Auto. Das war beruhigend. Ihre besten Ideen hatte sie, wenn sie mit Tempomat und ausgeschaltetem Radio fuhr.
    »Ich wette, du warst in deiner letzten Inkarnation ein Fernfahrer«, hatte Patsy McClain einmal gesagt.
    Tess gefiel die Vorstellung von einem Leben, in dem sie keine zierliche Frau mit elfenhaftem Gesicht und schüchternem Lächeln war, die harmlose Kriminalromane schrieb, sondern ein großer Kerl mit breitkrempigem Hut, der ein sonnenverbranntes Gesicht mit grauem Dreitagebart beschattete, während er einer Bulldogge als Kühlerfigur über die eine Million Straßen folgte, die das Land kreuz und quer durchzogen. In jenem Leben war es nicht

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