Zwischen Olivenhainen (German Edition)
sprachlose Anne fröhlich und schritt an ihr vorbei ins Haus. Ohne ein Wort zu sagen, drängte sich Leslie an ihrer Freundin vorbei, den Blick fest auf Raffaellos Rücken geheftet, und folgte ihm dicht auf den Fersen in die Küche. Er schien genau zu wissen, wo er hin musste. Dann stellte er die Tüten auf die Anrichte und sah sich nach Leslie um. Er grinste, als er Anne bemerkte, die stillschweigend im Türrahmen aufgetaucht war und ihn fassungslos anstarrte. Nervös trat Leslie von einem Fuß auf den anderen.
„Danke“, murmelte sie dann in Raffaellos Richtung.
„ Prego “, erwiderte er. Scheinbar amüsierte ihn die ganze Sache ziemlich. „Also, dann mache ich mich mal wieder auf den Weg …“, sagte er dann. Leslie begleitete ihn noch zu seinem Auto, dicht gefolgt von Anne, die noch immer kein Wort gesagt hatte.
„Hast du ihr Gesicht gesehen?“, raunte Raffaello und beinahe sah er so aus, als würde er laut loslachen. Leslie grinste nervös und strich sich das lange Haar aus der Stirn. Sie nickte.
„Wir sehen uns dann am Freitag“, sagte er laut – laut genug, dass Anne ihn bestens hören konnte. Er hätte gar nicht so zu schreien brauchen und Leslie wurde das Gefühl nicht los, dass er sich köstlich amüsierte.
„Ja, bis Freitag“, murmelte sie. „Grüße an Mario …“
„ Grazie “, sagte er, dann ließ er den Motor an, wendete und brauste die Auffahrt hinunter, nachdem er ihr noch einmal zugewunken hatte. Dann war er hinter der Kurve verschwunden.
Und Leslie stand da. Alleine. Sie spürte die Fragen, Vorwürfe und wer weiß was sonst noch, die Anne ihr gleich an den Kopf werfen würde, praktisch auf sich zu rollen, wie eine riesige Flutwelle. Sie wappnete sich, indem sie einfach stur in die Richtung schaute, in die Raffaello mit seinem protzigen Maserati verschwunden war.
„ Das nenn ich mal’n Auto!“, sagte Anne, die neben sie getreten und ihrem Blick gefolgt war.
„Was?!“, entgegnete Leslie und wandte sich ihr zu. Sie konnte nicht fassen, dass Anne im Moment an Raffaellos Auto dachte. Doch da packte Anne sie auch schon an beiden Schultern und starrte sie so entsetzt an, als habe sie soeben den Verstand verloren.
„Wo um Himmels Willen hast du den ausgegraben, Leslie?!“, kreischte sie. „Leslie!“ Leslie biss sich auf die Unterlippe. Minutenlang schwieg sie, bis Anne schrie:
„Wo ist die Vespa?!“ Sie zuckte zusammen.
„Ich …“, stammelte sie. „Ich … Wir sollten die Einkäufe in den Kühlschrank legen …“
„In den Kühlschrank?“ Anne klang, als hätte sie vergessen, dass es so etwas überhaupt gab.
„Ja …“, murmelte Leslie und machte sich von ihr los, um dann so schnell sie konnte im Haus zu verschwinden. Aber Anne folgte ihr.
„Erzählst du’s mir nachher?“, fragte sie in erstaunlich ruhigem Tonfall. „Ich bestelle bei Antonio eine Pizza und wir gehen runter zum Strand, o. k.? Vielleicht beruhigt das meine Nerven …“ Doch sie klang nicht danach und Leslie musste grinsen.
„Okay“, sagte sie, „aber keine Pizza. Ich hab’ was Besseres!“ Sie zog die Artischocke aus einer der Tüten, obwohl sie sie selbst nicht besonders appetitlich fand.
„Hat er die besorgt?“, fragte Anne und hielt das grüne Gemüse mit zwei Fingern von sich. Leslie nickte.
„Kein Bedarf an Grünzeug heute, wenn du verstehst“, sagte Anne monoton und reichte die Artischocke wieder an Leslie zurück.
„Sandwiches?“, fragte Leslie.
Anne nickte. „Schon besser.“
„Es ist nicht mehr so, wie du denkst“, verteidigte sich Leslie, als sie wenig später im Bikini unten in der kleinen Bucht am Strand saßen.
„ Noch nicht“, entgegnete Anne spitz. Sie hatte Leslies Geschichte von der kaputten Vespa und Raffaellos unerwartetem Auftauchen sprach- und regungslos gelauscht und auch, nachdem Leslie ihren Bericht beendet hatte, eine Zeit lang vor sich hingestarrt und nichts gesagt – was für Anne relativ ungewöhnlich war.
„Pass auf, dass du nicht wieder den gleichen Fehler machst“, sagte sie irgendwann und biss von ihrem Sandwich mit Salat ab. Leslie hatte ihre selbst gemachten Brote nicht angerührt. Das Eis, das sie von Raffaellos Teller gegessen hatte, schien bleischwer in ihrem Magen zu liegen. Sie meinte sogar, die Waffel, das halbe Herz, piksen zu spüren. Es war kein Fehler, dachte sie und erschrak sofort selbst über ihre Ansicht.
„Er holt mich am Freitag um zwölf ab“, murmelte sie.
„Und was habt ihr vor?“, fragte Anne
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