Zwischen Olivenhainen (German Edition)
dir niemals abgekauft!“
„Natürlich nicht!“ Erneut schwieg er. Leslies Herz schlug so laut, dass sie dachte, Raffaello könne es hören.
„ Grazie “, sagte er dann und er klang wirklich erleichtert. Dann legte er auf. Sie wusste nicht, ob er nun noch vorbeikommen würde oder nicht. Es war grässlich, dass er ihr nie Bescheid sagte.
„Was soll ich denn jetzt machen?“, jammerte Leslie, als Anne wenig später zu ihr ins Zimmer kam.
„Abwarten und Tee trinken“, entgegnete diese düster.
„Okay, aber –“ Anne fuchtelte wild mit den Händen in der Luft herum.
„Vergiss es!“, rief sie. „Augenblicklich! Du steckst schon viel zu tief in der Scheiße, Leslie! Daran kannst du nichts mehr ändern.“
„Aber ich –“, begann Leslie, doch Anne unterbrach sie sofort.
„Du hättest ihn nicht verteidigen dürfen! Du hättest niemals für ihn lügen sollen!“ Aber ich musste , dachte Leslie, ich musste, weil ich ihn irgendwie liebe.
„Woher willst du denn wissen, ob es stimmt?“, schrie sie Anne an. „Woher willst du wissen, dass Gosetti die Wahrheit sagt?!“ Anne stand einen Moment perplex da und öffnete den Mund – und schloss ihn wieder.
„Glaubst du mir nicht mehr?“, fragte Leslie, nun etwas leiser. „Vertraust du mir etwa nicht?“ Himmel noch mal, sie hätte am liebsten die ganze Welt zusammengeschrien. Gespannt blickte sie zu Anne auf. Wartete auf ihre Antwort. Wartete darauf, dass sie es ihr ins Gesicht sagte.
„Ich … weiß nicht, inwieweit er dich … beeinflusst“, sagte Anne schließlich. „Ich weiß nur, dass du nicht mehr dieselbe bist, die du mal warst. Das hast du nur diesem Mafioso zu verdanken – und das finde ich echt gruselig.“ Mehr sagte sie nicht mehr. Sie drehte sich um, nachdem sie Leslie noch einmal einen traurigen Blick zugeworfen hatte, dann zog sie die Tür hinter sich zu und Leslie war allein. Schon wieder.
Sie kletterte auf die Fensterbank, nachdem sie das Fenster weit geöffnet hatte, und blickte einfach nur hinaus. Aber es half alles nichts. Sie musste sich den Kopf über alles, was heute passiert war, zerbrechen. Probleme lösten sich nicht einfach in Luft auf, bloß weil man versuchte, sie zu ignorieren. Und dieses erst recht nicht.
Mitten in der Nacht kroch Leslie zu Anne unter die Decke, stupste sie an, um zu sehen, ob sie schon schlief. Das tat sie nicht.
„Hm?“, machte Anne, aber Leslie sagte nichts. Wartete nur stumm ab und starrte in die Dunkelheit. Dachte an Raffaello und irgendetwas zog sich schmerzhaft in ihrer Brust zusammen. Diese Scheißgefühle!
„Leslie?“, raunte Anne irgendwann.
„Ja?“
„Was hat er getan?“
Wütend stieß Leslie die Luft aus.
„Er hat nicht –“, setzte sie an, doch Anne unterbrach sie.
„Ich meine nicht das mit dem Mord. Für was hat er sich entschuldigt?“
„Ach so“, murmelte Leslie und nach einer ganzen Weile, in der sie überlegte, ob sie es ihrer Freundin erzählen sollte oder nicht: „Er war weg heute Morgen. Hat einen Zettel hinterlassen. Er hat mich sitzen gelassen.“ Beinahe hätte sie wieder losgeheult. Schluss damit. Schluss mit dem ewigen Geheule! Anne tastete unter der Decke nach ihrer Hand.
„Er ist ein Mistkerl“, sagte sie leise. „Einer, der dich nicht verdient hat.“
„Ist er nicht“, sagte Leslie.
„Wie du meinst. Antonio steht noch auf dich.“
„Warum sagst du mir das? Denkst du, ich entscheide mich anders? Da hast du dich geschnitten!“, knurrte Leslie und entzog Anne ihre Hand. Drehte sich auf die andere Seite und schloss die Augen.
„Nein“, hörte sie Anne traurig flüstern, „nein, dafür ist es schon längst zu spät.“
34
Der nächste Tag begann mit Schweigen. Leslie versuchte, Anne nicht zu beachten, Anne lief mit todtraurigem Gesicht durch die Gegend. Nach dem Frühstück zog sich Leslie wieder ins Schlafzimmer zurück. Sie hatte vor, dort den ganzen Tag zu bleiben und zu schlafen. Vielleicht konnte sie so alles vergessen, was passiert war. Aber das sollte ihr nicht gelingen.
Das Auto, das draußen vor dem Haus hielt, hörte nur Anne. Leslie hatte die Lautstärke ihres iPods so stark aufgedreht, dass ihre Ohren schmerzten, aber sie lauschte trotzdem jedem einzelnen Wort von ‚ Release Me ‘ und weinte leise mit. Dass Anne anfing, wüste Beschimpfungen auszustoßen, bekam sie nicht mit, und dass die Tür zum Schlafzimmer vorsichtig geöffnet wurde, merkte sie auch nicht. Erst, als sich die Matratze neben ihr senkte, ihr
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