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Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Titel: Zwischen Olivenhainen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Wirthl
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jemand die Stöpsel aus den Ohren zog und ihr das Haar aus dem Gesicht strich, öffnete sie die Augen.
    „Hey, Leslie“, hörte sie Raffaellos Stimme ganz dicht an ihrem Ohr. Sie erstarrte. Wagte nicht sich umzudrehen. Sie schluckte. Gab es aber auf, gegen die Gefühle anzukämpfen, die in ihrem Magen brodelten.
    „Hallo“, murmelte sie. Sie musste sich daran erinnern, dass sie wütend auf ihn sein sollte.
    „Es tut mir leid, ehrlich“, sagte er leise. Sie antwortete nicht. Erst, als er ihr von hinten die Arme um die Schultern legte.
    „Warum musstest du so ‚dringend‘ weg?“, fragte sie und konnte nicht verhindern, dass ihre Stimme etwas verschnupft klang. „Und komm mir bloß nicht wieder mit deinen ‚Familienangelegenheiten‘!“ Seine Hand spielte mit ihrem Haar.
    „Es war absoluter Mist, dich … danach einfach alleine zu lassen“, sagte er und es klang so aufrichtig und irgendwie traurig, dass sie sich beinahe zu ihm umgedreht und ihn hemmungslos geküsst hätte. Aber sie biss sich auf die Lippen und rührte sich nicht. Achtete nur auf seinen warmen Atem an ihrem Ohr.
    „Mario hat von … der Sache mit meinem Bruder erfahren. Es haben sich gewisse Probleme entwickelt, in der Familie, meine ich. Ich stehe im Moment nicht im besten Licht bei einigen Leuten.“
    „Oh“, machte Leslie, schockiert darüber, dass er ihr scheinbar die Wahrheit gesagt hatte. Aber wer sagte, dass es die Wahrheit war?
    „Mario hat angerufen, so um drei Uhr morgens und ich musste weg. Du hast tief und fest geschlafen – und gelächelt – ich wollte dich nicht wecken.“ Schleimer! Er küsste sie auf die Wange, doch Leslie wandte den Kopf ab.
    „Und du glaubst, deine Erklärungen machen das wieder gut?“, sagte sie missmutig. „Was glaubst du, wie es mir ging, als ich nur Mario gesehen habe? Und deinen Zettel?“
    „Ich weiß …“, sagte er, „Mario habe ich zu deinem Schutz hergeschickt und –“
    „Zu meinem Schutz? Seit wann habe ich den nötig?“ Er rückte ein Stück näher an sie heran.
    „Seit du mich kennengelernt hast, fürchte ich“, sagte er. Ja, dachte Leslie, hätte mich doch bloß jemand vor ihm gewarnt. Davor, dass sie ihm vergeben würde, sobald er nur bei ihr auftauchte, ihr etwas ins Ohr säuselte und sie so aus der Fassung brachte, dass sie ihm beinahe alles glaubte. Sie war ihm hemmungslos ausgeliefert, zögerte, dachte darüber nach, was sie empfunden hatte, als er verschwunden war, als er seinen Bruder erschossen hatte – darüber, was vernünftig gewesen wäre – aber dann drehte sie sich zu ihm um und küsste ihn.
    „Das hast du genau gewusst“, knurrte sie.
    „Was?“, entgegnete er.
    „Dass du mir bloß auf die Pelle rücken musst, damit ich dir verzeihe.“ Er grinste und zupfte an seinem Hemd, das sie noch immer trug.
    „Krieg ich das wieder?“, fragte er mit Unschuldsmiene.
    „Das hättest du jetzt wohl gerne, was?“, sagte sie spitz und schob seine Hand von den Knöpfen an dem blauen Stoff. „Nichts da!“ Er verzog das Gesicht – doch bevor er sie erneut küssen konnte, platzte Anne ins Zimmer. Erschrocken fuhr Leslie hoch und zog das Hemd, das ihr bis zum Bauch hochgerutscht war, wieder herunter. Großer Gott, was musste Anne denken?!
    „Ich hab’ alles mitgekriegt“, sagte Anne. „Umarmen – okay. Knutschen – ich könnte kotzen! Aber den Rest kannst du vergessen, Mafioso! Du rührst Leslie nicht noch einmal an, capito ?“ Sie wippte ungeduldig mit dem Fuß auf und ab.
    „Und jetzt musst du leider gehen. Leslie und ich sind mit Antonio verabredet! Komm, Leslie.“ Herausfordernd blickte sie auf Raffaello herab. Doch der machte keine Anstalten aufzustehen, geschweige denn, Leslie loszulassen.
    „Mit Federico?“, fragte er und hob eine Augenbraue. „Eigentlich hatte ich vor, sie mit zu mir zu nehmen.“
    „Das kannst du dir abschminken“, sagte Anne.
    Raffaello stieß wütend die Luft aus, dann ließ er Leslie los, grinste, nachdem er herausfordernd zu Anne aufgesehen hatte, und küsste Leslie endlos lange auf den Mund. Peinlich berührt schob diese ihn von sich weg.
    „Hm“, machte er. „Wir sehen uns, Leslie. Behalte das Hemd.“ Dann zog er ihre Sandalen, die sie bei ihm gelassen hatte, aus der Hosentasche, stellte sie vor das Bett auf den Boden und verließ das Zimmer. Nervös zupfte Leslie an seinem Hemd, bis sie hörte, wie er die Auffahrt hinunterfuhr, dann richtete sie vorsichtig den Blick auf Anne. Die starrte sie entgeistert

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